Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.c. Drittes Dogma: Eine ordentliche Haus- frau muß die Speisekammer stets verschlossen halten. Kein Brosamen, der von der Herren Tische fällt, "Selbstverständlich," werden meine Leserinnen zu- Jch kenne Musterwirthschaften, in denen die Haus- Jch will hier bemerken, daß dieses Dogma kein, Man sieht, daß in Bezug auf Speisekammerverhält- Die verschlossene Speisekammer ist vorzugsweise ein c. Drittes Dogma: Eine ordentliche Haus- frau muß die Speisekammer stets verschlossen halten. Kein Brosamen, der von der Herren Tische fällt, „Selbstverständlich,‟ werden meine Leserinnen zu- Jch kenne Musterwirthschaften, in denen die Haus- Jch will hier bemerken, daß dieses Dogma kein, Man sieht, daß in Bezug auf Speisekammerverhält- Die verschlossene Speisekammer ist vorzugsweise ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0074" n="66"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">c.</hi><hi rendition="#g">Drittes Dogma: Eine ordentliche Haus-<lb/> frau muß die Speisekammer stets verschlossen<lb/> halten</hi>.</head><lb/> <p>Kein Brosamen, der von der Herren Tische fällt,<lb/> keine alte Semmel darf Fräulein Langfinger in der<lb/> Küche erreichbar sein.</p><lb/> <p>„Selbstverständlich,‟ werden meine Leserinnen zu-<lb/> stimmend nicken, und wohl manche Hausfrau würde,<lb/> wenn es nicht der Sitte allzu sehr widerspräche, Fuß-<lb/> angeln und Selbstschüsse vor ihrer Speisekammer an-<lb/> bringen lassen, oder mindestens zauberfeste kleine Arn-<lb/> heims requiriren.</p><lb/> <p>Jch kenne Musterwirthschaften, in denen die Haus-<lb/> frau dem Mädchen jede Kartoffel und jedes Stückchen<lb/> Holz, das verbrannt werden soll, zuzählt.</p><lb/> <p>Jch will hier bemerken, daß dieses Dogma kein,<lb/> allen civilisirten Nationen gemeinsames ist. Jn Nord-<lb/> amerika z. B. würde ein Mädchen es für den größten<lb/> Schimpf halten, wollte man die Speisekammer vor ihr<lb/> verschließen.</p><lb/> <p>Man sieht, daß in Bezug auf Speisekammerverhält-<lb/> nisse die Naturgesetze wanken.</p><lb/> <p>Die verschlossene Speisekammer ist vorzugsweise ein<lb/> Dogma der deutschen Hausfrau, und nicht nur der<lb/> orthodoxen, sondern auch der allerliberalsten.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [66/0074]
c. Drittes Dogma: Eine ordentliche Haus-
frau muß die Speisekammer stets verschlossen
halten.
Kein Brosamen, der von der Herren Tische fällt,
keine alte Semmel darf Fräulein Langfinger in der
Küche erreichbar sein.
„Selbstverständlich,‟ werden meine Leserinnen zu-
stimmend nicken, und wohl manche Hausfrau würde,
wenn es nicht der Sitte allzu sehr widerspräche, Fuß-
angeln und Selbstschüsse vor ihrer Speisekammer an-
bringen lassen, oder mindestens zauberfeste kleine Arn-
heims requiriren.
Jch kenne Musterwirthschaften, in denen die Haus-
frau dem Mädchen jede Kartoffel und jedes Stückchen
Holz, das verbrannt werden soll, zuzählt.
Jch will hier bemerken, daß dieses Dogma kein,
allen civilisirten Nationen gemeinsames ist. Jn Nord-
amerika z. B. würde ein Mädchen es für den größten
Schimpf halten, wollte man die Speisekammer vor ihr
verschließen.
Man sieht, daß in Bezug auf Speisekammerverhält-
nisse die Naturgesetze wanken.
Die verschlossene Speisekammer ist vorzugsweise ein
Dogma der deutschen Hausfrau, und nicht nur der
orthodoxen, sondern auch der allerliberalsten.
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