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Dincklage, Emmy von: Der Striethast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [180]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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einem Brief von Archangel, damit Einer die Arbeit thäte -- er kann es ja nicht! --

Erzähl mir, wie das Gesage ist -- Wort für Wort!

Durch hundert Jahr soll nie der älteste Sohn den Felgenhof auf seinen Sohn vererben, er kommt auf den Bruder oder den Sohnes-Sohn oder einen Ohm -- immer in die dritte Hand!

Wie lange dauert das schon?

Du meinst, fragte Rolf, wie lange muß es noch dauern? Wenn du mir deine Hand giebst, Anntrin, so will ich es dir sagen. Hier unter den Tannen, wo es so dunkel ist wie in Aegypten, wird kein Mensch erfahren, ob du mir die Hand giebst; aber ich rechne, es soll nicht lange dauern, dann sehen es alle Leute in der Kirche?

Ein Glück verheißender Druck erwiderte den von seiner Rechten ausgehenden, zugleich fragte die Erwählte seines Herzens neugierig: Ist es in Aegyptenland immer dunkel?

Nein, nur ein halbes Jahr, und dann ist es wieder dreiviertel Jahr Tag, und so immer weiter, auf Island und Spitzbergen ganz dasselbe; die Leute bauen daselbst ihre Häuser aus Schnee, und so wie wir unsere Pferde, haben sie Eisbären, die sie anspannen. Aber Anntrin, verlangt dich's nicht zu wissen, wennehr der Felgenhof von dem Gesage frei wird?

Gewiß verlangt mich's -- was du doch Alles erlebt hast, Rolf! Ich bin nicht bange, gar nicht,

einem Brief von Archangel, damit Einer die Arbeit thäte — er kann es ja nicht! —

Erzähl mir, wie das Gesage ist — Wort für Wort!

Durch hundert Jahr soll nie der älteste Sohn den Felgenhof auf seinen Sohn vererben, er kommt auf den Bruder oder den Sohnes-Sohn oder einen Ohm — immer in die dritte Hand!

Wie lange dauert das schon?

Du meinst, fragte Rolf, wie lange muß es noch dauern? Wenn du mir deine Hand giebst, Anntrin, so will ich es dir sagen. Hier unter den Tannen, wo es so dunkel ist wie in Aegypten, wird kein Mensch erfahren, ob du mir die Hand giebst; aber ich rechne, es soll nicht lange dauern, dann sehen es alle Leute in der Kirche?

Ein Glück verheißender Druck erwiderte den von seiner Rechten ausgehenden, zugleich fragte die Erwählte seines Herzens neugierig: Ist es in Aegyptenland immer dunkel?

Nein, nur ein halbes Jahr, und dann ist es wieder dreiviertel Jahr Tag, und so immer weiter, auf Island und Spitzbergen ganz dasselbe; die Leute bauen daselbst ihre Häuser aus Schnee, und so wie wir unsere Pferde, haben sie Eisbären, die sie anspannen. Aber Anntrin, verlangt dich's nicht zu wissen, wennehr der Felgenhof von dem Gesage frei wird?

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[0014] einem Brief von Archangel, damit Einer die Arbeit thäte — er kann es ja nicht! — Erzähl mir, wie das Gesage ist — Wort für Wort! Durch hundert Jahr soll nie der älteste Sohn den Felgenhof auf seinen Sohn vererben, er kommt auf den Bruder oder den Sohnes-Sohn oder einen Ohm — immer in die dritte Hand! Wie lange dauert das schon? Du meinst, fragte Rolf, wie lange muß es noch dauern? Wenn du mir deine Hand giebst, Anntrin, so will ich es dir sagen. Hier unter den Tannen, wo es so dunkel ist wie in Aegypten, wird kein Mensch erfahren, ob du mir die Hand giebst; aber ich rechne, es soll nicht lange dauern, dann sehen es alle Leute in der Kirche? Ein Glück verheißender Druck erwiderte den von seiner Rechten ausgehenden, zugleich fragte die Erwählte seines Herzens neugierig: Ist es in Aegyptenland immer dunkel? Nein, nur ein halbes Jahr, und dann ist es wieder dreiviertel Jahr Tag, und so immer weiter, auf Island und Spitzbergen ganz dasselbe; die Leute bauen daselbst ihre Häuser aus Schnee, und so wie wir unsere Pferde, haben sie Eisbären, die sie anspannen. Aber Anntrin, verlangt dich's nicht zu wissen, wennehr der Felgenhof von dem Gesage frei wird? Gewiß verlangt mich's — was du doch Alles erlebt hast, Rolf! Ich bin nicht bange, gar nicht,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:59:48Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:59:48Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Dincklage, Emmy von: Der Striethast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [180]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dincklage_striethast_1910/14>, abgerufen am 24.11.2024.