Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693.

Bild:
<< vorherige Seite

IX. Olim quoque praeceptores manaus discipulorum ferula caedebant tantum, sed jam nec scopae ullae, nec fustes, nec verbera improbitati puerorum sufficiunt. Martialis lib. 14. ferulas appellat tristes, sceptra[unleserliches Material] paedagogorum. Erasm. in Proverb Contra retiaerum ferula ligni genus est, [inquit] quo quondam pueri cedebantur, at[unleserliches Material] item milites, si quid contra disciplinam facere viderentur. Eine Pritsche.

X. Die Türcken halten in ihren Schulen die Kinder nicht in so harter Furcht und Zucht/ wie wir Teutschen: Da man denselben durch pochen/ schnarchen/ schlagen und stoßen alle Liebe und Lust zu lernen vertreibet. Sie straffen und züchtigen zwar die kindlichen Fehler auch: Jedoch mit Bescheidenheit/ und setzen dabey / welches eines Lehrmeisters fürnehmste Tugend ist/ die Gedult nicht an die Seiten. Muß es ja geschlagen seyn/ schmeißen sie dieselben auf die bloße Fußsolen mit einen Stäbelein: Denn die Ruthe braucht man bey ihnen gar nicht.

S. Schweiger/ in Beschreibung der Stadt Constantinopel/ c. 21.

In Persien wird es eben also gehalten.

Vid. Caput. von der Falaka,

Die Japaner lassen ihre Kinder mit Sanfftmuth/ Zureden und guten Worten unterweisen/ denn sie sind so gearthet/ daß sie mit keinen steiffen Zaum wollen gelencket seyn. Die Kinder reitzet man durch Ehrsucht gegen einander / die ihnen ohnedem angebohren zu seyn scheinet; und darum wenden sie allen Fleiß an/ andern ihres gleichen den Preiß im Lernen abzugewinnen.

Erasm. Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel/ lib. 2. discurs. 38. pag. 832.

XI. Es lässet sich aber eine so gelinde Zucht nicht allenthalben nützlich practiciren/ und stehet uns Teutschen nicht zuverdencken/ wenn wir unsere Jugend ein wenig härter [iedoch gar zu strenge tauget auch nicht] halten/ als etwan andere Nationes ihre Kinder: In Betrachtung daß die Teutsche Nation von Natur mehr zur Freyheit und Licenz geneiget ist/ denn andere. Daher man an den muth willigen Kindern billig mit einer schärfern Disciplin die wilde Rancken oder Reiser des Muthwillens beschneidet. Gleichwie man den Staub nicht aus dem Gewand bringt /

IX. Olim quoque praeceptores manûs discipulorum ferula caedebant tantùm, sed jam nec scopae ullae, nec fustes, nec verbera improbitati puerorum sufficiunt. Martialis lib. 14. ferulas appellat tristes, sceptra[unleserliches Material] paedagogorum. Erasm. in Proverb Contra retiaerum ferula ligni genus est, [inquit] quo quondam pueri cedebantur, at[unleserliches Material] item milites, si quid contra disciplinam facere viderentur. Eine Pritsche.

X. Die Türcken halten in ihren Schulen die Kinder nicht in so harter Furcht und Zucht/ wie wir Teutschen: Da man denselben durch pochen/ schnarchen/ schlagen und stoßen alle Liebe und Lust zu lernen vertreibet. Sie straffen und züchtigen zwar die kindlichen Fehler auch: Jedoch mit Bescheidenheit/ und setzen dabey / welches eines Lehrmeisters fürnehmste Tugend ist/ die Gedult nicht an die Seiten. Muß es ja geschlagen seyn/ schmeißen sie dieselben auf die bloße Fußsolen mit einen Stäbelein: Denn die Ruthe braucht man bey ihnen gar nicht.

S. Schweiger/ in Beschreibung der Stadt Constantinopel/ c. 21.

In Persien wird es eben also gehalten.

Vid. Caput. von der Falaka,

Die Japaner lassen ihre Kinder mit Sanfftmuth/ Zureden und guten Worten unterweisen/ denn sie sind so gearthet/ daß sie mit keinen steiffen Zaum wollen gelencket seyn. Die Kinder reitzet man durch Ehrsucht gegen einander / die ihnen ohnedem angebohren zu seyn scheinet; und darum wenden sie allen Fleiß an/ andern ihres gleichen den Preiß im Lernen abzugewinnen.

Erasm. Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel/ lib. 2. discurs. 38. pag. 832.

XI. Es lässet sich aber eine so gelinde Zucht nicht allenthalben nützlich practiciren/ und stehet uns Teutschen nicht zuverdencken/ wenn wir unsere Jugend ein wenig härter [iedoch gar zu strenge tauget auch nicht] halten/ als etwan andere Nationes ihre Kinder: In Betrachtung daß die Teutsche Nation von Natur mehr zur Freyheit und Licenz geneiget ist/ denn andere. Daher man an den muth willigen Kindern billig mit einer schärfern Disciplin die wilde Rancken oder Reiser des Muthwillens beschneidet. Gleichwie man den Staub nicht aus dem Gewand bringt /

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0750" n="734"/>
        <p>IX. Olim quoque praeceptores manûs discipulorum ferula caedebant tantùm, sed jam                      nec scopae ullae, nec fustes, nec verbera improbitati puerorum sufficiunt.                      Martialis lib. 14. ferulas appellat tristes, sceptra<gap reason="illegible"/> paedagogorum. Erasm. in                      Proverb Contra retiaerum ferula ligni genus est, [inquit] quo quondam pueri                      cedebantur, at<gap reason="illegible"/> item milites, si quid contra disciplinam facere viderentur.                      Eine Pritsche.</p>
        <p>X. Die Türcken halten in ihren Schulen die Kinder nicht in so harter Furcht und                      Zucht/ wie wir Teutschen: Da man denselben durch pochen/ schnarchen/ schlagen                      und stoßen alle Liebe und Lust zu lernen vertreibet. Sie straffen und züchtigen                      zwar die kindlichen Fehler auch: Jedoch mit Bescheidenheit/ und setzen dabey /                      welches eines Lehrmeisters fürnehmste Tugend ist/ die Gedult nicht an die                      Seiten. Muß es ja geschlagen seyn/ schmeißen sie dieselben auf die bloße                      Fußsolen mit einen Stäbelein: Denn die Ruthe braucht man bey ihnen gar                      nicht.</p>
        <p>S. Schweiger/ in Beschreibung der Stadt Constantinopel/ c. 21.</p>
        <p>In Persien wird es eben also gehalten.</p>
        <p>Vid. Caput. von der Falaka,</p>
        <p>Die Japaner lassen ihre Kinder mit Sanfftmuth/ Zureden und guten Worten                      unterweisen/ denn sie sind so gearthet/ daß sie mit keinen steiffen Zaum                      wollen gelencket seyn. Die Kinder reitzet man durch Ehrsucht gegen einander /                      die ihnen ohnedem angebohren zu seyn scheinet; und darum wenden sie allen Fleiß                      an/ andern ihres gleichen den Preiß im Lernen abzugewinnen.</p>
        <p>Erasm. Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel/ lib. 2.                      discurs. 38. pag. 832.</p>
        <p>XI. Es lässet sich aber eine so gelinde Zucht nicht allenthalben nützlich                      practiciren/ und stehet uns Teutschen nicht zuverdencken/ wenn wir unsere                      Jugend ein wenig härter [iedoch gar zu strenge tauget auch nicht] halten/ als                      etwan andere Nationes ihre Kinder: In Betrachtung daß die Teutsche Nation von                      Natur mehr zur Freyheit und Licenz geneiget ist/ denn andere. Daher man an den                      muth willigen Kindern billig mit einer schärfern Disciplin die wilde Rancken                      oder Reiser des Muthwillens beschneidet. Gleichwie man den Staub nicht aus dem                      Gewand bringt /
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[734/0750] IX. Olim quoque praeceptores manûs discipulorum ferula caedebant tantùm, sed jam nec scopae ullae, nec fustes, nec verbera improbitati puerorum sufficiunt. Martialis lib. 14. ferulas appellat tristes, sceptra_ paedagogorum. Erasm. in Proverb Contra retiaerum ferula ligni genus est, [inquit] quo quondam pueri cedebantur, at_ item milites, si quid contra disciplinam facere viderentur. Eine Pritsche. X. Die Türcken halten in ihren Schulen die Kinder nicht in so harter Furcht und Zucht/ wie wir Teutschen: Da man denselben durch pochen/ schnarchen/ schlagen und stoßen alle Liebe und Lust zu lernen vertreibet. Sie straffen und züchtigen zwar die kindlichen Fehler auch: Jedoch mit Bescheidenheit/ und setzen dabey / welches eines Lehrmeisters fürnehmste Tugend ist/ die Gedult nicht an die Seiten. Muß es ja geschlagen seyn/ schmeißen sie dieselben auf die bloße Fußsolen mit einen Stäbelein: Denn die Ruthe braucht man bey ihnen gar nicht. S. Schweiger/ in Beschreibung der Stadt Constantinopel/ c. 21. In Persien wird es eben also gehalten. Vid. Caput. von der Falaka, Die Japaner lassen ihre Kinder mit Sanfftmuth/ Zureden und guten Worten unterweisen/ denn sie sind so gearthet/ daß sie mit keinen steiffen Zaum wollen gelencket seyn. Die Kinder reitzet man durch Ehrsucht gegen einander / die ihnen ohnedem angebohren zu seyn scheinet; und darum wenden sie allen Fleiß an/ andern ihres gleichen den Preiß im Lernen abzugewinnen. Erasm. Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel/ lib. 2. discurs. 38. pag. 832. XI. Es lässet sich aber eine so gelinde Zucht nicht allenthalben nützlich practiciren/ und stehet uns Teutschen nicht zuverdencken/ wenn wir unsere Jugend ein wenig härter [iedoch gar zu strenge tauget auch nicht] halten/ als etwan andere Nationes ihre Kinder: In Betrachtung daß die Teutsche Nation von Natur mehr zur Freyheit und Licenz geneiget ist/ denn andere. Daher man an den muth willigen Kindern billig mit einer schärfern Disciplin die wilde Rancken oder Reiser des Muthwillens beschneidet. Gleichwie man den Staub nicht aus dem Gewand bringt /

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693/750
Zitationshilfe: Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693, S. 734. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693/750>, abgerufen am 22.11.2024.