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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Hülfeheischend streckten sie ihre Hände empor, und
siehe - die sehr Ehrenwerthen, die Ritter der weiblichen
Reinheit, sie versetzten ihnen den letzten Fußtritt, daß sie
im Schlamm versanken.

Eine kleine Lüge wird leicht erkannt und macht den
Lügner lächerlich. Die großen Lügen aber, die unge-
heuren socialen Heucheleien, die alle Dinge in ihr Gegen-
theil verkehren, sie gelten, mit dem Etiquette eines Na-
mens versehen, in den Augen der blöden Menge für
Wahrheit.

Jene Herren, die sich den Anschein geben, als ver-
möchten sie die Frauen vor jeder Berührung mit dem
Schmutz der Erde zu wahren, sie gemahnen mich an
jene hygienischen Charlatane, die mit Daubitz'schen
Kräuter-Liqueuren, mit Königstrank und Bullrich'schem
Salz alle Uebel des Leibes heilen zu wollen sich an-
maßen.

Wer Frauen vor dem Schmutz des Lebens bewahren
will, der sorge zunächst dafür, daß sie mit einer anstän-
digen Revenüe zur Welt kommen. (Ach, und auch das
ist nicht einmal eine sichere Garantie, heirathet sie ein
Mann um dieser Revenüen willen, so trägt das auch
nicht gerade zur Reinerhaltung ihrer erhabenen Persön-
lichkeit bei.) Jede Frau, die um ihrer Versorgung
willen heirathet, beschmutzt von vorn herein ihre Seele.

Hülfeheischend streckten sie ihre Hände empor, und
siehe – die sehr Ehrenwerthen, die Ritter der weiblichen
Reinheit, sie versetzten ihnen den letzten Fußtritt, daß sie
im Schlamm versanken.

Eine kleine Lüge wird leicht erkannt und macht den
Lügner lächerlich. Die großen Lügen aber, die unge-
heuren socialen Heucheleien, die alle Dinge in ihr Gegen-
theil verkehren, sie gelten, mit dem Etiquette eines Na-
mens versehen, in den Augen der blöden Menge für
Wahrheit.

Jene Herren, die sich den Anschein geben, als ver-
möchten sie die Frauen vor jeder Berührung mit dem
Schmutz der Erde zu wahren, sie gemahnen mich an
jene hygienischen Charlatane, die mit Daubitz'schen
Kräuter-Liqueuren, mit Königstrank und Bullrich'schem
Salz alle Uebel des Leibes heilen zu wollen sich an-
maßen.

Wer Frauen vor dem Schmutz des Lebens bewahren
will, der sorge zunächst dafür, daß sie mit einer anstän-
digen Revenüe zur Welt kommen. (Ach, und auch das
ist nicht einmal eine sichere Garantie, heirathet sie ein
Mann um dieser Revenüen willen, so trägt das auch
nicht gerade zur Reinerhaltung ihrer erhabenen Persön-
lichkeit bei.) Jede Frau, die um ihrer Versorgung
willen heirathet, beschmutzt von vorn herein ihre Seele.

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[184/0192] Hülfeheischend streckten sie ihre Hände empor, und siehe – die sehr Ehrenwerthen, die Ritter der weiblichen Reinheit, sie versetzten ihnen den letzten Fußtritt, daß sie im Schlamm versanken. Eine kleine Lüge wird leicht erkannt und macht den Lügner lächerlich. Die großen Lügen aber, die unge- heuren socialen Heucheleien, die alle Dinge in ihr Gegen- theil verkehren, sie gelten, mit dem Etiquette eines Na- mens versehen, in den Augen der blöden Menge für Wahrheit. Jene Herren, die sich den Anschein geben, als ver- möchten sie die Frauen vor jeder Berührung mit dem Schmutz der Erde zu wahren, sie gemahnen mich an jene hygienischen Charlatane, die mit Daubitz'schen Kräuter-Liqueuren, mit Königstrank und Bullrich'schem Salz alle Uebel des Leibes heilen zu wollen sich an- maßen. Wer Frauen vor dem Schmutz des Lebens bewahren will, der sorge zunächst dafür, daß sie mit einer anstän- digen Revenüe zur Welt kommen. (Ach, und auch das ist nicht einmal eine sichere Garantie, heirathet sie ein Mann um dieser Revenüen willen, so trägt das auch nicht gerade zur Reinerhaltung ihrer erhabenen Persön- lichkeit bei.) Jede Frau, die um ihrer Versorgung willen heirathet, beschmutzt von vorn herein ihre Seele.

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/192>, abgerufen am 23.11.2024.