Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

so fängt bei den Männern das weibliche Geschlecht
erst da an, wo es Toilette und Conversation macht
und Hang zu Liebesintriguen und Theaterlogen verräth.

Geht auf die Felder und in die Fabriken und
predigt eure Sphärentheorie den Weibern, die die
Mistgabel führen und denen, deren Rücken sich ge-
krümmt hat unter der Wucht centnerschwerer Lasten!
Könnt ihr allen Frauen ein behagliches Daheim schaffen
und einen Mann, der für sie sorge? Nein - ihr könnt
es nicht. Seid ihr Sphärenanbeter auch alle, alle ver-
heirathet und habt ihr allesammt arme Mädchen ge-
heirathet, um der Versorgung des weiblichen Geschlechts
Rechnung zu tragen? Nein, ihr habt es nicht gethan.
Nun denn, aus dem Wege mit Euch, Jhr Sphären-
fabrikanten, gebt Raum und Luft für die Millionen,
an Geist und Körper gesund gebornen Geschöpfe, die
da verkümmern, weil sie Frauen sind!

"Jch kümmere mich sehr wenig um die politischen
Rechte", schrieb kürzlich eine arme Frau an einen De-
putirten, der gegen das Frauenstimmrecht eine Rede
gehalten, in der er dem erhabenen Geschlecht mit vollen
Händen Weihrauch gestreut hatte, "aber, mein Herr,
haben Sie die Güte mir zu sagen, wie ich mein Brot
verdienen kann, ohne von meinem Piedestal herab-
zusteigen."

so fängt bei den Männern das weibliche Geschlecht
erst da an, wo es Toilette und Conversation macht
und Hang zu Liebesintriguen und Theaterlogen verräth.

Geht auf die Felder und in die Fabriken und
predigt eure Sphärentheorie den Weibern, die die
Mistgabel führen und denen, deren Rücken sich ge-
krümmt hat unter der Wucht centnerschwerer Lasten!
Könnt ihr allen Frauen ein behagliches Daheim schaffen
und einen Mann, der für sie sorge? Nein – ihr könnt
es nicht. Seid ihr Sphärenanbeter auch alle, alle ver-
heirathet und habt ihr allesammt arme Mädchen ge-
heirathet, um der Versorgung des weiblichen Geschlechts
Rechnung zu tragen? Nein, ihr habt es nicht gethan.
Nun denn, aus dem Wege mit Euch, Jhr Sphären-
fabrikanten, gebt Raum und Luft für die Millionen,
an Geist und Körper gesund gebornen Geschöpfe, die
da verkümmern, weil sie Frauen sind!

„Jch kümmere mich sehr wenig um die politischen
Rechte‟, schrieb kürzlich eine arme Frau an einen De-
putirten, der gegen das Frauenstimmrecht eine Rede
gehalten, in der er dem erhabenen Geschlecht mit vollen
Händen Weihrauch gestreut hatte, „aber, mein Herr,
haben Sie die Güte mir zu sagen, wie ich mein Brot
verdienen kann, ohne von meinem Piedestal herab-
zusteigen.‟

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0135" n="127"/>
so fängt bei den Männern das weibliche Geschlecht<lb/>
erst da an, wo es Toilette und Conversation macht<lb/>
und Hang zu Liebesintriguen und Theaterlogen verräth.</p><lb/>
        <p>Geht auf die Felder und in die Fabriken und<lb/>
predigt eure Sphärentheorie den Weibern, die die<lb/>
Mistgabel führen und denen, deren Rücken sich ge-<lb/>
krümmt hat unter der Wucht centnerschwerer Lasten!<lb/>
Könnt ihr allen Frauen ein behagliches Daheim schaffen<lb/>
und einen Mann, der für sie sorge? Nein &#x2013; ihr könnt<lb/>
es nicht. Seid ihr Sphärenanbeter auch alle, alle ver-<lb/>
heirathet und habt ihr allesammt arme Mädchen ge-<lb/>
heirathet, um der Versorgung des weiblichen Geschlechts<lb/>
Rechnung zu tragen? Nein, ihr habt es nicht gethan.<lb/>
Nun denn, aus dem Wege mit Euch, Jhr Sphären-<lb/>
fabrikanten, gebt Raum und Luft für die Millionen,<lb/>
an Geist und Körper gesund gebornen Geschöpfe, die<lb/>
da verkümmern, weil sie Frauen sind!</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch kümmere mich sehr wenig um die politischen<lb/>
Rechte&#x201F;, schrieb kürzlich eine arme Frau an einen De-<lb/>
putirten, der gegen das Frauenstimmrecht eine Rede<lb/>
gehalten, in der er dem erhabenen Geschlecht mit vollen<lb/>
Händen Weihrauch gestreut hatte, &#x201E;aber, mein Herr,<lb/>
haben Sie die Güte mir zu sagen, wie ich mein Brot<lb/>
verdienen kann, ohne von meinem Piedestal herab-<lb/>
zusteigen.&#x201F;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0135] so fängt bei den Männern das weibliche Geschlecht erst da an, wo es Toilette und Conversation macht und Hang zu Liebesintriguen und Theaterlogen verräth. Geht auf die Felder und in die Fabriken und predigt eure Sphärentheorie den Weibern, die die Mistgabel führen und denen, deren Rücken sich ge- krümmt hat unter der Wucht centnerschwerer Lasten! Könnt ihr allen Frauen ein behagliches Daheim schaffen und einen Mann, der für sie sorge? Nein – ihr könnt es nicht. Seid ihr Sphärenanbeter auch alle, alle ver- heirathet und habt ihr allesammt arme Mädchen ge- heirathet, um der Versorgung des weiblichen Geschlechts Rechnung zu tragen? Nein, ihr habt es nicht gethan. Nun denn, aus dem Wege mit Euch, Jhr Sphären- fabrikanten, gebt Raum und Luft für die Millionen, an Geist und Körper gesund gebornen Geschöpfe, die da verkümmern, weil sie Frauen sind! „Jch kümmere mich sehr wenig um die politischen Rechte‟, schrieb kürzlich eine arme Frau an einen De- putirten, der gegen das Frauenstimmrecht eine Rede gehalten, in der er dem erhabenen Geschlecht mit vollen Händen Weihrauch gestreut hatte, „aber, mein Herr, haben Sie die Güte mir zu sagen, wie ich mein Brot verdienen kann, ohne von meinem Piedestal herab- zusteigen.‟

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-07T16:13:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-07T16:13:32Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/135
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/135>, abgerufen am 05.12.2024.