Mißverstanden und nach dem Mißverstand un- richtig beurtheilt zu werden, ist ein Unfall, dem Jeder, der seine Gedanken öffentlich sagt, sich aussetzt und den auch alte und neuere Schriftsteller immer erfah- ren haben. Er ist eine Folge der unendlich verschie- denen Begriffe, die jeder Leser zu einer Schrift mit- bringt, der verschiedenen Grade von Aufmerksam- keit, der er sie würdigt, seiner Fähigkeit in die Ideen eines Andern einzudringen, so wie der Talente des Schriftstellers, seine Begriffe deutlich zu entwickeln. Ueber ein allgemeines Schicksal muß man nicht kla- gen, sonst hätte ich allerdings Ursache die gerechte Beschwerde zu führen, daß die Hauptabsicht meiner Schrift von so Vielen verfehlet ist. Diese war nicht sowohl die Sache der unterdrückten Hebräer, son- dern der Menschheit und der Staaten zu führen.
Ich
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Mißverſtanden und nach dem Mißverſtand un- richtig beurtheilt zu werden, iſt ein Unfall, dem Jeder, der ſeine Gedanken oͤffentlich ſagt, ſich ausſetzt und den auch alte und neuere Schriftſteller immer erfah- ren haben. Er iſt eine Folge der unendlich verſchie- denen Begriffe, die jeder Leſer zu einer Schrift mit- bringt, der verſchiedenen Grade von Aufmerkſam- keit, der er ſie wuͤrdigt, ſeiner Faͤhigkeit in die Ideen eines Andern einzudringen, ſo wie der Talente des Schriftſtellers, ſeine Begriffe deutlich zu entwickeln. Ueber ein allgemeines Schickſal muß man nicht kla- gen, ſonſt haͤtte ich allerdings Urſache die gerechte Beſchwerde zu fuͤhren, daß die Hauptabſicht meiner Schrift von ſo Vielen verfehlet iſt. Dieſe war nicht ſowohl die Sache der unterdruͤckten Hebraͤer, ſon- dern der Menſchheit und der Staaten zu fuͤhren.
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Mißverſtanden und nach dem Mißverſtand un-
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Jeder, der ſeine Gedanken oͤffentlich ſagt, ſich ausſetzt
und den auch alte und neuere Schriftſteller immer erfah-
ren haben. Er iſt eine Folge der unendlich verſchie-
denen Begriffe, die jeder Leſer zu einer Schrift mit-
bringt, der verſchiedenen Grade von Aufmerkſam-
keit, der er ſie wuͤrdigt, ſeiner Faͤhigkeit in die Ideen
eines Andern einzudringen, ſo wie der Talente des
Schriftſtellers, ſeine Begriffe deutlich zu entwickeln.
Ueber ein allgemeines Schickſal muß man nicht kla-
gen, ſonſt haͤtte ich allerdings Urſache die gerechte
Beſchwerde zu fuͤhren, daß die Hauptabſicht meiner
Schrift von ſo Vielen verfehlet iſt. Dieſe war nicht
ſowohl die Sache der unterdruͤckten Hebraͤer, ſon-
dern der Menſchheit und der Staaten zu fuͤhren.
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. [151]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/159>, abgerufen am 13.11.2024.
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