Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482.pdi_336.001 Auch können die Einzelformen der Dichtung nicht durch pdi_336.012 So wird die Poetik den Vorzug nutzen müssen, mit den pdi_336.018 pdi_336.029 Beschreibung der Organisation des Dichters. pdi_336.030 1. Die Vorgänge in seinem Seelenleben, abgesehen pdi_336.031 pdi_336.032von seiner besonderen Organisation. Als das Einfachste und Nächste erscheint, nach literarischer pdi_336.033 pdi_336.001 Auch können die Einzelformen der Dichtung nicht durch pdi_336.012 So wird die Poetik den Vorzug nutzen müssen, mit den pdi_336.018 pdi_336.029 Beschreibung der Organisation des Dichters. pdi_336.030 1. Die Vorgänge in seinem Seelenleben, abgesehen pdi_336.031 pdi_336.032von seiner besonderen Organisation. Als das Einfachste und Nächste erscheint, nach literarischer pdi_336.033 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0038" n="336"/><lb n="pdi_336.001"/> auch in ihrer Technik geschichtlich bedingt. Als allgemeingültig <lb n="pdi_336.002"/> betrachtet sich die poetische Technik nur, weil ihr das <lb n="pdi_336.003"/> historische Bewusstsein fehlt. Auch die altenglischen Dichter, <lb n="pdi_336.004"/> besonders Shakespeare, haben ohne Zweifel so gut als die spanischen <lb n="pdi_336.005"/> oder französischen ein langes Nachdenken auf die von <lb n="pdi_336.006"/> ihnen geschaffene meisterhafte Technik verwandt, und Otto <lb n="pdi_336.007"/> Ludwig hat sich das grosse Verdienst erworben, diese Technik <lb n="pdi_336.008"/> mit dem congenialen Tiefsinn eines ächten dramatischen Dichters <lb n="pdi_336.009"/> zu analysiren; nur dass er ihren geschichtlichen Ursprung <lb n="pdi_336.010"/> und ihre geschichtliche Begrenzung nicht erkannt hat.</p> <lb n="pdi_336.011"/> <p> Auch können die <hi rendition="#g">Einzelformen</hi> der Dichtung nicht durch <lb n="pdi_336.012"/> die Methode äusserer Beobachtung und Vergleichung in ihren <lb n="pdi_336.013"/> inneren Antrieben erklärt und unter allgemeingültige Regeln <lb n="pdi_336.014"/> gebracht werden. Ein tiefer psychologischer Grundunterschied, Aussprache <lb n="pdi_336.015"/> des eigenen bewegten Inneren und Hingabe an das Gegenständliche, <lb n="pdi_336.016"/> geht von den primären Gebilden der Poesie aufwärts.</p> <lb n="pdi_336.017"/> <p> So wird die Poetik den Vorzug nutzen müssen, mit den <lb n="pdi_336.018"/> Hilfsmitteln äusserer Beobachtung, gegenseitiger Erhellung, <lb n="pdi_336.019"/> Verallgemeinerung durch Vergleichung, Herstellung von Reihen <lb n="pdi_336.020"/> zusammengehöriger Momente einer Entwicklung und Ergänzung <lb n="pdi_336.021"/> derselben etc. das psychologische Studium des dichterischen <lb n="pdi_336.022"/> Schaffens zu verbinden. Wenn in dem Folgenden das Psychologische <lb n="pdi_336.023"/> überwiegt, weil es sich um die Grundlegung handelt: <lb n="pdi_336.024"/> so würde bei einer Durchführung der Poetik ersichtlich werden, <lb n="pdi_336.025"/> welchen Gewinn jene andere Seite der modernen Methode zu gewähren <lb n="pdi_336.026"/> vermag, insbesondere, wenn die älteste erreichbare Kunde <lb n="pdi_336.027"/> und die primitiven dichterischen Leistungen der Naturvölker die <lb n="pdi_336.028"/> Unterlage des vergleichenden Verfahrens bilden.</p> </div> </div> <div n="1"> <lb n="pdi_336.029"/> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Beschreibung der Organisation des Dichters.</hi> </hi> </head> <div n="2"> <lb n="pdi_336.030"/> <head> <hi rendition="#c">1. <hi rendition="#g">Die Vorgänge in seinem Seelenleben, abgesehen <lb n="pdi_336.031"/> von seiner besonderen Organisation.</hi></hi> </head> <lb n="pdi_336.032"/> <p> Als das Einfachste und Nächste erscheint, nach literarischer <lb n="pdi_336.033"/> oder biographischer Methode die Züge, welche an den Dichtern <lb n="pdi_336.034"/> gemeinsam hervortreten, zu beobachten, zu sammeln und zu </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [336/0038]
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auch in ihrer Technik geschichtlich bedingt. Als allgemeingültig pdi_336.002
betrachtet sich die poetische Technik nur, weil ihr das pdi_336.003
historische Bewusstsein fehlt. Auch die altenglischen Dichter, pdi_336.004
besonders Shakespeare, haben ohne Zweifel so gut als die spanischen pdi_336.005
oder französischen ein langes Nachdenken auf die von pdi_336.006
ihnen geschaffene meisterhafte Technik verwandt, und Otto pdi_336.007
Ludwig hat sich das grosse Verdienst erworben, diese Technik pdi_336.008
mit dem congenialen Tiefsinn eines ächten dramatischen Dichters pdi_336.009
zu analysiren; nur dass er ihren geschichtlichen Ursprung pdi_336.010
und ihre geschichtliche Begrenzung nicht erkannt hat.
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Auch können die Einzelformen der Dichtung nicht durch pdi_336.012
die Methode äusserer Beobachtung und Vergleichung in ihren pdi_336.013
inneren Antrieben erklärt und unter allgemeingültige Regeln pdi_336.014
gebracht werden. Ein tiefer psychologischer Grundunterschied, Aussprache pdi_336.015
des eigenen bewegten Inneren und Hingabe an das Gegenständliche, pdi_336.016
geht von den primären Gebilden der Poesie aufwärts.
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So wird die Poetik den Vorzug nutzen müssen, mit den pdi_336.018
Hilfsmitteln äusserer Beobachtung, gegenseitiger Erhellung, pdi_336.019
Verallgemeinerung durch Vergleichung, Herstellung von Reihen pdi_336.020
zusammengehöriger Momente einer Entwicklung und Ergänzung pdi_336.021
derselben etc. das psychologische Studium des dichterischen pdi_336.022
Schaffens zu verbinden. Wenn in dem Folgenden das Psychologische pdi_336.023
überwiegt, weil es sich um die Grundlegung handelt: pdi_336.024
so würde bei einer Durchführung der Poetik ersichtlich werden, pdi_336.025
welchen Gewinn jene andere Seite der modernen Methode zu gewähren pdi_336.026
vermag, insbesondere, wenn die älteste erreichbare Kunde pdi_336.027
und die primitiven dichterischen Leistungen der Naturvölker die pdi_336.028
Unterlage des vergleichenden Verfahrens bilden.
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Beschreibung der Organisation des Dichters. pdi_336.030
1. Die Vorgänge in seinem Seelenleben, abgesehen pdi_336.031
von seiner besonderen Organisation. pdi_336.032
Als das Einfachste und Nächste erscheint, nach literarischer pdi_336.033
oder biographischer Methode die Züge, welche an den Dichtern pdi_336.034
gemeinsam hervortreten, zu beobachten, zu sammeln und zu
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