Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482.pdi_378.001 Wir gehen weiter. Von der Verbindung und Abfolge der pdi_378.006 pdi_378.001 Wir gehen weiter. Von der Verbindung und Abfolge der pdi_378.006 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0080" n="378"/><lb n="pdi_378.001"/> und Abnehmen, welche ebenfalls die ästhetische Wirkung <lb n="pdi_378.002"/> regeln und von Fechner im Princip der Summirung, Abstumpfung, <lb n="pdi_378.003"/> Ue bersättigung, Gewöhnung wie des Wechsels behandelt worden <lb n="pdi_378.004"/> sind.</p> <lb n="pdi_378.005"/> <p> Wir gehen weiter. Von der Verbindung und Abfolge der <lb n="pdi_378.006"/> elementaren Gefühle und den so entstehenden Verhältnissen <lb n="pdi_378.007"/> wenden wir uns zu dem Problem ihrer <hi rendition="#g">Reproduction</hi> oder <lb n="pdi_378.008"/> Erneuerung. Wir betreten hier ein sehr dunkles Gebiet. Der <lb n="pdi_378.009"/> Reproduction auf Grund von Association, die zwischen Vorstellungen <lb n="pdi_378.010"/> obwaltet, entsprechen hier Vorgänge, die doch zugleich <lb n="pdi_378.011"/> auf eine andere Art des Verhaltens von Gefühlen zu <lb n="pdi_378.012"/> einander und zu Vorstellungen hinweisen. Hier halten wir uns an <lb n="pdi_378.013"/> das Einfache und Sichere. Gefühle werden von den Bedingungen <lb n="pdi_378.014"/> aus, welche sie ehemals hervorgebracht haben, so lange diese <lb n="pdi_378.015"/> Bedingungen zu den Lebensbedürfnissen des Individuums dasselbe <lb n="pdi_378.016"/> Verhältniss behalten, erneuert, mag man diese Erneuerung als <lb n="pdi_378.017"/> Reproduction oder als eine wiederholte Entstehung aus denselben <lb n="pdi_378.018"/> Antecedenzien auffassen. Die Thatsache eines Verlustes ruft so <lb n="pdi_378.019"/> lange ein Schmerzgefühl bei der Wiederholung der Vorstellung <lb n="pdi_378.020"/> hervor, als mit diesem Verlust eine Verminderung des Selbst <lb n="pdi_378.021"/> verbunden bleibt; ist dies nicht mehr der Fall, so wird <lb n="pdi_378.022"/> der Verlust gleichgültig vorgestellt. Indem nun aber eine Vorstellung <lb n="pdi_378.023"/> mit einer anderen, welche einen Reiz für das Gefühl <lb n="pdi_378.024"/> bildet, nach den Gesetzen der Association und Verschmelzung <lb n="pdi_378.025"/> in Beziehung steht, wird diese erste Vorstellung durch ein <lb n="pdi_378.026"/> Princip der Association Träger eines Gefühlsgehaltes. Jedes <lb n="pdi_378.027"/> Ding, das durch das Leben uns verbunden ist, ist ja für uns <lb n="pdi_378.028"/> wie erfüllt mit Allem, was wir über dasselbe erfahren haben <lb n="pdi_378.029"/> oder was über ein ihm ähnliches Ding erfahren worden ist. <lb n="pdi_378.030"/> Was kann nicht ein Duft, den wir einathmen, ein wehendes <lb n="pdi_378.031"/> Blatt im Herbstwinde uns sagen! Dies dürre Blatt, das langsam <lb n="pdi_378.032"/> zum Boden getragen wird, enthält als sinnliches Bild wenig, das <lb n="pdi_378.033"/> einen ästhetischen Eindruck hervorrufen könnte; aber all die <lb n="pdi_378.034"/> Gedanken, die von ihm aufgerufen werden, erneuern in uns <lb n="pdi_378.035"/> Gefühle, die sich zu einem starken ästhetischen Eindruck vereinigen. <lb n="pdi_378.036"/> Hierzu kommt, dass durch eine Art von Uebertragung </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [378/0080]
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und Abnehmen, welche ebenfalls die ästhetische Wirkung pdi_378.002
regeln und von Fechner im Princip der Summirung, Abstumpfung, pdi_378.003
Ue bersättigung, Gewöhnung wie des Wechsels behandelt worden pdi_378.004
sind.
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Wir gehen weiter. Von der Verbindung und Abfolge der pdi_378.006
elementaren Gefühle und den so entstehenden Verhältnissen pdi_378.007
wenden wir uns zu dem Problem ihrer Reproduction oder pdi_378.008
Erneuerung. Wir betreten hier ein sehr dunkles Gebiet. Der pdi_378.009
Reproduction auf Grund von Association, die zwischen Vorstellungen pdi_378.010
obwaltet, entsprechen hier Vorgänge, die doch zugleich pdi_378.011
auf eine andere Art des Verhaltens von Gefühlen zu pdi_378.012
einander und zu Vorstellungen hinweisen. Hier halten wir uns an pdi_378.013
das Einfache und Sichere. Gefühle werden von den Bedingungen pdi_378.014
aus, welche sie ehemals hervorgebracht haben, so lange diese pdi_378.015
Bedingungen zu den Lebensbedürfnissen des Individuums dasselbe pdi_378.016
Verhältniss behalten, erneuert, mag man diese Erneuerung als pdi_378.017
Reproduction oder als eine wiederholte Entstehung aus denselben pdi_378.018
Antecedenzien auffassen. Die Thatsache eines Verlustes ruft so pdi_378.019
lange ein Schmerzgefühl bei der Wiederholung der Vorstellung pdi_378.020
hervor, als mit diesem Verlust eine Verminderung des Selbst pdi_378.021
verbunden bleibt; ist dies nicht mehr der Fall, so wird pdi_378.022
der Verlust gleichgültig vorgestellt. Indem nun aber eine Vorstellung pdi_378.023
mit einer anderen, welche einen Reiz für das Gefühl pdi_378.024
bildet, nach den Gesetzen der Association und Verschmelzung pdi_378.025
in Beziehung steht, wird diese erste Vorstellung durch ein pdi_378.026
Princip der Association Träger eines Gefühlsgehaltes. Jedes pdi_378.027
Ding, das durch das Leben uns verbunden ist, ist ja für uns pdi_378.028
wie erfüllt mit Allem, was wir über dasselbe erfahren haben pdi_378.029
oder was über ein ihm ähnliches Ding erfahren worden ist. pdi_378.030
Was kann nicht ein Duft, den wir einathmen, ein wehendes pdi_378.031
Blatt im Herbstwinde uns sagen! Dies dürre Blatt, das langsam pdi_378.032
zum Boden getragen wird, enthält als sinnliches Bild wenig, das pdi_378.033
einen ästhetischen Eindruck hervorrufen könnte; aber all die pdi_378.034
Gedanken, die von ihm aufgerufen werden, erneuern in uns pdi_378.035
Gefühle, die sich zu einem starken ästhetischen Eindruck vereinigen. pdi_378.036
Hierzu kommt, dass durch eine Art von Uebertragung
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