Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

der volkreichsten und nahrhaftesten Oerter der Ge-
gend, der hierinn manche der ehemals wegen In-
düstrie und Reichthum berühmten Reichsstädte über-
trifft. Vielleicht werden Sie in kurzem auch bey
uns von einer eigenen Judenstadt hören, ich habe
wirklich schon den Auftrag erhalten, eine solche Idee
ins Werk zu setzen.


S.

2.

-- Es muß schlechterdings mit den Juden noch da-
hin kommen, daß ihnen erlaubt wird, das Juden-
thum ganz zu verlaßen, ohne das Christenthum an-
zunehmen, das heißt bey der natürlichen Religion,
oder überhaupt bey einer Gottesverehrung, die den
Juden wahr scheint und dem Staate nicht schadet,
stehn zu bleiben.

S. 24. scheinen Sie zu sagen, daß ohne Re-
ligion
ein Staat durchaus nicht bestehen könne. Ich
kann aber gar nicht einsehen, wie das Wohl des Staats
und Bürgers damit nothwendig zusammenhängt?
Einfluß haben Religion und Staat allerdings in
einander, aber dieser kann sehr wohl ohne jene be-

stehen,

der volkreichſten und nahrhafteſten Oerter der Ge-
gend, der hierinn manche der ehemals wegen In-
duͤſtrie und Reichthum beruͤhmten Reichsſtaͤdte uͤber-
trifft. Vielleicht werden Sie in kurzem auch bey
uns von einer eigenen Judenſtadt hoͤren, ich habe
wirklich ſchon den Auftrag erhalten, eine ſolche Idee
ins Werk zu ſetzen.


S.

2.

Es muß ſchlechterdings mit den Juden noch da-
hin kommen, daß ihnen erlaubt wird, das Juden-
thum ganz zu verlaßen, ohne das Chriſtenthum an-
zunehmen, das heißt bey der natuͤrlichen Religion,
oder uͤberhaupt bey einer Gottesverehrung, die den
Juden wahr ſcheint und dem Staate nicht ſchadet,
ſtehn zu bleiben.

S. 24. ſcheinen Sie zu ſagen, daß ohne Re-
ligion
ein Staat durchaus nicht beſtehen koͤnne. Ich
kann aber gar nicht einſehen, wie das Wohl des Staats
und Buͤrgers damit nothwendig zuſammenhaͤngt?
Einfluß haben Religion und Staat allerdings in
einander, aber dieſer kann ſehr wohl ohne jene be-

ſtehen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0122" n="114"/>
der volkreich&#x017F;ten und nahrhafte&#x017F;ten Oerter der Ge-<lb/>
gend, der hierinn manche der ehemals wegen In-<lb/>
du&#x0364;&#x017F;trie und Reichthum beru&#x0364;hmten Reichs&#x017F;ta&#x0364;dte u&#x0364;ber-<lb/>
trifft. Vielleicht werden Sie in kurzem auch bey<lb/>
uns von einer eigenen Juden&#x017F;tadt ho&#x0364;ren, ich habe<lb/>
wirklich &#x017F;chon den Auftrag erhalten, eine &#x017F;olche Idee<lb/>
ins Werk zu &#x017F;etzen.</p><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">B. den 26. Oct. 1781.</hi> </dateline><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">S.</hi> </hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>2.</head><lb/>
          <p>&#x2014; <hi rendition="#in">E</hi>s muß &#x017F;chlechterdings mit den Juden noch da-<lb/>
hin kommen, daß ihnen erlaubt wird, das Juden-<lb/>
thum ganz zu verlaßen, ohne das Chri&#x017F;tenthum an-<lb/>
zunehmen, das heißt bey der natu&#x0364;rlichen Religion,<lb/>
oder u&#x0364;berhaupt bey einer Gottesverehrung, die den<lb/>
Juden wahr &#x017F;cheint und dem Staate nicht &#x017F;chadet,<lb/>
&#x017F;tehn zu bleiben.</p><lb/>
          <p>S. 24. <hi rendition="#fr">&#x017F;cheinen</hi> Sie zu &#x017F;agen, <hi rendition="#fr">daß ohne Re-<lb/>
ligion</hi> ein Staat durchaus nicht be&#x017F;tehen ko&#x0364;nne. Ich<lb/>
kann aber gar nicht ein&#x017F;ehen, wie das Wohl des Staats<lb/>
und Bu&#x0364;rgers damit nothwendig zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngt?<lb/>
Einfluß haben Religion und Staat allerdings in<lb/>
einander, aber die&#x017F;er kann &#x017F;ehr wohl ohne jene be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tehen,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0122] der volkreichſten und nahrhafteſten Oerter der Ge- gend, der hierinn manche der ehemals wegen In- duͤſtrie und Reichthum beruͤhmten Reichsſtaͤdte uͤber- trifft. Vielleicht werden Sie in kurzem auch bey uns von einer eigenen Judenſtadt hoͤren, ich habe wirklich ſchon den Auftrag erhalten, eine ſolche Idee ins Werk zu ſetzen. B. den 26. Oct. 1781. S. 2. — Es muß ſchlechterdings mit den Juden noch da- hin kommen, daß ihnen erlaubt wird, das Juden- thum ganz zu verlaßen, ohne das Chriſtenthum an- zunehmen, das heißt bey der natuͤrlichen Religion, oder uͤberhaupt bey einer Gottesverehrung, die den Juden wahr ſcheint und dem Staate nicht ſchadet, ſtehn zu bleiben. S. 24. ſcheinen Sie zu ſagen, daß ohne Re- ligion ein Staat durchaus nicht beſtehen koͤnne. Ich kann aber gar nicht einſehen, wie das Wohl des Staats und Buͤrgers damit nothwendig zuſammenhaͤngt? Einfluß haben Religion und Staat allerdings in einander, aber dieſer kann ſehr wohl ohne jene be- ſtehen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/122
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/122>, abgerufen am 22.12.2024.