Dohm, Hedwig: Erziehung zum Stimmrecht der Frau. Berlin, 1910 (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 6).gelacht werden? Glaub's nicht, glaub's nicht. Zehn- bis Jch halte diese stürmische Propaganda der Stimmrecht- Petitionen, Reden, Schriften - sie schimmern nur matt Die Frucht der politischen Rechte hängt für die Frauen Die Kreuzzüge des Mittelalters galten der Eroberung eines Und sie werden siegen, denn mit ihnen ist der Geist der gelacht werden? Glaub's nicht, glaub's nicht. Zehn- bis Jch halte diese stürmische Propaganda der Stimmrecht- Petitionen, Reden, Schriften – sie schimmern nur matt Die Frucht der politischen Rechte hängt für die Frauen Die Kreuzzüge des Mittelalters galten der Eroberung eines Und sie werden siegen, denn mit ihnen ist der Geist der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="23"/> gelacht werden? Glaub's nicht, glaub's nicht. Zehn- bis<lb/> zwölftausend Frauen jeden Alters und Standes, vornehme<lb/> Damen, junge Mädchen, Arbeiterinnen, Studentinnen, Doktor-<lb/> innen, Gärtnerinnen, Schauspielerinnen, Pflegeschwestern, usw.<lb/> usw. kamen in wohlgeordnetem Zuge vorbei, angemessen an-<lb/> gezogen, die meisten „Damen“. Voraus ritt und ging Polizei.<lb/> Musikbanden (Militärmusik zum Teil) spielten in Abständen,<lb/> tausende von Bannern und Flaggen wehten. Auf beiden Seiten<lb/> stand dichtgedrängt das Publikum, das mit ernster Teilnahme<lb/> den Zug defilieren ließ. Jch stand im engsten Gewühl und<lb/> habe kein höhnisches, unfreundliches Wort gehört. Viel<lb/> sympathische Zurufe. Namentlich als die nach hunderten<lb/> zählende Schar der Studentinnen und Graduierten kam, in „cap<lb/> and gown“ wie’s ja hier alle Studenten tragen. Jch kann dir<lb/> sagen, mir kamen bei dieser würdigen und sehr imposanten<lb/> Demonstration geradezu die Tränen in die Augen und ich<lb/> dachte dein. Der Verkehr in der ganzen westlichen Stadt war<lb/> unterbrochen und niemand murrte. Abgesandte aus ganz Groß-<lb/> britanien und den Kolonien beteiligten sich.“</p><lb/> <p>Jch halte diese stürmische Propaganda der Stimmrecht-<lb/> lerinnen für nichts anderes als eine politische Taktik, die mög-<lb/> licherweise dem Geschmack und dem Temperament derer, die<lb/> sie in Scene setzen, gar nicht entspricht. Allein – sie haben<lb/> begriffen, daß sie aus dem Dämmer der Wünsche und Be-<lb/> gehrungen herausmüssen in den lichten Tag des Handelns.<lb/> Und sie vertauschen die stumpfe Waffe des Worts mit der<lb/> schneidenden der Tat. Zephire reinigen die Luft nicht. Der<lb/> Sturm tut's. Heroismus ist's zuweilen, so zu handeln, wie<lb/> man nicht handeln möchte.</p><lb/> <p>Petitionen, Reden, Schriften – sie schimmern nur matt<lb/> und langsam durch die Kulturwelt. Oeffentliche feierliche<lb/> Manifestationen wie die englischen gleichen Scheinwerfern. Jhre<lb/> Leuchtkraft wirkt in weite Fernen hinaus.</p><lb/> <p>Die Frucht der politischen Rechte hängt für die Frauen<lb/> noch hoch am Baum der Menschheit. Kraftvoll müssen sie<lb/> sich aufrecken, der Gefahr eines Sturzes trotzen, um sie zu<lb/> pflücken.</p><lb/> <p>Die Kreuzzüge des Mittelalters galten der Eroberung eines<lb/> heiligen Grabes. Nicht ein Grab wollen die modernen Ritter-<lb/> innen des Geistes den Ungläubigen entreißen, vielmehr um ein<lb/> volles, lebendiges Menschentum ringen sie mit ihnen.</p><lb/> <p>Und sie werden siegen, denn mit ihnen ist der Geist der<lb/> Zeit. Die Jdeen der Zeit – ein wogendes Aehrenfeld, das<lb/> goldene Ernten verheißt. Jdeen, die in die Seelen derer sich<lb/> versenken, die zur Aufnahme bereit sind. Das sind die Seelen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0024]
gelacht werden? Glaub's nicht, glaub's nicht. Zehn- bis
zwölftausend Frauen jeden Alters und Standes, vornehme
Damen, junge Mädchen, Arbeiterinnen, Studentinnen, Doktor-
innen, Gärtnerinnen, Schauspielerinnen, Pflegeschwestern, usw.
usw. kamen in wohlgeordnetem Zuge vorbei, angemessen an-
gezogen, die meisten „Damen“. Voraus ritt und ging Polizei.
Musikbanden (Militärmusik zum Teil) spielten in Abständen,
tausende von Bannern und Flaggen wehten. Auf beiden Seiten
stand dichtgedrängt das Publikum, das mit ernster Teilnahme
den Zug defilieren ließ. Jch stand im engsten Gewühl und
habe kein höhnisches, unfreundliches Wort gehört. Viel
sympathische Zurufe. Namentlich als die nach hunderten
zählende Schar der Studentinnen und Graduierten kam, in „cap
and gown“ wie’s ja hier alle Studenten tragen. Jch kann dir
sagen, mir kamen bei dieser würdigen und sehr imposanten
Demonstration geradezu die Tränen in die Augen und ich
dachte dein. Der Verkehr in der ganzen westlichen Stadt war
unterbrochen und niemand murrte. Abgesandte aus ganz Groß-
britanien und den Kolonien beteiligten sich.“
Jch halte diese stürmische Propaganda der Stimmrecht-
lerinnen für nichts anderes als eine politische Taktik, die mög-
licherweise dem Geschmack und dem Temperament derer, die
sie in Scene setzen, gar nicht entspricht. Allein – sie haben
begriffen, daß sie aus dem Dämmer der Wünsche und Be-
gehrungen herausmüssen in den lichten Tag des Handelns.
Und sie vertauschen die stumpfe Waffe des Worts mit der
schneidenden der Tat. Zephire reinigen die Luft nicht. Der
Sturm tut's. Heroismus ist's zuweilen, so zu handeln, wie
man nicht handeln möchte.
Petitionen, Reden, Schriften – sie schimmern nur matt
und langsam durch die Kulturwelt. Oeffentliche feierliche
Manifestationen wie die englischen gleichen Scheinwerfern. Jhre
Leuchtkraft wirkt in weite Fernen hinaus.
Die Frucht der politischen Rechte hängt für die Frauen
noch hoch am Baum der Menschheit. Kraftvoll müssen sie
sich aufrecken, der Gefahr eines Sturzes trotzen, um sie zu
pflücken.
Die Kreuzzüge des Mittelalters galten der Eroberung eines
heiligen Grabes. Nicht ein Grab wollen die modernen Ritter-
innen des Geistes den Ungläubigen entreißen, vielmehr um ein
volles, lebendiges Menschentum ringen sie mit ihnen.
Und sie werden siegen, denn mit ihnen ist der Geist der
Zeit. Die Jdeen der Zeit – ein wogendes Aehrenfeld, das
goldene Ernten verheißt. Jdeen, die in die Seelen derer sich
versenken, die zur Aufnahme bereit sind. Das sind die Seelen
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(2017-09-14T13:15:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
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Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja; /p>
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