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Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482.

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es als muthos1), die unsere hat aus der Fabula der pdi_452.002
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Charaktere und Handlungen mit einander verflochten. Denn die pdi_452.004
Person und ihr Thun oder Leiden, der Held und seine Handlungen pdi_452.005
sind nur zwei Seiten desselben Thatbestandes. Ohne die Gestalt pdi_452.006
des Mörders ist der Vorgang des Mordes eine Abstraction. pdi_452.007
Die Einbildungskraft aber lebt nur in Bildern.

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Die Fabel, das ausgebildete Grundgefüge einer Dichtung pdi_452.009
von grösserem Umfang steht vor dem epischen oder pdi_452.010
dramatischen Dichter fertig da, bevor die Ausführung pdi_452.011
beginnt. Sie wird in der Regel von ihm aufgezeichnet. pdi_452.012
Die Literaturgeschichte besitzt ein zureichendes Material, pdi_452.013
dieses Stadium des Schaffens an solchen Fabeln festzustellen pdi_452.014
und deren Grundeigenschaften und Hauptformen pdi_452.015
durch vergleichendes Verfahren zu entwickeln.

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Wie überall in der Natur gelangen auch innerhalb des pdi_452.017
dichterischen Schaffens nur wenige der vorhandenen Keime zur pdi_452.018
Reife. So bewahrt die Literaturgeschichte eine erhebliche Zahl pdi_452.019
dramatischer Entwürfe auf, die nicht zur Ausführung gelangten. pdi_452.020
Belehrender ist doch die Vergleichung ausgeführter pdi_452.021
Dramen mit ihrem Entwurf. Wir können in die Werkstatt von pdi_452.022
Schiller, Lessing, Goethe, Kleist, Otto Ludwig so hineinsehen und pdi_452.023
einiges von ihren Atelier-Geheimnissen erlauschen. Schiller hat pdi_452.024
manchen Entwürfen eine Darstellung der historischen und socialen pdi_452.025
Situation vorausgeschickt. Andere Dichter eilen in solcher Darstellung pdi_452.026
der Fabel sofort zu den Schlagscenen hin, die den pdi_452.027
Kern der dramatischen Wirkung enthalten.

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Der epische Dichter bedarf nicht einer so strengen Führung pdi_452.029
der Handlung als der dramatische. Die ihm vorschwebende pdi_452.030
Fabel der Handlung scheint daher nicht so nothwendig eine pdi_452.031
Aufzeichnung zu fordern. Dass Walter Scott seine Fabel aufzuschreiben pdi_452.032
pflegte, scheint aus folgender Stelle in der Einleitung

1) pdi_452.033
Ueber den doppelten Gebrauch des Ausdruckes muthos in der Poetik pdi_452.034
für den Stoff, der dem epischen oder dramatischen Dichter vorliegt (die zu pdi_452.035
bearbeitenden pragmata) und für dieses ausgebildete Grundgefüge (sunthesis pdi_452.036
ton pragmaton) handelt Vahlen Beiträge zu Aristoteles Poetik I 31 ff.

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Die Einbildungskraft aber lebt nur in Bildern.

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Schiller, Lessing, Goethe, Kleist, Otto Ludwig so hineinsehen und pdi_452.023
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Kern der dramatischen Wirkung enthalten.

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  Der epische Dichter bedarf nicht einer so strengen Führung pdi_452.029
der Handlung als der dramatische. Die ihm vorschwebende pdi_452.030
Fabel der Handlung scheint daher nicht so nothwendig eine pdi_452.031
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für den Stoff, der dem epischen oder dramatischen Dichter vorliegt (die zu pdi_452.035
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Zitationshilfe: Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482, hier S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dilthey_poetik_1887/154>, abgerufen am 23.11.2024.