Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Manche Frau von unantastbarem Charakter und
gründlicher Bildung wird vielleicht, indem sie diese Zeilen
liest, unwillig ausrufen:

- Wie, bin ich denn nicht eine gute Hausfrau?

- Gewiß, verehrte Frau. Aber sind Sie auch ganz
sicher, daß sie in der Welt als solche gelten? Haben
Sie eine Bescheinigung darüber?

Jede Frau, die nur um einige kleine Zoll das
Durchschnittsniveau der üblichen weiblichen Geistes- und
Charakterbildung überragt, setzt sich von vorn herein dem
Verdacht aus, eine schlechte Hausfrau zu sein.

Der Gegenbeweis ist in solchen Fällen schwer zu
führen, denn die Richter bestehen nicht aus Geschworenen,
sondern aus Verschworenen.

Nicht Jeder wird von guten Freunden oder schlimmen
Feinden in Kenntniß gesetzt von dem Ruf, dessen er genießt.

Daß unter der großen Zahl Derer, die für gute Haus-
frauen gelten, auch solche vorkommen, die es wirklich sind,
ist selbstverständlich.

Von der Regel aber handelt meine Schrift, nicht von
den Ausnahmen.

Ehe ich mich zu meinem eigentlichen Thema wende,
möchte ich eine Eigenthümlichkeit der "guten Hausfrau",
die als "besonderes Kennzeichen" in ihrem Passe figuriren
könnte, zur Besprechung vorweg nehmen.

Manche Frau von unantastbarem Charakter und
gründlicher Bildung wird vielleicht, indem sie diese Zeilen
liest, unwillig ausrufen:

– Wie, bin ich denn nicht eine gute Hausfrau?

– Gewiß, verehrte Frau. Aber sind Sie auch ganz
sicher, daß sie in der Welt als solche gelten? Haben
Sie eine Bescheinigung darüber?

Jede Frau, die nur um einige kleine Zoll das
Durchschnittsniveau der üblichen weiblichen Geistes- und
Charakterbildung überragt, setzt sich von vorn herein dem
Verdacht aus, eine schlechte Hausfrau zu sein.

Der Gegenbeweis ist in solchen Fällen schwer zu
führen, denn die Richter bestehen nicht aus Geschworenen,
sondern aus Verschworenen.

Nicht Jeder wird von guten Freunden oder schlimmen
Feinden in Kenntniß gesetzt von dem Ruf, dessen er genießt.

Daß unter der großen Zahl Derer, die für gute Haus-
frauen gelten, auch solche vorkommen, die es wirklich sind,
ist selbstverständlich.

Von der Regel aber handelt meine Schrift, nicht von
den Ausnahmen.

Ehe ich mich zu meinem eigentlichen Thema wende,
möchte ich eine Eigenthümlichkeit der „guten Hausfrau‟,
die als „besonderes Kennzeichen‟ in ihrem Passe figuriren
könnte, zur Besprechung vorweg nehmen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0023" n="15"/>
        <p>Manche Frau von unantastbarem Charakter und<lb/>
gründlicher Bildung wird vielleicht, indem sie diese Zeilen<lb/>
liest, unwillig ausrufen:</p><lb/>
        <p>&#x2013; Wie, bin ich denn nicht eine gute Hausfrau?</p><lb/>
        <p>&#x2013; Gewiß, verehrte Frau. Aber sind Sie auch ganz<lb/>
sicher, daß sie in der Welt als solche gelten? Haben<lb/>
Sie eine Bescheinigung darüber?</p><lb/>
        <p>Jede Frau, die nur um einige kleine Zoll das<lb/>
Durchschnittsniveau der üblichen weiblichen Geistes- und<lb/>
Charakterbildung überragt, setzt sich von vorn herein dem<lb/>
Verdacht aus, eine schlechte Hausfrau zu sein.</p><lb/>
        <p>Der Gegenbeweis ist in solchen Fällen schwer zu<lb/>
führen, denn die Richter bestehen nicht aus Geschworenen,<lb/>
sondern aus Verschworenen.</p><lb/>
        <p>Nicht Jeder wird von guten Freunden oder schlimmen<lb/>
Feinden in Kenntniß gesetzt von dem Ruf, dessen er genießt.</p><lb/>
        <p>Daß unter der großen Zahl Derer, die für gute Haus-<lb/>
frauen gelten, auch solche vorkommen, die es wirklich sind,<lb/>
ist selbstverständlich.</p><lb/>
        <p>Von der Regel aber handelt meine Schrift, nicht von<lb/>
den Ausnahmen.</p><lb/>
        <p>Ehe ich mich zu meinem eigentlichen Thema wende,<lb/>
möchte ich eine Eigenthümlichkeit der &#x201E;guten Hausfrau&#x201F;,<lb/>
die als &#x201E;besonderes Kennzeichen&#x201F; in ihrem Passe figuriren<lb/>
könnte, zur Besprechung vorweg nehmen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0023] Manche Frau von unantastbarem Charakter und gründlicher Bildung wird vielleicht, indem sie diese Zeilen liest, unwillig ausrufen: – Wie, bin ich denn nicht eine gute Hausfrau? – Gewiß, verehrte Frau. Aber sind Sie auch ganz sicher, daß sie in der Welt als solche gelten? Haben Sie eine Bescheinigung darüber? Jede Frau, die nur um einige kleine Zoll das Durchschnittsniveau der üblichen weiblichen Geistes- und Charakterbildung überragt, setzt sich von vorn herein dem Verdacht aus, eine schlechte Hausfrau zu sein. Der Gegenbeweis ist in solchen Fällen schwer zu führen, denn die Richter bestehen nicht aus Geschworenen, sondern aus Verschworenen. Nicht Jeder wird von guten Freunden oder schlimmen Feinden in Kenntniß gesetzt von dem Ruf, dessen er genießt. Daß unter der großen Zahl Derer, die für gute Haus- frauen gelten, auch solche vorkommen, die es wirklich sind, ist selbstverständlich. Von der Regel aber handelt meine Schrift, nicht von den Ausnahmen. Ehe ich mich zu meinem eigentlichen Thema wende, möchte ich eine Eigenthümlichkeit der „guten Hausfrau‟, die als „besonderes Kennzeichen‟ in ihrem Passe figuriren könnte, zur Besprechung vorweg nehmen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/23
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/23>, abgerufen am 11.12.2024.