Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Verpantschte, Verpriezelte hat stets die böse Köchin zur
Verfasserin.

Es thut mir leid um die frommen Seelen, die ich
verletze, aber mein Gewissen zwingt mich zu bekennen:
in meine profane Nase dringt kein Atom von Weihrauch
als der eingeseiften Wäsche, keinen Schimmer von Hei-
ligenschein (nicht einmal den eines geschmorten oder
marinirten Heiligenscheins, denn nur auf einen solchen
könnte sie doch, ihres Köchinnenthums wegen, Anspruch
machen) gewahre ich über Madame's Taghaube oder
Nachtmütze.

Und was die Tempelhaftigkeit der Küche betrifft,
so glaube ich allerdings, daß sie an stillen Sonntag-
nachmittagen meiner Auguste, wenn der Landsmann ihr
zur Seite steht, wie ein Tempel erscheinen mag - ein
Tempel der Liebe.

An Wochentagen aber müßte ich fürchten, durch solch'
einen Vergleich der Religion zu nahe zu treten, deren
Wohlgeruch sicher mit dem Parfüm von Fett, Zwiebeln,
Aufspülwasser, Knochen, Schalen und Rüben, das in
der Küche herrscht, nichts gemein hat.

Jndessen, ich will einmal annehmen, meine werthen
Damen und Hausfrauen, daß der Heerd ein Altar, die
Nähnadel ein heiliges Symbol ist, und daß dem Wasch-
faß eine läuternde Kraft inne wohnt. Gut. - Aber

Verpantschte, Verpriezelte hat stets die böse Köchin zur
Verfasserin.

Es thut mir leid um die frommen Seelen, die ich
verletze, aber mein Gewissen zwingt mich zu bekennen:
in meine profane Nase dringt kein Atom von Weihrauch
als der eingeseiften Wäsche, keinen Schimmer von Hei-
ligenschein (nicht einmal den eines geschmorten oder
marinirten Heiligenscheins, denn nur auf einen solchen
könnte sie doch, ihres Köchinnenthums wegen, Anspruch
machen) gewahre ich über Madame's Taghaube oder
Nachtmütze.

Und was die Tempelhaftigkeit der Küche betrifft,
so glaube ich allerdings, daß sie an stillen Sonntag-
nachmittagen meiner Auguste, wenn der Landsmann ihr
zur Seite steht, wie ein Tempel erscheinen mag – ein
Tempel der Liebe.

An Wochentagen aber müßte ich fürchten, durch solch'
einen Vergleich der Religion zu nahe zu treten, deren
Wohlgeruch sicher mit dem Parfüm von Fett, Zwiebeln,
Aufspülwasser, Knochen, Schalen und Rüben, das in
der Küche herrscht, nichts gemein hat.

Jndessen, ich will einmal annehmen, meine werthen
Damen und Hausfrauen, daß der Heerd ein Altar, die
Nähnadel ein heiliges Symbol ist, und daß dem Wasch-
faß eine läuternde Kraft inne wohnt. Gut. – Aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0130" n="122"/>
Verpantschte, Verpriezelte hat stets die böse Köchin zur<lb/>
Verfasserin.</p><lb/>
          <p>Es thut mir leid um die frommen Seelen, die ich<lb/>
verletze, aber mein Gewissen zwingt mich zu bekennen:<lb/>
in meine profane Nase dringt kein Atom von Weihrauch<lb/>
als der eingeseiften Wäsche, keinen Schimmer von Hei-<lb/>
ligenschein (nicht einmal den eines geschmorten oder<lb/>
marinirten Heiligenscheins, denn nur auf einen solchen<lb/>
könnte sie doch, ihres Köchinnenthums wegen, Anspruch<lb/>
machen) gewahre ich über Madame's Taghaube oder<lb/>
Nachtmütze.</p><lb/>
          <p>Und was die Tempelhaftigkeit der Küche betrifft,<lb/>
so glaube ich allerdings, daß sie an stillen Sonntag-<lb/>
nachmittagen meiner Auguste, wenn der Landsmann ihr<lb/>
zur Seite steht, wie ein Tempel erscheinen mag &#x2013; ein<lb/>
Tempel der Liebe.</p><lb/>
          <p>An Wochentagen aber müßte ich fürchten, durch solch'<lb/>
einen Vergleich der Religion zu nahe zu treten, deren<lb/>
Wohlgeruch sicher mit dem Parfüm von Fett, Zwiebeln,<lb/>
Aufspülwasser, Knochen, Schalen und Rüben, das in<lb/>
der Küche herrscht, nichts gemein hat.</p><lb/>
          <p>Jndessen, ich will einmal annehmen, meine werthen<lb/>
Damen und Hausfrauen, daß der Heerd ein Altar, die<lb/>
Nähnadel ein heiliges Symbol ist, und daß dem Wasch-<lb/>
faß eine läuternde Kraft inne wohnt. Gut. &#x2013; Aber<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0130] Verpantschte, Verpriezelte hat stets die böse Köchin zur Verfasserin. Es thut mir leid um die frommen Seelen, die ich verletze, aber mein Gewissen zwingt mich zu bekennen: in meine profane Nase dringt kein Atom von Weihrauch als der eingeseiften Wäsche, keinen Schimmer von Hei- ligenschein (nicht einmal den eines geschmorten oder marinirten Heiligenscheins, denn nur auf einen solchen könnte sie doch, ihres Köchinnenthums wegen, Anspruch machen) gewahre ich über Madame's Taghaube oder Nachtmütze. Und was die Tempelhaftigkeit der Küche betrifft, so glaube ich allerdings, daß sie an stillen Sonntag- nachmittagen meiner Auguste, wenn der Landsmann ihr zur Seite steht, wie ein Tempel erscheinen mag – ein Tempel der Liebe. An Wochentagen aber müßte ich fürchten, durch solch' einen Vergleich der Religion zu nahe zu treten, deren Wohlgeruch sicher mit dem Parfüm von Fett, Zwiebeln, Aufspülwasser, Knochen, Schalen und Rüben, das in der Küche herrscht, nichts gemein hat. Jndessen, ich will einmal annehmen, meine werthen Damen und Hausfrauen, daß der Heerd ein Altar, die Nähnadel ein heiliges Symbol ist, und daß dem Wasch- faß eine läuternde Kraft inne wohnt. Gut. – Aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/130
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/130>, abgerufen am 22.11.2024.