blüht in Stadt und Land. Der Despotismus ver- urtheilt die Frau zur Rolle des bösen Engels neben dem Manne, selbst da, wo von einer sittlichen Deca- dence ihrerseits nicht die Rede sein kann. "Jch muß bekennen, sagt Tocqueville, daß ich häufig beobachtet habe, wie ein von Natur edler und großmüthiger Mann allmälich durch häuslichen Einfluß in einen feigen, gewöhnlichen, selbstsüchtigen Stellensucher umgewandelt wurde, der an die öffentlichen Angelegenheiten nur dachte als an ein Mittel, sich ein behagliches Leben zu verschaffen. Und dies geschah einzig und allein durch den täglichen Contakt mit einer wohlerzogenen Frau, einem treuen Weibe, einer vortrefflichen Mutter, deren Geist aber von der großen Erkenntniß öffent- licher Pflichten weit entfernt war."
Sehr erklärlich. Man hat die Frau zu denken gelehrt, daß ihre Zeit, ihre Kräfte und ihre Talente keinen Werth für den Staat haben, wie soll sie sich von dem Bewußtsein ihres Zusammenhanges mit dem Staatsleben durchdringen lassen, wie ihren Pflichten gegen Staat und Gemeinde gerecht werden? Sie, die keine Rechte hat, sie, deren Ehre und Thätigkeit, deren Glück und Geltung in der Gesellschaft mit dem Staats- leben nichts zu schaffen haben? Sie, im Gegentheil, wird das selbstlose Jnteresse des Mannes am Staats-
Dohm, Zur Frauenfrage. 12
blüht in Stadt und Land. Der Despotismus ver- urtheilt die Frau zur Rolle des bösen Engels neben dem Manne, selbst da, wo von einer sittlichen Deca- dence ihrerseits nicht die Rede sein kann. „Jch muß bekennen, sagt Tocqueville, daß ich häufig beobachtet habe, wie ein von Natur edler und großmüthiger Mann allmälich durch häuslichen Einfluß in einen feigen, gewöhnlichen, selbstsüchtigen Stellensucher umgewandelt wurde, der an die öffentlichen Angelegenheiten nur dachte als an ein Mittel, sich ein behagliches Leben zu verschaffen. Und dies geschah einzig und allein durch den täglichen Contakt mit einer wohlerzogenen Frau, einem treuen Weibe, einer vortrefflichen Mutter, deren Geist aber von der großen Erkenntniß öffent- licher Pflichten weit entfernt war.‟
Sehr erklärlich. Man hat die Frau zu denken gelehrt, daß ihre Zeit, ihre Kräfte und ihre Talente keinen Werth für den Staat haben, wie soll sie sich von dem Bewußtsein ihres Zusammenhanges mit dem Staatsleben durchdringen lassen, wie ihren Pflichten gegen Staat und Gemeinde gerecht werden? Sie, die keine Rechte hat, sie, deren Ehre und Thätigkeit, deren Glück und Geltung in der Gesellschaft mit dem Staats- leben nichts zu schaffen haben? Sie, im Gegentheil, wird das selbstlose Jnteresse des Mannes am Staats-
Dohm, Zur Frauenfrage. 12
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blüht in Stadt und Land. Der Despotismus ver-
urtheilt die Frau zur Rolle des bösen Engels neben
dem Manne, selbst da, wo von einer sittlichen Deca-
dence ihrerseits nicht die Rede sein kann. „Jch muß
bekennen, sagt Tocqueville, daß ich häufig beobachtet
habe, wie ein von Natur edler und großmüthiger
Mann allmälich durch häuslichen Einfluß in einen feigen,
gewöhnlichen, selbstsüchtigen Stellensucher umgewandelt
wurde, der an die öffentlichen Angelegenheiten nur
dachte als an ein Mittel, sich ein behagliches Leben
zu verschaffen. Und dies geschah einzig und allein
durch den täglichen Contakt mit einer wohlerzogenen
Frau, einem treuen Weibe, einer vortrefflichen Mutter,
deren Geist aber von der großen Erkenntniß öffent-
licher Pflichten weit entfernt war.‟
Sehr erklärlich. Man hat die Frau zu denken
gelehrt, daß ihre Zeit, ihre Kräfte und ihre Talente
keinen Werth für den Staat haben, wie soll sie sich
von dem Bewußtsein ihres Zusammenhanges mit dem
Staatsleben durchdringen lassen, wie ihren Pflichten
gegen Staat und Gemeinde gerecht werden? Sie, die
keine Rechte hat, sie, deren Ehre und Thätigkeit, deren
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leben nichts zu schaffen haben? Sie, im Gegentheil,
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Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/185>, abgerufen am 27.07.2024.
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