will, sich an eine sittliche Norm zu binden. Die Be- drohung ihrer chronischen Lieblingssünden erzeugt bei ihr stets einen acuten Tugendrappel.
Noch heute spricht im Süden jeder fromme Katholik mit sittlichem Abscheu von jenem Ketzer Luther, der seine Gelübde gebrochen, um eine Nonne zu entführen.
"Jeder Gedanke, wenn er wirklich einer ist, ist ein wenig ketzerisch," schrieb neulich einer unserer geistreichsten Abgeordneten.
Das Bestreben, neue Sitten, neue Prinzipien einzu- führen, erscheint der Menge wie ein Concurrenz-Unter- nehmen, das ihre rechtmäßigen Zinsen an Lebensfreuden, die die alten Sitten ihr abwarfen, bedroht.
Schlagt diesen Leuten ein kleines Börsengeschäft vor, bei dem sie durch einen schlauen Coup einige Mit- menschen um das Jhrige bringen können, und Jhr werdet sehen, ihr Gewissen wird stumm bleiben wie das Grab.
Für die Frauen aber insbesondere, die für ein Princip, für eine Jdee auf den Kampfplatz sich wagen, hält man eine Extra-Beschimpfung bereit. Sie heißt: Seelen-Prostitution.
Mir selbst wurde dieser Vorwurf in einem Journal, gelegentlich der Besprechung einer rein objectiv gehal- tenen kritischen Broschüre zu Theil. Nicht als ver-
will, sich an eine sittliche Norm zu binden. Die Be- drohung ihrer chronischen Lieblingssünden erzeugt bei ihr stets einen acuten Tugendrappel.
Noch heute spricht im Süden jeder fromme Katholik mit sittlichem Abscheu von jenem Ketzer Luther, der seine Gelübde gebrochen, um eine Nonne zu entführen.
„Jeder Gedanke, wenn er wirklich einer ist, ist ein wenig ketzerisch,‟ schrieb neulich einer unserer geistreichsten Abgeordneten.
Das Bestreben, neue Sitten, neue Prinzipien einzu- führen, erscheint der Menge wie ein Concurrenz-Unter- nehmen, das ihre rechtmäßigen Zinsen an Lebensfreuden, die die alten Sitten ihr abwarfen, bedroht.
Schlagt diesen Leuten ein kleines Börsengeschäft vor, bei dem sie durch einen schlauen Coup einige Mit- menschen um das Jhrige bringen können, und Jhr werdet sehen, ihr Gewissen wird stumm bleiben wie das Grab.
Für die Frauen aber insbesondere, die für ein Princip, für eine Jdee auf den Kampfplatz sich wagen, hält man eine Extra-Beschimpfung bereit. Sie heißt: Seelen-Prostitution.
Mir selbst wurde dieser Vorwurf in einem Journal, gelegentlich der Besprechung einer rein objectiv gehal- tenen kritischen Broschüre zu Theil. Nicht als ver-
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[5/0013]
will, sich an eine sittliche Norm zu binden. Die Be-
drohung ihrer chronischen Lieblingssünden erzeugt bei ihr
stets einen acuten Tugendrappel.
Noch heute spricht im Süden jeder fromme Katholik
mit sittlichem Abscheu von jenem Ketzer Luther, der
seine Gelübde gebrochen, um eine Nonne zu entführen.
„Jeder Gedanke, wenn er wirklich einer ist, ist ein
wenig ketzerisch,‟ schrieb neulich einer unserer geistreichsten
Abgeordneten.
Das Bestreben, neue Sitten, neue Prinzipien einzu-
führen, erscheint der Menge wie ein Concurrenz-Unter-
nehmen, das ihre rechtmäßigen Zinsen an Lebensfreuden,
die die alten Sitten ihr abwarfen, bedroht.
Schlagt diesen Leuten ein kleines Börsengeschäft vor,
bei dem sie durch einen schlauen Coup einige Mit-
menschen um das Jhrige bringen können, und Jhr
werdet sehen, ihr Gewissen wird stumm bleiben wie das
Grab.
Für die Frauen aber insbesondere, die für ein
Princip, für eine Jdee auf den Kampfplatz sich wagen,
hält man eine Extra-Beschimpfung bereit. Sie heißt:
Seelen-Prostitution.
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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/13>, abgerufen am 16.07.2024.
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