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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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gängen, manches Verkehrte, Verworrene und Abenteuer-
liche zu Tage treten wird, ist selbstverständlich.

Es ist auch möglich, daß durch die Selbstständigkeit
der Frauen hier und da einem guten Manne eine
Quantität Hausfrauenliebe verloren gehen kann, deren
er sich sonst erfreut haben würde.

Möglich, sogar wahrscheinlich.

Aber gehören denn die Männer zu jenem Pöbel, der
den Nachtigallen die Augen aussticht, damit sie besser
singen sollen?

Eine edle und reine Liebe ist nur in der Freiheit
möglich.

Eine sittliche Erhebung des menschlichen Geschlechts,
ohne eine volle Reform der Frauenzustände halte ich für
unmöglich. Selbstständigkeit gehört zur wahren Tugend,
wie die Seele zum Leib. Die Pandorenbüchse, der alle
Laster der Frauen entsteigen, ist ihre Leibeigenschaft.

Das Verbrechen aber, das nun seit Jahrtausenden
schon das männliche Geschlecht ungesühnt an dem weib-
lichen begeht, ist der höchsten und schwersten Verbrechen
eines.

Es heißt: Hochverrath gegen Gott!



15*

gängen, manches Verkehrte, Verworrene und Abenteuer-
liche zu Tage treten wird, ist selbstverständlich.

Es ist auch möglich, daß durch die Selbstständigkeit
der Frauen hier und da einem guten Manne eine
Quantität Hausfrauenliebe verloren gehen kann, deren
er sich sonst erfreut haben würde.

Möglich, sogar wahrscheinlich.

Aber gehören denn die Männer zu jenem Pöbel, der
den Nachtigallen die Augen aussticht, damit sie besser
singen sollen?

Eine edle und reine Liebe ist nur in der Freiheit
möglich.

Eine sittliche Erhebung des menschlichen Geschlechts,
ohne eine volle Reform der Frauenzustände halte ich für
unmöglich. Selbstständigkeit gehört zur wahren Tugend,
wie die Seele zum Leib. Die Pandorenbüchse, der alle
Laster der Frauen entsteigen, ist ihre Leibeigenschaft.

Das Verbrechen aber, das nun seit Jahrtausenden
schon das männliche Geschlecht ungesühnt an dem weib-
lichen begeht, ist der höchsten und schwersten Verbrechen
eines.

Es heißt: Hochverrath gegen Gott!



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[227/0235] gängen, manches Verkehrte, Verworrene und Abenteuer- liche zu Tage treten wird, ist selbstverständlich. Es ist auch möglich, daß durch die Selbstständigkeit der Frauen hier und da einem guten Manne eine Quantität Hausfrauenliebe verloren gehen kann, deren er sich sonst erfreut haben würde. Möglich, sogar wahrscheinlich. Aber gehören denn die Männer zu jenem Pöbel, der den Nachtigallen die Augen aussticht, damit sie besser singen sollen? Eine edle und reine Liebe ist nur in der Freiheit möglich. Eine sittliche Erhebung des menschlichen Geschlechts, ohne eine volle Reform der Frauenzustände halte ich für unmöglich. Selbstständigkeit gehört zur wahren Tugend, wie die Seele zum Leib. Die Pandorenbüchse, der alle Laster der Frauen entsteigen, ist ihre Leibeigenschaft. Das Verbrechen aber, das nun seit Jahrtausenden schon das männliche Geschlecht ungesühnt an dem weib- lichen begeht, ist der höchsten und schwersten Verbrechen eines. Es heißt: Hochverrath gegen Gott! 15*

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/235>, abgerufen am 25.11.2024.