Dilthey, Wilhelm: Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte. Bd. 1. Leipzig, 1883.Zweites Buch. Dritter Abschnitt. Der Grund dieser Thatsache, daß der metaphysische Klöstern vgl. Thomas de Eccleston de adventu fratrum minorum in Angliam (Monum. Francisc. Lond. 1858) p. 50: cum ex duobus parie- tibus construatur aedificium Ordinis, scilicet moribus bonis et scientia, parietem scientiae fecerunt fratres ultra coelos et coelestia sublimem, in tantum, ut quaererent an Deus sit. 1) An der Spitze der summa theologiae des Thomas steht p. I quaest.
2 de Deo, an Deus sit (quaest. 1 behandelt nur den Begriff der christlichen Wissenschaft); im dritten Artikel derselben werden fünf Einzelbeweise gesondert: aus der Bewegung, aus der Verkettung der Ursachen und Wirkungen, aus Zweites Buch. Dritter Abſchnitt. Der Grund dieſer Thatſache, daß der metaphyſiſche Klöſtern vgl. Thomas de Eccleſton de adventu fratrum minorum in Angliam (Monum. Francisc. Lond. 1858) p. 50: cum ex duobus parie- tibus construatur aedificium Ordinis, scilicet moribus bonis et scientia, parietem scientiae fecerunt fratres ultra coelos et coelestia sublimem, in tantum, ut quaererent an Deus sit. 1) An der Spitze der summa theologiae des Thomas ſteht p. I quaest.
2 de Deo, an Deus sit (quaest. 1 behandelt nur den Begriff der chriſtlichen Wiſſenſchaft); im dritten Artikel derſelben werden fünf Einzelbeweiſe geſondert: aus der Bewegung, aus der Verkettung der Urſachen und Wirkungen, aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0411" n="388"/> <fw place="top" type="header">Zweites Buch. Dritter Abſchnitt.</fw><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Grund dieſer Thatſache</hi>, daß der metaphyſiſche<lb/> Geiſt des Mittelalters an der Evidenz des Daſeins Gottes einen<lb/> unerſchütterlichen Stützpunkt hatte, während keine andere Glau-<lb/> benswahrheit von dem Zweifel unberührt blieb, kann nicht in der<lb/> Macht religiöſer Ueberzeugungen gefunden werden; denn dieſe<lb/> waren, wie wir eben ſahen, vielfach erſchüttert. Er lag nicht in<lb/> der Tradition des Zuſammenhangs der Weltgeſchichte, die an<lb/> Gott mit ihrem Beginn und Schluß gebunden war; denn ſo<lb/> wichtig dieſe für das Lebensgefühl und die Denkart des mittel-<lb/> alterlichen Menſchen geweſen iſt, ſo ward ſie doch von kühnen<lb/> Geiſtern wenigſtens dem Zweifel, wenn auch noch nicht der Unter-<lb/> ſuchung unterworfen. Am wenigſten können wir ihn in dem<lb/> ontologiſchen Argumente finden; denn die Kraft deſſelben wurde<lb/> von den hervorragendſten gläubigen Forſchern beſtritten. Er lag<lb/> in dem Schluß, welcher auf Grund des damaligen Standes des<lb/> Naturwiſſens von den regelmäßigen, harmoniſch ineinandergreifen-<lb/> den Bahnen der Geſtirne ſowie von der die Formen der Natur<lb/> durchwaltenden Zweckmäßigkeit auf Gott zurückging. Dieſer Schluß<lb/> tritt nicht als ein einzelnes Argument auf, ſondern bildet, wie bei<lb/> Ariſtoteles, den Zuſammenhang der ganzen Naturanſicht. Wol<lb/> haben die Scholaſtiker dieſes Zeitraums zuerſt eine geſchloſſene Zahl<lb/> von einander unabhängiger Einzelbeweiſe für das Daſein Gottes<lb/> aufgeſtellt, auch hat ſich wenigſtens die Unterſcheidung des kosmo-<lb/> logiſchen und des teleologiſchen (phyſiko-theologiſchen) Beweiſes<lb/> in der Schulmetaphyſik erhalten; doch nicht in dieſer zerſplitterten<lb/> ſchulmäßigen Faſſung lag die Macht der Gründe, die von der<lb/> Welt auf Gott ſchließen, über den mittelalterlichen Geiſt <note xml:id="note-0411a" next="#note-0412" place="foot" n="1)">An der Spitze der <hi rendition="#aq">summa theologiae</hi> des Thomas ſteht <hi rendition="#aq">p. I quaest.<lb/> 2 de Deo, an Deus sit (quaest.</hi> 1 behandelt nur den Begriff der chriſtlichen<lb/> Wiſſenſchaft); im dritten Artikel derſelben werden fünf Einzelbeweiſe geſondert:<lb/> aus der Bewegung, aus der Verkettung der Urſachen und Wirkungen, aus</note>.</p><lb/> <note xml:id="note-0411" prev="#note-0410" place="foot" n="3)">Klöſtern vgl. Thomas de Eccleſton <hi rendition="#aq">de adventu fratrum minorum in<lb/> Angliam (Monum. Francisc. Lond. 1858) p. 50: cum ex duobus parie-<lb/> tibus construatur aedificium Ordinis, scilicet moribus bonis et scientia,<lb/> parietem scientiae fecerunt fratres ultra coelos et coelestia sublimem, in<lb/> tantum, ut quaererent an Deus sit.</hi></note><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [388/0411]
Zweites Buch. Dritter Abſchnitt.
Der Grund dieſer Thatſache, daß der metaphyſiſche
Geiſt des Mittelalters an der Evidenz des Daſeins Gottes einen
unerſchütterlichen Stützpunkt hatte, während keine andere Glau-
benswahrheit von dem Zweifel unberührt blieb, kann nicht in der
Macht religiöſer Ueberzeugungen gefunden werden; denn dieſe
waren, wie wir eben ſahen, vielfach erſchüttert. Er lag nicht in
der Tradition des Zuſammenhangs der Weltgeſchichte, die an
Gott mit ihrem Beginn und Schluß gebunden war; denn ſo
wichtig dieſe für das Lebensgefühl und die Denkart des mittel-
alterlichen Menſchen geweſen iſt, ſo ward ſie doch von kühnen
Geiſtern wenigſtens dem Zweifel, wenn auch noch nicht der Unter-
ſuchung unterworfen. Am wenigſten können wir ihn in dem
ontologiſchen Argumente finden; denn die Kraft deſſelben wurde
von den hervorragendſten gläubigen Forſchern beſtritten. Er lag
in dem Schluß, welcher auf Grund des damaligen Standes des
Naturwiſſens von den regelmäßigen, harmoniſch ineinandergreifen-
den Bahnen der Geſtirne ſowie von der die Formen der Natur
durchwaltenden Zweckmäßigkeit auf Gott zurückging. Dieſer Schluß
tritt nicht als ein einzelnes Argument auf, ſondern bildet, wie bei
Ariſtoteles, den Zuſammenhang der ganzen Naturanſicht. Wol
haben die Scholaſtiker dieſes Zeitraums zuerſt eine geſchloſſene Zahl
von einander unabhängiger Einzelbeweiſe für das Daſein Gottes
aufgeſtellt, auch hat ſich wenigſtens die Unterſcheidung des kosmo-
logiſchen und des teleologiſchen (phyſiko-theologiſchen) Beweiſes
in der Schulmetaphyſik erhalten; doch nicht in dieſer zerſplitterten
ſchulmäßigen Faſſung lag die Macht der Gründe, die von der
Welt auf Gott ſchließen, über den mittelalterlichen Geiſt 1).
3)
1) An der Spitze der summa theologiae des Thomas ſteht p. I quaest.
2 de Deo, an Deus sit (quaest. 1 behandelt nur den Begriff der chriſtlichen
Wiſſenſchaft); im dritten Artikel derſelben werden fünf Einzelbeweiſe geſondert:
aus der Bewegung, aus der Verkettung der Urſachen und Wirkungen, aus
3) Klöſtern vgl. Thomas de Eccleſton de adventu fratrum minorum in
Angliam (Monum. Francisc. Lond. 1858) p. 50: cum ex duobus parie-
tibus construatur aedificium Ordinis, scilicet moribus bonis et scientia,
parietem scientiae fecerunt fratres ultra coelos et coelestia sublimem, in
tantum, ut quaererent an Deus sit.
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