die Ersteren alle Männer, von dem Roue bis zu dem solidesten Spießbürger herunter, unwiderstehlich an sich ziehen, mögen diese Damen noch so albern und abge- schmackt sein.
Der mitunter so rührend naive Jean Paul meint freilich, das geschähe, weil die Männer diese Damen als Tugendheldinnen hätten agiren sehen, und nun in ihrer Phantasie ein Stückchen Tugendglorie an ihrer Privat- person haften geblieben sei; also mit einfachen Worten: die Männer lieben unbewußt in diesen Miminnen die Tugend. Hony soit qui mal y pense.
Uneingeweihte wenden vielleicht ein: man verliebt sich wohl in diese Damen, aber man heirathet sie nicht.
Das ist eine einfache Unwahrheit. Jch habe zu- fällig eine größere Zahl von Schauspielerinnen gekannt, und ich weiß positiv, daß Allen, ohne Ausnahme, die solidesten Männer (Beamte, Kaufleute, Künstler u. s. w.) als Gatten zur Verfügung standen, und daß es nur an ihnen lag, wenn sie die Bretter, die die Welt bedeuten, nicht mit dem Hause, das Küche und Kinderstube be- deutet, vertauschen wollten.
Es giebt Mütter, ganz achtbare Frauen, die ihre Töchter in die Schauspielerinnen-Carriere drängen, weil sie dann mit absoluter Sicherheit auf eine gute Partie für das Mädchen rechnen können.
die Ersteren alle Männer, von dem Roué bis zu dem solidesten Spießbürger herunter, unwiderstehlich an sich ziehen, mögen diese Damen noch so albern und abge- schmackt sein.
Der mitunter so rührend naive Jean Paul meint freilich, das geschähe, weil die Männer diese Damen als Tugendheldinnen hätten agiren sehen, und nun in ihrer Phantasie ein Stückchen Tugendglorie an ihrer Privat- person haften geblieben sei; also mit einfachen Worten: die Männer lieben unbewußt in diesen Miminnen die Tugend. Hony soit qui mal y pense.
Uneingeweihte wenden vielleicht ein: man verliebt sich wohl in diese Damen, aber man heirathet sie nicht.
Das ist eine einfache Unwahrheit. Jch habe zu- fällig eine größere Zahl von Schauspielerinnen gekannt, und ich weiß positiv, daß Allen, ohne Ausnahme, die solidesten Männer (Beamte, Kaufleute, Künstler u. s. w.) als Gatten zur Verfügung standen, und daß es nur an ihnen lag, wenn sie die Bretter, die die Welt bedeuten, nicht mit dem Hause, das Küche und Kinderstube be- deutet, vertauschen wollten.
Es giebt Mütter, ganz achtbare Frauen, die ihre Töchter in die Schauspielerinnen-Carriere drängen, weil sie dann mit absoluter Sicherheit auf eine gute Partie für das Mädchen rechnen können.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0188"n="180"/>
die Ersteren alle Männer, von dem Roué bis zu dem<lb/>
solidesten Spießbürger herunter, unwiderstehlich an sich<lb/>
ziehen, mögen diese Damen noch so albern und abge-<lb/>
schmackt sein.</p><lb/><p>Der mitunter so rührend naive Jean Paul meint<lb/>
freilich, das geschähe, weil die Männer diese Damen als<lb/>
Tugendheldinnen hätten agiren sehen, und nun in ihrer<lb/>
Phantasie ein Stückchen Tugendglorie an ihrer Privat-<lb/>
person haften geblieben sei; also mit einfachen Worten:<lb/>
die Männer lieben unbewußt in diesen Miminnen die<lb/>
Tugend. <hirendition="#aq">Hony soit qui mal y pense</hi>.</p><lb/><p>Uneingeweihte wenden vielleicht ein: man verliebt<lb/>
sich wohl in diese Damen, aber man heirathet sie nicht.</p><lb/><p>Das ist eine einfache Unwahrheit. Jch habe zu-<lb/>
fällig eine größere Zahl von Schauspielerinnen gekannt,<lb/>
und ich weiß positiv, daß Allen, ohne Ausnahme, die<lb/>
solidesten Männer (Beamte, Kaufleute, Künstler u. s. w.)<lb/>
als Gatten zur Verfügung standen, und daß es nur an<lb/>
ihnen lag, wenn sie die Bretter, die die Welt bedeuten,<lb/>
nicht mit dem Hause, das Küche und Kinderstube be-<lb/>
deutet, vertauschen wollten.</p><lb/><p>Es giebt Mütter, ganz achtbare Frauen, die ihre<lb/>
Töchter in die Schauspielerinnen-Carriere drängen, weil<lb/>
sie dann mit absoluter Sicherheit auf eine gute Partie<lb/>
für das Mädchen rechnen können.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[180/0188]
die Ersteren alle Männer, von dem Roué bis zu dem
solidesten Spießbürger herunter, unwiderstehlich an sich
ziehen, mögen diese Damen noch so albern und abge-
schmackt sein.
Der mitunter so rührend naive Jean Paul meint
freilich, das geschähe, weil die Männer diese Damen als
Tugendheldinnen hätten agiren sehen, und nun in ihrer
Phantasie ein Stückchen Tugendglorie an ihrer Privat-
person haften geblieben sei; also mit einfachen Worten:
die Männer lieben unbewußt in diesen Miminnen die
Tugend. Hony soit qui mal y pense.
Uneingeweihte wenden vielleicht ein: man verliebt
sich wohl in diese Damen, aber man heirathet sie nicht.
Das ist eine einfache Unwahrheit. Jch habe zu-
fällig eine größere Zahl von Schauspielerinnen gekannt,
und ich weiß positiv, daß Allen, ohne Ausnahme, die
solidesten Männer (Beamte, Kaufleute, Künstler u. s. w.)
als Gatten zur Verfügung standen, und daß es nur an
ihnen lag, wenn sie die Bretter, die die Welt bedeuten,
nicht mit dem Hause, das Küche und Kinderstube be-
deutet, vertauschen wollten.
Es giebt Mütter, ganz achtbare Frauen, die ihre
Töchter in die Schauspielerinnen-Carriere drängen, weil
sie dann mit absoluter Sicherheit auf eine gute Partie
für das Mädchen rechnen können.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-07-10T17:06:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-07-10T17:06:15Z)
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): als s transkribiert;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/188>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.