Dilthey, Wilhelm: Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte. Bd. 1. Leipzig, 1883.Vorrede. Das Buch, dessen erste Hälfte ich hier veröffentliche, verknüpft Da historische und systematische Darlegung so einander er- Am Ausgang des Mittelalters begann die Emanzipation der Vorrede. Das Buch, deſſen erſte Hälfte ich hier veröffentliche, verknüpft Da hiſtoriſche und ſyſtematiſche Darlegung ſo einander er- Am Ausgang des Mittelalters begann die Emanzipation der <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0016" n="[XIII]"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p><hi rendition="#in">D</hi>as Buch, deſſen erſte Hälfte ich hier veröffentliche, verknüpft<lb/> ein hiſtoriſches mit einem ſyſtematiſchen Verfahren, um die Frage<lb/> nach den philoſophiſchen Grundlagen der Geiſteswiſſenſchaften mit<lb/> dem höchſten mir erreichbaren Grad von Gewißheit zu löſen.<lb/> Das hiſtoriſche Verfahren folgt dem Gang der Entwicklung, in<lb/> welcher die Philoſophie bisher nach einer ſolchen Begründung<lb/> gerungen hat; es ſucht den geſchichtlichen Ort der einzelnen Theorien<lb/> innerhalb dieſer Entwicklung zu beſtimmen und über den vom hiſto-<lb/> riſchen Zuſammenhang bedingten Werth derſelben zu orientiren;<lb/> ja aus der Verſenkung in dieſen Zuſammenhang der bisherigen<lb/> Entwicklung will es ein Urtheil über den innerſten Antrieb der<lb/> gegenwärtigen wiſſenſchaftlichen Bewegung gewinnen. So bereitet<lb/> die geſchichtliche Darſtellung die erkenntnißtheoretiſche Grundlegung<lb/> vor, welche Gegenſtand der anderen Hälfte dieſes Verſuchs<lb/> ſein wird.</p><lb/> <p>Da hiſtoriſche und ſyſtematiſche Darlegung ſo einander er-<lb/> gänzen ſollen, erleichtert es wol die Lektüre des geſchichtlichen<lb/> Theils, wenn ich den ſyſtematiſchen Grundgedanken andeute.</p><lb/> <p>Am Ausgang des Mittelalters begann die Emanzipation der<lb/> Einzelwiſſenſchaften. Doch blieben unter ihnen die der Geſellſchaft<lb/> und Geſchichte noch lange, bis tief in das vorige Jahrhundert<lb/> hinein, in der alten Dienſtbarkeit der Metaphyſik. Ja die an-<lb/> wachſende Macht der Naturerkenntniß hatte für ſie ein neues<lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [[XIII]/0016]
Vorrede.
Das Buch, deſſen erſte Hälfte ich hier veröffentliche, verknüpft
ein hiſtoriſches mit einem ſyſtematiſchen Verfahren, um die Frage
nach den philoſophiſchen Grundlagen der Geiſteswiſſenſchaften mit
dem höchſten mir erreichbaren Grad von Gewißheit zu löſen.
Das hiſtoriſche Verfahren folgt dem Gang der Entwicklung, in
welcher die Philoſophie bisher nach einer ſolchen Begründung
gerungen hat; es ſucht den geſchichtlichen Ort der einzelnen Theorien
innerhalb dieſer Entwicklung zu beſtimmen und über den vom hiſto-
riſchen Zuſammenhang bedingten Werth derſelben zu orientiren;
ja aus der Verſenkung in dieſen Zuſammenhang der bisherigen
Entwicklung will es ein Urtheil über den innerſten Antrieb der
gegenwärtigen wiſſenſchaftlichen Bewegung gewinnen. So bereitet
die geſchichtliche Darſtellung die erkenntnißtheoretiſche Grundlegung
vor, welche Gegenſtand der anderen Hälfte dieſes Verſuchs
ſein wird.
Da hiſtoriſche und ſyſtematiſche Darlegung ſo einander er-
gänzen ſollen, erleichtert es wol die Lektüre des geſchichtlichen
Theils, wenn ich den ſyſtematiſchen Grundgedanken andeute.
Am Ausgang des Mittelalters begann die Emanzipation der
Einzelwiſſenſchaften. Doch blieben unter ihnen die der Geſellſchaft
und Geſchichte noch lange, bis tief in das vorige Jahrhundert
hinein, in der alten Dienſtbarkeit der Metaphyſik. Ja die an-
wachſende Macht der Naturerkenntniß hatte für ſie ein neues
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