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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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kenntniß und Ueberzeugung überhaupt nicht die Rede
sein. Sie hat in der Regel noch nie in ihrem Leben
den kleinsten Denkversuch angestellt, und doch erdreistet
sie sich, mitzusprechen, wo es sich um Principien handelt.

Die kindische Phrase zu widerlegen, von der Erkennt-
niß aus Jnstinkt, aus heiliger Natur-Unmittelbarkeit, die
Annahme, als könne man zum Tempel der Wahrheit
gelangen, ohne durch das Thor des Nachdenkens zu
schreiten, erläßt man mir wohl.

Wohl weiß ich, daß es genialische Naturen giebt, so
hoch begnadet, daß sie die Wahrheit schauen, ohne die
Bedingung allmälichen inneren Wachsthums.

Was aber gehen uns die Genies an, wo es sich
um sittliche Grundgesetze für eine Gesammtheit handelt.

Die Hausfrau beruft sich vielleicht auf ihren ge-
sunden Menschenverstand, der ausreiche, um so einfache
Dinge, wie die Frauenfrage, endgültig zu entscheiden.

Man beobachte einmal genau, was dergleichen Ge-
wohnheitsmenschen unter gesundem Menschenverstand ver-
stehen.

Nichts anders, als eine Gehirnfunktion, oder viel-
mehr eine Windstille im Oberstübchen, vermöge deren
ihnen Alles, was der gewohnten Denkweise widerspricht,
überspannt und affektirt erscheint; der gesunde Menschen-

kenntniß und Ueberzeugung überhaupt nicht die Rede
sein. Sie hat in der Regel noch nie in ihrem Leben
den kleinsten Denkversuch angestellt, und doch erdreistet
sie sich, mitzusprechen, wo es sich um Principien handelt.

Die kindische Phrase zu widerlegen, von der Erkennt-
niß aus Jnstinkt, aus heiliger Natur-Unmittelbarkeit, die
Annahme, als könne man zum Tempel der Wahrheit
gelangen, ohne durch das Thor des Nachdenkens zu
schreiten, erläßt man mir wohl.

Wohl weiß ich, daß es genialische Naturen giebt, so
hoch begnadet, daß sie die Wahrheit schauen, ohne die
Bedingung allmälichen inneren Wachsthums.

Was aber gehen uns die Genies an, wo es sich
um sittliche Grundgesetze für eine Gesammtheit handelt.

Die Hausfrau beruft sich vielleicht auf ihren ge-
sunden Menschenverstand, der ausreiche, um so einfache
Dinge, wie die Frauenfrage, endgültig zu entscheiden.

Man beobachte einmal genau, was dergleichen Ge-
wohnheitsmenschen unter gesundem Menschenverstand ver-
stehen.

Nichts anders, als eine Gehirnfunktion, oder viel-
mehr eine Windstille im Oberstübchen, vermöge deren
ihnen Alles, was der gewohnten Denkweise widerspricht,
überspannt und affektirt erscheint; der gesunde Menschen-

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[22/0030] kenntniß und Ueberzeugung überhaupt nicht die Rede sein. Sie hat in der Regel noch nie in ihrem Leben den kleinsten Denkversuch angestellt, und doch erdreistet sie sich, mitzusprechen, wo es sich um Principien handelt. Die kindische Phrase zu widerlegen, von der Erkennt- niß aus Jnstinkt, aus heiliger Natur-Unmittelbarkeit, die Annahme, als könne man zum Tempel der Wahrheit gelangen, ohne durch das Thor des Nachdenkens zu schreiten, erläßt man mir wohl. Wohl weiß ich, daß es genialische Naturen giebt, so hoch begnadet, daß sie die Wahrheit schauen, ohne die Bedingung allmälichen inneren Wachsthums. Was aber gehen uns die Genies an, wo es sich um sittliche Grundgesetze für eine Gesammtheit handelt. Die Hausfrau beruft sich vielleicht auf ihren ge- sunden Menschenverstand, der ausreiche, um so einfache Dinge, wie die Frauenfrage, endgültig zu entscheiden. Man beobachte einmal genau, was dergleichen Ge- wohnheitsmenschen unter gesundem Menschenverstand ver- stehen. Nichts anders, als eine Gehirnfunktion, oder viel- mehr eine Windstille im Oberstübchen, vermöge deren ihnen Alles, was der gewohnten Denkweise widerspricht, überspannt und affektirt erscheint; der gesunde Menschen-

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/30>, abgerufen am 24.11.2024.