Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482.pdi_465.001 pdi_465.020 4. Die Geschichtlichkeit der poetischen Technik. pdi_465.021 1. Wir bemerkten immer wieder, wie sich aus der Verbindung pdi_465.022 pdi_465.001 pdi_465.020 4. Die Geschichtlichkeit der poetischen Technik. pdi_465.021 1. Wir bemerkten immer wieder, wie sich aus der Verbindung pdi_465.022 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0167" n="465"/><lb n="pdi_465.001"/> sind die natürlichen Aeusserungen der Gefühlsweise und <lb n="pdi_465.002"/> Willensform dieser grossen Menschen. Aus dieser natürlichen <lb n="pdi_465.003"/> Bewegung der Seele entspringt die Stellung der Worte im <lb n="pdi_465.004"/> Satz und schliesslich auch die Redefigur. So ist die <lb n="pdi_465.005"/> Hyperbel wie die Verkleinerung nur die letzte sinnfälligste <lb n="pdi_465.006"/> Aeusserung jener Gesetze der Verstärkung und Minderung <lb n="pdi_465.007"/> von Bildern, ihrer Erweiterung und Zusammenziehung unter <lb n="pdi_465.008"/> dem Einfluss der Gefühle. Das Streben, den Gefühlseindruck <lb n="pdi_465.009"/> durch den Gegensatz zu steigern, bringt die Contrastirung <lb n="pdi_465.010"/> der Handlungen oder der Charaktere hervor, welche der <lb n="pdi_465.011"/> inneren Construction eines Werkes angehört, aber sie klingt <lb n="pdi_465.012"/> dann schliesslich in der Redefigur der Antithese aus. Bezeichnet <lb n="pdi_465.013"/> man die innere Form eines Werkes von dem ersten Herausarbeiten <lb n="pdi_465.014"/> der Motive aus dem Stoff bis zu Tropen, Figuren, <lb n="pdi_465.015"/> Metrum und Sprache als <hi rendition="#g">Styl,</hi> so sind verschiedene Versuche <lb n="pdi_465.016"/> gemacht worden, die Grundunterschiede desselben aufzufinden; <lb n="pdi_465.017"/> <hi rendition="#g">Vischers</hi> Unterscheidung der <hi rendition="#g">directen</hi> und <hi rendition="#g">indirecten <lb n="pdi_465.018"/> Idealisirung</hi> muss als eine wirkliche ästhetische Entdeckung <lb n="pdi_465.019"/> bezeichnet werden.</p> </div> <div n="2"> <lb n="pdi_465.020"/> <head> <hi rendition="#c">4. <hi rendition="#g">Die Geschichtlichkeit der poetischen Technik.</hi></hi> </head> <lb n="pdi_465.021"/> <p> 1. Wir bemerkten immer wieder, wie sich aus der Verbindung <lb n="pdi_465.022"/> der Principien des poetischen Eindrucks die Ziele und <lb n="pdi_465.023"/> Mittel der Dichtungsarten nicht ableiten lassen. Daher ist <lb n="pdi_465.024"/> eine allgemeingültige Technik in ihnen nicht enthalten. Man <lb n="pdi_465.025"/> nehme die Principien des poetischen Eindrucks, man suche nach <lb n="pdi_465.026"/> ihnen Eindrücke in einer möglichst vollkommenen Art anzuordnen, <lb n="pdi_465.027"/> man wähle unter den Möglichkeiten, welche die einzelnen <lb n="pdi_465.028"/> Momente der inneren Form, Stimmung, Motiv, Fabel etc. <lb n="pdi_465.029"/> enthalten, die am meisten günstigen und einander entsprechenden: <lb n="pdi_465.030"/> aus diesen formalen Verhältnissen entspringt nirgend eine wirkliche <lb n="pdi_465.031"/> Entscheidung über eine vollkommenste Art der Verknüpfung <lb n="pdi_465.032"/> in einem Drama oder Roman; nur Schatten, vorüberschwebende <lb n="pdi_465.033"/> Möglichkeiten, weder in sich noch in ihren <lb n="pdi_465.034"/> Beziehungen eindeutig bestimmt. Man zerlege den Eindruck, <lb n="pdi_465.035"/> den ein Kunstwerk hervorbringt; die Principien desselben sind </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [465/0167]
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sind die natürlichen Aeusserungen der Gefühlsweise und pdi_465.002
Willensform dieser grossen Menschen. Aus dieser natürlichen pdi_465.003
Bewegung der Seele entspringt die Stellung der Worte im pdi_465.004
Satz und schliesslich auch die Redefigur. So ist die pdi_465.005
Hyperbel wie die Verkleinerung nur die letzte sinnfälligste pdi_465.006
Aeusserung jener Gesetze der Verstärkung und Minderung pdi_465.007
von Bildern, ihrer Erweiterung und Zusammenziehung unter pdi_465.008
dem Einfluss der Gefühle. Das Streben, den Gefühlseindruck pdi_465.009
durch den Gegensatz zu steigern, bringt die Contrastirung pdi_465.010
der Handlungen oder der Charaktere hervor, welche der pdi_465.011
inneren Construction eines Werkes angehört, aber sie klingt pdi_465.012
dann schliesslich in der Redefigur der Antithese aus. Bezeichnet pdi_465.013
man die innere Form eines Werkes von dem ersten Herausarbeiten pdi_465.014
der Motive aus dem Stoff bis zu Tropen, Figuren, pdi_465.015
Metrum und Sprache als Styl, so sind verschiedene Versuche pdi_465.016
gemacht worden, die Grundunterschiede desselben aufzufinden; pdi_465.017
Vischers Unterscheidung der directen und indirecten pdi_465.018
Idealisirung muss als eine wirkliche ästhetische Entdeckung pdi_465.019
bezeichnet werden.
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4. Die Geschichtlichkeit der poetischen Technik. pdi_465.021
1. Wir bemerkten immer wieder, wie sich aus der Verbindung pdi_465.022
der Principien des poetischen Eindrucks die Ziele und pdi_465.023
Mittel der Dichtungsarten nicht ableiten lassen. Daher ist pdi_465.024
eine allgemeingültige Technik in ihnen nicht enthalten. Man pdi_465.025
nehme die Principien des poetischen Eindrucks, man suche nach pdi_465.026
ihnen Eindrücke in einer möglichst vollkommenen Art anzuordnen, pdi_465.027
man wähle unter den Möglichkeiten, welche die einzelnen pdi_465.028
Momente der inneren Form, Stimmung, Motiv, Fabel etc. pdi_465.029
enthalten, die am meisten günstigen und einander entsprechenden: pdi_465.030
aus diesen formalen Verhältnissen entspringt nirgend eine wirkliche pdi_465.031
Entscheidung über eine vollkommenste Art der Verknüpfung pdi_465.032
in einem Drama oder Roman; nur Schatten, vorüberschwebende pdi_465.033
Möglichkeiten, weder in sich noch in ihren pdi_465.034
Beziehungen eindeutig bestimmt. Man zerlege den Eindruck, pdi_465.035
den ein Kunstwerk hervorbringt; die Principien desselben sind
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