Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.kamen. Ich versäumete nichts und bekam, nach Abzug eines Dukaten, alle meinen Sold, an fünfundsiebenzig Thaler, lauter brandenburgische Sechs-Pfennige; hatte alle Ficken und Taschen voll; und hatt' mein Tage nicht so viel Geld gehabt, daß ich, erfreuet, es meinem Herrn Horchen nicht verschweigen konnte. Der stund und sahe mich an: "Was habt ihr bekommen?" - "Mein Geld!" sagte ich. - "wie ist das zugegangen?" - Als ich ihm aber vom General sagte, satzte er seinen Hut auf, steckte seinen Degen an, lief und sagte: "Ich hab mein'm Kurfürst nun dreißig Jahr gedienet, habe so viel Geld stehen, kann nichts bekommen, und so ein Kerl nimbts mir vor der Nase weg!" Ich hätte auch gleich fort gemußt, als er wiederkam und nichts erhalten, wann der General Barfus zur selben Zeit nicht in Berlin gewesen, und sich von keinem, als mir, barbieren ließ und allezeit sechszehen Groschen die Woche zweimal gab. Denn er war ein großer, ansehnlicher Mann. Und hatten sich die vorigen Barbier allezeit entsetzet, gezittert und hatten müssen ohnverricht wieder weggehen; wie er mir selbst gesaget, daß es Herrn Wirbachen und zweien Gesellen so ergangen. Dies mochte auch wohl zu meines Herrn Jalousie Ursache sein, weil er erfahren, daß ich so viel Geld verdienet. So ihm zwar nicht zum Schaden, nach ihn anginge, weil wir das frei hatten, neben unsern Diensten. Gnug ich mußte fort! Doch machte ich mir auch nicht viel daraus, weil ich nun brav Geld und ein neu Kleid und Wäsche aufm Rumpfe hatte. Ich reisete auf der Post nach Magdeburg, allwo mir auf der Breiten Straße eine schöne Kondition versprochen war. Allein das Blatt mußte sich wenden, daß ich solche nicht bekam. kamen. Ich versäumete nichts und bekam, nach Abzug eines Dukaten, alle meinen Sold, an fünfundsiebenzig Thaler, lauter brandenburgische Sechs-Pfennige; hatte alle Ficken und Taschen voll; und hatt’ mein Tage nicht so viel Geld gehabt, daß ich, erfreuet, es meinem Herrn Horchen nicht verschweigen konnte. Der stund und sahe mich an: „Was habt ihr bekommen?“ – „Mein Geld!“ sagte ich. – „wie ist das zugegangen?“ – Als ich ihm aber vom General sagte, satzte er seinen Hut auf, steckte seinen Degen an, lief und sagte: „Ich hab mein’m Kurfürst nun dreißig Jahr gedienet, habe so viel Geld stehen, kann nichts bekommen, und so ein Kerl nimbts mir vor der Nase weg!“ Ich hätte auch gleich fort gemußt, als er wiederkam und nichts erhalten, wann der General Barfus zur selben Zeit nicht in Berlin gewesen, und sich von keinem, als mir, barbieren ließ und allezeit sechszehen Groschen die Woche zweimal gab. Denn er war ein großer, ansehnlicher Mann. Und hatten sich die vorigen Barbier allezeit entsetzet, gezittert und hatten müssen ohnverricht wieder weggehen; wie er mir selbst gesaget, daß es Herrn Wirbachen und zweien Gesellen so ergangen. Dies mochte auch wohl zu meines Herrn Jalousie Ursache sein, weil er erfahren, daß ich so viel Geld verdienet. So ihm zwar nicht zum Schaden, nach ihn anginge, weil wir das frei hatten, neben unsern Diensten. Gnug ich mußte fort! Doch machte ich mir auch nicht viel daraus, weil ich nun brav Geld und ein neu Kleid und Wäsche aufm Rumpfe hatte. Ich reisete auf der Post nach Magdeburg, allwo mir auf der Breiten Straße eine schöne Kondition versprochen war. Allein das Blatt mußte sich wenden, daß ich solche nicht bekam. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0096"/> kamen. Ich versäumete nichts und bekam, nach Abzug eines Dukaten, alle meinen Sold, an fünfundsiebenzig Thaler, lauter brandenburgische Sechs-Pfennige; hatte alle Ficken und Taschen voll; und hatt’ mein Tage nicht so viel Geld gehabt, daß ich, erfreuet, es meinem Herrn Horchen nicht verschweigen konnte.</p> <p>Der stund und sahe mich an: „Was habt ihr bekommen?“ – „Mein Geld!“ sagte ich. – „wie ist das zugegangen?“ – Als ich ihm aber vom General sagte, satzte er seinen Hut auf, steckte seinen Degen an, lief und sagte: „Ich hab mein’m Kurfürst nun dreißig Jahr gedienet, habe so viel Geld stehen, kann nichts bekommen, und so ein Kerl nimbts mir vor der Nase weg!“</p> <p>Ich hätte auch gleich fort gemußt, als er wiederkam und nichts erhalten, wann der General Barfus zur selben Zeit nicht in Berlin gewesen, und sich von keinem, als mir, barbieren ließ und allezeit sechszehen Groschen die Woche zweimal gab. Denn er war ein großer, ansehnlicher Mann. Und hatten sich die vorigen Barbier allezeit entsetzet, gezittert und hatten müssen ohnverricht wieder weggehen; wie er mir selbst gesaget, daß es Herrn Wirbachen und zweien Gesellen so ergangen.</p> <p>Dies mochte auch wohl zu meines Herrn Jalousie Ursache sein, weil er erfahren, daß ich so viel Geld verdienet. So ihm zwar nicht zum Schaden, nach ihn anginge, weil wir das frei hatten, neben unsern Diensten. Gnug ich mußte fort!</p> <p><hi rendition="#in">D</hi>och machte ich mir auch nicht viel daraus, weil ich nun brav Geld und ein neu Kleid und Wäsche aufm Rumpfe hatte.</p> <p>Ich reisete auf der Post nach Magdeburg, allwo mir auf der Breiten Straße eine schöne Kondition versprochen war. Allein das Blatt mußte sich wenden, daß ich solche nicht bekam.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0096]
kamen. Ich versäumete nichts und bekam, nach Abzug eines Dukaten, alle meinen Sold, an fünfundsiebenzig Thaler, lauter brandenburgische Sechs-Pfennige; hatte alle Ficken und Taschen voll; und hatt’ mein Tage nicht so viel Geld gehabt, daß ich, erfreuet, es meinem Herrn Horchen nicht verschweigen konnte.
Der stund und sahe mich an: „Was habt ihr bekommen?“ – „Mein Geld!“ sagte ich. – „wie ist das zugegangen?“ – Als ich ihm aber vom General sagte, satzte er seinen Hut auf, steckte seinen Degen an, lief und sagte: „Ich hab mein’m Kurfürst nun dreißig Jahr gedienet, habe so viel Geld stehen, kann nichts bekommen, und so ein Kerl nimbts mir vor der Nase weg!“
Ich hätte auch gleich fort gemußt, als er wiederkam und nichts erhalten, wann der General Barfus zur selben Zeit nicht in Berlin gewesen, und sich von keinem, als mir, barbieren ließ und allezeit sechszehen Groschen die Woche zweimal gab. Denn er war ein großer, ansehnlicher Mann. Und hatten sich die vorigen Barbier allezeit entsetzet, gezittert und hatten müssen ohnverricht wieder weggehen; wie er mir selbst gesaget, daß es Herrn Wirbachen und zweien Gesellen so ergangen.
Dies mochte auch wohl zu meines Herrn Jalousie Ursache sein, weil er erfahren, daß ich so viel Geld verdienet. So ihm zwar nicht zum Schaden, nach ihn anginge, weil wir das frei hatten, neben unsern Diensten. Gnug ich mußte fort!
Doch machte ich mir auch nicht viel daraus, weil ich nun brav Geld und ein neu Kleid und Wäsche aufm Rumpfe hatte.
Ich reisete auf der Post nach Magdeburg, allwo mir auf der Breiten Straße eine schöne Kondition versprochen war. Allein das Blatt mußte sich wenden, daß ich solche nicht bekam.
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/96>, abgerufen am 26.07.2024. |