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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

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sie Handwerker seyn dürfen, aber ich hab' es auch
gefunden, daß sie, als Handwerker nicht in ihrer
rechten Sphäre waren, und was ihr Feuer noch
dämpfen konnte, war Gewinnsucht, der Staat ge-
wann nichts dabey, und die jüdischen Handwerker
waren nichts weniger als glücklich. Der Judenjun-
ge, der in Amsterdam mit seiner Schuhbürste her-
um läuft, oder sein Sechsgroschenmagazin feil bie-
thet, gewinnt vielleicht nicht so viel, als der Schu-
ster; aber er zieht sein Gewerbe vor, und ist glück-
licher. Der Jude zeigt durch seine Haare und Ge-
sichtsbildung, wie weit er von uns abstehe, (über
uns oder unter uns? ist hier die Frage nicht,) und
eben so verschieden ist auch sein Geist von dem un-
srigen.

Er taugt also zum Ackerbau nicht. Der Bauer
ist gewissermaßen an seinen Acker festgebunden; keine
Jahrszeit, oder sie fordert seine Gegenwart und Auf-
sicht, und will er ein ehrlicher Kerl bleiben; so darf

er
ne Eigenschaft der menschlichen Natur, daß sie in
jedes Clima sich paßt, und fähig ist allmählig zu
werden, was für dasselbe sich schickt. Mich dünkt
es liegt bey diesem und ähnlichen Raisonnemtnt im-
mer eine Verwechselung der Wirkung mit der Ur-
sache zum Grunde. D.

ſie Handwerker ſeyn duͤrfen, aber ich hab’ es auch
gefunden, daß ſie, als Handwerker nicht in ihrer
rechten Sphaͤre waren, und was ihr Feuer noch
daͤmpfen konnte, war Gewinnſucht, der Staat ge-
wann nichts dabey, und die juͤdiſchen Handwerker
waren nichts weniger als gluͤcklich. Der Judenjun-
ge, der in Amſterdam mit ſeiner Schuhbuͤrſte her-
um laͤuft, oder ſein Sechsgroſchenmagazin feil bie-
thet, gewinnt vielleicht nicht ſo viel, als der Schu-
ſter; aber er zieht ſein Gewerbe vor, und iſt gluͤck-
licher. Der Jude zeigt durch ſeine Haare und Ge-
ſichtsbildung, wie weit er von uns abſtehe, (uͤber
uns oder unter uns? iſt hier die Frage nicht,) und
eben ſo verſchieden iſt auch ſein Geiſt von dem un-
ſrigen.

Er taugt alſo zum Ackerbau nicht. Der Bauer
iſt gewiſſermaßen an ſeinen Acker feſtgebunden; keine
Jahrszeit, oder ſie fordert ſeine Gegenwart und Auf-
ſicht, und will er ein ehrlicher Kerl bleiben; ſo darf

er
ne Eigenſchaft der menſchlichen Natur, daß ſie in
jedes Clima ſich paßt, und faͤhig iſt allmaͤhlig zu
werden, was fuͤr daſſelbe ſich ſchickt. Mich duͤnkt
es liegt bey dieſem und aͤhnlichen Raiſonnemtnt im-
mer eine Verwechſelung der Wirkung mit der Ur-
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[100/0108] ſie Handwerker ſeyn duͤrfen, aber ich hab’ es auch gefunden, daß ſie, als Handwerker nicht in ihrer rechten Sphaͤre waren, und was ihr Feuer noch daͤmpfen konnte, war Gewinnſucht, der Staat ge- wann nichts dabey, und die juͤdiſchen Handwerker waren nichts weniger als gluͤcklich. Der Judenjun- ge, der in Amſterdam mit ſeiner Schuhbuͤrſte her- um laͤuft, oder ſein Sechsgroſchenmagazin feil bie- thet, gewinnt vielleicht nicht ſo viel, als der Schu- ſter; aber er zieht ſein Gewerbe vor, und iſt gluͤck- licher. Der Jude zeigt durch ſeine Haare und Ge- ſichtsbildung, wie weit er von uns abſtehe, (uͤber uns oder unter uns? iſt hier die Frage nicht,) und eben ſo verſchieden iſt auch ſein Geiſt von dem un- ſrigen. Er taugt alſo zum Ackerbau nicht. Der Bauer iſt gewiſſermaßen an ſeinen Acker feſtgebunden; keine Jahrszeit, oder ſie fordert ſeine Gegenwart und Auf- ſicht, und will er ein ehrlicher Kerl bleiben; ſo darf er *) *) ne Eigenſchaft der menſchlichen Natur, daß ſie in jedes Clima ſich paßt, und faͤhig iſt allmaͤhlig zu werden, was fuͤr daſſelbe ſich ſchickt. Mich duͤnkt es liegt bey dieſem und aͤhnlichen Raiſonnemtnt im- mer eine Verwechſelung der Wirkung mit der Ur- ſache zum Grunde. D.

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Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/108>, abgerufen am 25.11.2024.