Seltsam, daß diese Theorie der männlichen Selbst- losigkeit in einem Lande ausgesprochen wird, wo erst in diesem Jahrhundert (formell wenigstens) ein Gesetz auf- gehoben wurde, das dem Manne erlaubte, seine Frau öffentlich mit dem Strick um den Leib zu verkaufen.
Was meint der ehrenwerthe Sir?
Werden erst seit den letzten Jahrzehnten die von ihm gepriesenen Excesse an Selbstlosigkeit von den Männern begangen, oder waren diese Tugenden von jeher ein charakteristisches Kennzeichen des starken Geschlechts?
Er vertritt wohl die letztere Ansicht und schreibt es der sprichwörtlichen Querköpfigkeit der Frauen zu, wenn sie in jenen Zeiten, als die Männer von dem erwähnten Gesetz noch Gebrauch machten, die Hände nicht küssen wollten, die sie auf den Markt treiben zum Verkauf, dem Schlachtvieh gleich.
Anderer Einwurf: Der einzige Stolz und Ruhm einer Frau darf allezeit nur ihre Reinheit und ihre Bescheidenheit sein.
Die Beweisführung meiner Behauptung, daß nur die weisesten und besten der Menschen wahrhaft bescheiden sind, würde mich in eine ethisch-philosophische Abhandlung verlocken, die hier nicht am Platze wäre.
Ohne viel Nachdenken aber kann ein Jeder sich von der Richtigkeit der Thatsache überzeugen, wenn er, ein
Seltsam, daß diese Theorie der männlichen Selbst- losigkeit in einem Lande ausgesprochen wird, wo erst in diesem Jahrhundert (formell wenigstens) ein Gesetz auf- gehoben wurde, das dem Manne erlaubte, seine Frau öffentlich mit dem Strick um den Leib zu verkaufen.
Was meint der ehrenwerthe Sir?
Werden erst seit den letzten Jahrzehnten die von ihm gepriesenen Excesse an Selbstlosigkeit von den Männern begangen, oder waren diese Tugenden von jeher ein charakteristisches Kennzeichen des starken Geschlechts?
Er vertritt wohl die letztere Ansicht und schreibt es der sprichwörtlichen Querköpfigkeit der Frauen zu, wenn sie in jenen Zeiten, als die Männer von dem erwähnten Gesetz noch Gebrauch machten, die Hände nicht küssen wollten, die sie auf den Markt treiben zum Verkauf, dem Schlachtvieh gleich.
Anderer Einwurf: Der einzige Stolz und Ruhm einer Frau darf allezeit nur ihre Reinheit und ihre Bescheidenheit sein.
Die Beweisführung meiner Behauptung, daß nur die weisesten und besten der Menschen wahrhaft bescheiden sind, würde mich in eine ethisch-philosophische Abhandlung verlocken, die hier nicht am Platze wäre.
Ohne viel Nachdenken aber kann ein Jeder sich von der Richtigkeit der Thatsache überzeugen, wenn er, ein
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[202/0210]
Seltsam, daß diese Theorie der männlichen Selbst-
losigkeit in einem Lande ausgesprochen wird, wo erst in
diesem Jahrhundert (formell wenigstens) ein Gesetz auf-
gehoben wurde, das dem Manne erlaubte, seine Frau
öffentlich mit dem Strick um den Leib zu verkaufen.
Was meint der ehrenwerthe Sir?
Werden erst seit den letzten Jahrzehnten die von ihm
gepriesenen Excesse an Selbstlosigkeit von den Männern
begangen, oder waren diese Tugenden von jeher ein
charakteristisches Kennzeichen des starken Geschlechts?
Er vertritt wohl die letztere Ansicht und schreibt es
der sprichwörtlichen Querköpfigkeit der Frauen zu, wenn
sie in jenen Zeiten, als die Männer von dem erwähnten
Gesetz noch Gebrauch machten, die Hände nicht küssen
wollten, die sie auf den Markt treiben zum Verkauf,
dem Schlachtvieh gleich.
Anderer Einwurf: Der einzige Stolz und Ruhm
einer Frau darf allezeit nur ihre Reinheit und
ihre Bescheidenheit sein.
Die Beweisführung meiner Behauptung, daß nur
die weisesten und besten der Menschen wahrhaft bescheiden
sind, würde mich in eine ethisch-philosophische Abhandlung
verlocken, die hier nicht am Platze wäre.
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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/210>, abgerufen am 27.07.2024.
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