Döpler, Jacob: Theatripoenarum, Suppliciorum Et Executionum Crminalium, Oder Schau-Platzes Derer Leibes- und Lebens-Strafen. Bd. 2. Leipzig, 1697.hoch heilig Fest wäre/ welches billig mit inniglicher Andacht müste gefeyert werden/ habe pflegen zu antworten: Man solte ihn mit solchen Possen ungefopt lassen: Ob sie denn nicht wüsten daß ihm zehenmahl mehr an der Jagd/ als am Kirchengehen gelegen? Jetzt wäre die beste Zeit; Nachmittages liesse sich kein Wild leichtlich fangen! XV. Wie es nun mit diesen verwildeten und Jagd-süchtigen Edelmann zum Sterben / und er auf sein Todten-Bette zu liegen gekommen/ hat sein Seelsorger ihn erinnert/ und gebeten/ er wolle doch an GOtt gedencken und ja fleißig beten. Worauf er zur Antwort/ auf gut Holsteinisch/ gesprochen: Ja/ ja dat kümt wol! als wolte ersagen: damit hat es noch gute Zeit: es ist noch nicht an dem! Mag leicht/ daß man ein Vater Unser betet. Der Todes- oder vielmehr Seelen- und Lebens-Verächter ließ endlich seinen Jäger fordern/ und befahl ihm/ daß er frisch in sein grosses Horn blasen solte / damit alle seinen Hunde/ deren er eine ungläubliche Menge hielte/ zu ihm/ in seine Sterb-Cammer bey einander kämen/ und er sein Hertz doch noch einmahl an ihnen möchte erqvicken. Als nun die Hunde sich auf des Jägers Geruf/ häusfig einstelleten/ und ihren Gebrauch nach/ erschrecklich anfiengen zu heulen/ da schlug er seine Hände andächtig zusammen/ und sagte/ die Augen stets auf die Hunde richtend/ mit hertz beweglicher lauter Stimme zu den Umstehenden/ welche nur warteten wenn ihm die Seele ausfahren würde: O du leve GOtt! wat lahte ick dar ein arm elend Hüpken achter my! (ach du lieber GOtt/ was lasse ich da ein armes elendes Häufgen hinter mir) welche poßirliche Rede fast alle Anwesende zum Lachen bewegte: Denn er in der letzten Stunde/ da Leib und Seel von einander solten scheiden/ sich gar nicht umb seine Seeligkeit/ noch umb sein Weib und Kinder/ sondern bloß und allein umb seine Jagd- und Wind-Hunde bekümmerte/ die beklagte er auf das allereuserste/ fuhr auch in solchen schönen Christlichen Gedancken dahin: Vielleicht zu erfahren/ ob er auch nach dem Tode mit seinen allerliebsten Hunden die Haasen und andres Wild könne verfolgen/ und also ewig ein Jäger bleiben. XVI. Erasmus Francisci in oberwehnten Neupolirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel/ lib. 5. disc. 6. pag. 1471. berichtet/ daß er selbsten einen Reichen von Adel gekannt/ der fast täglich auf die Jagd ritte/ und strapezirte seine Leute tapfer. Die Jaad-Hunde hatten es besser/ als die Bauren/ so bey den Netzen/ mit ihren Spiessen musten aufwarten: denn wenn jene irgend das wild lauffen liessen/ geschahe ihnen nichts; man gab ihnen dennoch ihre Suppen. Versahen aber diese etwas/ so war der harte/ blaue hoch heilig Fest wäre/ welches billig mit inniglicher Andacht müste gefeyert werden/ habe pflegen zu antworten: Man solte ihn mit solchen Possen ungefopt lassen: Ob sie denn nicht wüsten daß ihm zehenmahl mehr an der Jagd/ als am Kirchengehen gelegen? Jetzt wäre die beste Zeit; Nachmittages liesse sich kein Wild leichtlich fangen! XV. Wie es nun mit diesen verwildeten und Jagd-süchtigen Edelmann zum Sterben / und er auf sein Todten-Bette zu liegen gekommen/ hat sein Seelsorger ihn erinnert/ und gebeten/ er wolle doch an GOtt gedencken und ja fleißig beten. Worauf er zur Antwort/ auf gut Holsteinisch/ gesprochen: Ja/ ja dat kümt wol! als wolte ersagen: damit hat es noch gute Zeit: es ist noch nicht an dem! Mag leicht/ daß man ein Vater Unser betet. Der Todes- oder vielmehr Seelen- und Lebens-Verächter ließ endlich seinen Jäger fordern/ und befahl ihm/ daß er frisch in sein grosses Horn blasen solte / damit alle seinen Hunde/ deren er eine ungläubliche Menge hielte/ zu ihm/ in seine Sterb-Cammer bey einander kämen/ und er sein Hertz doch noch einmahl an ihnen möchte erqvicken. Als nun die Hunde sich auf des Jägers Geruf/ häusfig einstelleten/ und ihren Gebrauch nach/ erschrecklich anfiengen zu heulen/ da schlug er seine Hände andächtig zusammen/ und sagte/ die Augen stets auf die Hunde richtend/ mit hertz beweglicher lauter Stimme zu den Umstehenden/ welche nur warteten wenn ihm die Seele ausfahren würde: O du leve GOtt! wat lahte ick dar ein arm elend Hüpken achter my! (ach du lieber GOtt/ was lasse ich da ein armes elendes Häufgen hinter mir) welche poßirliche Rede fast alle Anwesende zum Lachen bewegte: Denn er in der letzten Stunde/ da Leib und Seel von einander solten scheiden/ sich gar nicht umb seine Seeligkeit/ noch umb sein Weib und Kinder/ sondern bloß und allein umb seine Jagd- und Wind-Hunde bekümmerte/ die beklagte er auf das allereuserste/ fuhr auch in solchen schönen Christlichen Gedancken dahin: Vielleicht zu erfahren/ ob er auch nach dem Tode mit seinen allerliebsten Hunden die Haasen und andres Wild könne verfolgen/ und also ewig ein Jäger bleiben. XVI. Erasmus Francisci in oberwehnten Neupolirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel/ lib. 5. disc. 6. pag. 1471. berichtet/ daß er selbsten einen Reichen von Adel gekannt/ der fast täglich auf die Jagd ritte/ und strapezirte seine Leute tapfer. Die Jaad-Hunde hatten es besser/ als die Bauren/ so bey den Netzen/ mit ihren Spiessen musten aufwarten: denn wenn jene irgend das wild lauffen liessen/ geschahe ihnen nichts; man gab ihnen dennoch ihre Suppen. Versahen aber diese etwas/ so war der harte/ blaue <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0488" n="478"/> hoch heilig Fest wäre/ welches billig mit inniglicher Andacht müste gefeyert werden/ habe pflegen zu antworten: Man solte ihn mit solchen Possen ungefopt lassen: Ob sie denn nicht wüsten daß ihm zehenmahl mehr an der Jagd/ als am Kirchengehen gelegen? Jetzt wäre die beste Zeit; Nachmittages liesse sich kein Wild leichtlich fangen!</p> <p>XV. Wie es nun mit diesen verwildeten und Jagd-süchtigen Edelmann zum Sterben / und er auf sein Todten-Bette zu liegen gekommen/ hat sein Seelsorger ihn erinnert/ und gebeten/ er wolle doch an GOtt gedencken und ja fleißig beten. Worauf er zur Antwort/ auf gut Holsteinisch/ gesprochen: Ja/ ja dat kümt wol! als wolte ersagen: damit hat es noch gute Zeit: es ist noch nicht an dem! Mag leicht/ daß man ein Vater Unser betet.</p> <p>Der Todes- oder vielmehr Seelen- und Lebens-Verächter ließ endlich seinen Jäger fordern/ und befahl ihm/ daß er frisch in sein grosses Horn blasen solte / damit alle seinen Hunde/ deren er eine ungläubliche Menge hielte/ zu ihm/ in seine Sterb-Cammer bey einander kämen/ und er sein Hertz doch noch einmahl an ihnen möchte erqvicken. Als nun die Hunde sich auf des Jägers Geruf/ häusfig einstelleten/ und ihren Gebrauch nach/ erschrecklich anfiengen zu heulen/ da schlug er seine Hände andächtig zusammen/ und sagte/ die Augen stets auf die Hunde richtend/ mit hertz beweglicher lauter Stimme zu den Umstehenden/ welche nur warteten wenn ihm die Seele ausfahren würde: O du leve GOtt! wat lahte ick dar ein arm elend Hüpken achter my! (ach du lieber GOtt/ was lasse ich da ein armes elendes Häufgen hinter mir) welche poßirliche Rede fast alle Anwesende zum Lachen bewegte: Denn er in der letzten Stunde/ da Leib und Seel von einander solten scheiden/ sich gar nicht umb seine Seeligkeit/ noch umb sein Weib und Kinder/ sondern bloß und allein umb seine Jagd- und Wind-Hunde bekümmerte/ die beklagte er auf das allereuserste/ fuhr auch in solchen schönen Christlichen Gedancken dahin: Vielleicht zu erfahren/ ob er auch nach dem Tode mit seinen allerliebsten Hunden die Haasen und andres Wild könne verfolgen/ und also ewig ein Jäger bleiben.</p> <p>XVI. Erasmus Francisci in oberwehnten Neupolirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel/ lib. 5. disc. 6. pag. 1471. berichtet/ daß er selbsten einen Reichen von Adel gekannt/ der fast täglich auf die Jagd ritte/ und strapezirte seine Leute tapfer. Die Jaad-Hunde hatten es besser/ als die Bauren/ so bey den Netzen/ mit ihren Spiessen musten aufwarten: denn wenn jene irgend das wild lauffen liessen/ geschahe ihnen nichts; man gab ihnen dennoch ihre Suppen. Versahen aber diese etwas/ so war der harte/ blaue </p> </div> </body> </text> </TEI> [478/0488]
hoch heilig Fest wäre/ welches billig mit inniglicher Andacht müste gefeyert werden/ habe pflegen zu antworten: Man solte ihn mit solchen Possen ungefopt lassen: Ob sie denn nicht wüsten daß ihm zehenmahl mehr an der Jagd/ als am Kirchengehen gelegen? Jetzt wäre die beste Zeit; Nachmittages liesse sich kein Wild leichtlich fangen!
XV. Wie es nun mit diesen verwildeten und Jagd-süchtigen Edelmann zum Sterben / und er auf sein Todten-Bette zu liegen gekommen/ hat sein Seelsorger ihn erinnert/ und gebeten/ er wolle doch an GOtt gedencken und ja fleißig beten. Worauf er zur Antwort/ auf gut Holsteinisch/ gesprochen: Ja/ ja dat kümt wol! als wolte ersagen: damit hat es noch gute Zeit: es ist noch nicht an dem! Mag leicht/ daß man ein Vater Unser betet.
Der Todes- oder vielmehr Seelen- und Lebens-Verächter ließ endlich seinen Jäger fordern/ und befahl ihm/ daß er frisch in sein grosses Horn blasen solte / damit alle seinen Hunde/ deren er eine ungläubliche Menge hielte/ zu ihm/ in seine Sterb-Cammer bey einander kämen/ und er sein Hertz doch noch einmahl an ihnen möchte erqvicken. Als nun die Hunde sich auf des Jägers Geruf/ häusfig einstelleten/ und ihren Gebrauch nach/ erschrecklich anfiengen zu heulen/ da schlug er seine Hände andächtig zusammen/ und sagte/ die Augen stets auf die Hunde richtend/ mit hertz beweglicher lauter Stimme zu den Umstehenden/ welche nur warteten wenn ihm die Seele ausfahren würde: O du leve GOtt! wat lahte ick dar ein arm elend Hüpken achter my! (ach du lieber GOtt/ was lasse ich da ein armes elendes Häufgen hinter mir) welche poßirliche Rede fast alle Anwesende zum Lachen bewegte: Denn er in der letzten Stunde/ da Leib und Seel von einander solten scheiden/ sich gar nicht umb seine Seeligkeit/ noch umb sein Weib und Kinder/ sondern bloß und allein umb seine Jagd- und Wind-Hunde bekümmerte/ die beklagte er auf das allereuserste/ fuhr auch in solchen schönen Christlichen Gedancken dahin: Vielleicht zu erfahren/ ob er auch nach dem Tode mit seinen allerliebsten Hunden die Haasen und andres Wild könne verfolgen/ und also ewig ein Jäger bleiben.
XVI. Erasmus Francisci in oberwehnten Neupolirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel/ lib. 5. disc. 6. pag. 1471. berichtet/ daß er selbsten einen Reichen von Adel gekannt/ der fast täglich auf die Jagd ritte/ und strapezirte seine Leute tapfer. Die Jaad-Hunde hatten es besser/ als die Bauren/ so bey den Netzen/ mit ihren Spiessen musten aufwarten: denn wenn jene irgend das wild lauffen liessen/ geschahe ihnen nichts; man gab ihnen dennoch ihre Suppen. Versahen aber diese etwas/ so war der harte/ blaue
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