Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.Dieserhalb ganz splitternacket des Nachts ins Heu kroche, daß ich nur Ruhe hatte. Endlich kam Ordre, daß wir sollten abmarschieren nach Berlin. Allein da durften wir uns Tages nicht sehen lassen, sondern mußten ausser den Thoren, aufm Stellplatz, logieren. Da kriegten wir etwas Geld und unsern Abschied, Damit wander hin! Ich kam noch einigermaßen wohl zurecht. Denn ich hatte meinen Kuffer in Berlin bei meinem alten Herrn auf dem Molckenmarkt stehen lassen, mit einem guten Kleid und einigen Hembden und Wäsche. Das alt warf ich in die Spree. Damit ging ich unter alte Bekannte, welche mich an den Herrn Ober-Stabs-Feldscher Horchen in Kondition brachten. Da waren unser drei, vier Gesellen, unter welchen ich der andere war. Sie hatten mich alle lieb und wert und vertraueten mir alles, insonderheit unser Lazarett und Kurbaracken, darin wir die Franziser hatten; welche häßliche Krankheit damals in Berlin sehr gemein, und ich viel Geld bei verdienete; und die Medicamenta bekamen wir aus der Schloß-Apotheca. Unter vielen hatte ich einen Geheimbten Rath zu bedienen, welcher mir öfters seine Maladei klagete. Wie ich ihm aber die ganze Krankheit auslegete, und wie es müßte kurieret werden, gab er sich ohne Bedenken in die Kur. Jedoch verbot er mir auf Leib und Leben, es nicht jemand wissen zu lassen; auch seine Leute und Diener durften es nicht wissen. Denn keine Frau hatte er nicht; er speisete täglich bei der kurfürstlichen Tafel und war zugleich sein Tranchikant. Und mußte also die ganze Kur kompendiöse angestellet werden. Zu dem Ende kochte ich alle Tränke und trug sie mit sambt Pillen und was dazu gehöret, alles zu. Das schwereste war nur, einen Dieserhalb ganz splitternacket des Nachts ins Heu kroche, daß ich nur Ruhe hatte. Endlich kam Ordre, daß wir sollten abmarschieren nach Berlin. Allein da durften wir uns Tages nicht sehen lassen, sondern mußten ausser den Thoren, aufm Stellplatz, logieren. Da kriegten wir etwas Geld und unsern Abschied, Damit wander hin! Ich kam noch einigermaßen wohl zurecht. Denn ich hatte meinen Kuffer in Berlin bei meinem alten Herrn auf dem Molckenmarkt stehen lassen, mit einem guten Kleid und einigen Hembden und Wäsche. Das alt warf ich in die Spree. Damit ging ich unter alte Bekannte, welche mich an den Herrn Ober-Stabs-Feldscher Horchen in Kondition brachten. Da waren unser drei, vier Gesellen, unter welchen ich der andere war. Sie hatten mich alle lieb und wert und vertraueten mir alles, insonderheit unser Lazarett und Kurbaracken, darin wir die Franziser hatten; welche häßliche Krankheit damals in Berlin sehr gemein, und ich viel Geld bei verdienete; und die Medicamenta bekamen wir aus der Schloß-Apotheca. Unter vielen hatte ich einen Geheimbten Rath zu bedienen, welcher mir öfters seine Maladei klagete. Wie ich ihm aber die ganze Krankheit auslegete, und wie es müßte kurieret werden, gab er sich ohne Bedenken in die Kur. Jedoch verbot er mir auf Leib und Leben, es nicht jemand wissen zu lassen; auch seine Leute und Diener durften es nicht wissen. Denn keine Frau hatte er nicht; er speisete täglich bei der kurfürstlichen Tafel und war zugleich sein Tranchikant. Und mußte also die ganze Kur kompendiöse angestellet werden. Zu dem Ende kochte ich alle Tränke und trug sie mit sambt Pillen und was dazu gehöret, alles zu. Das schwereste war nur, einen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0089"/> Dieserhalb ganz splitternacket des Nachts ins Heu kroche, daß ich nur Ruhe hatte.</p> <p>Endlich kam Ordre, daß wir sollten abmarschieren nach Berlin. Allein da durften wir uns Tages nicht sehen lassen, sondern mußten ausser den Thoren, aufm Stellplatz, logieren. Da kriegten wir etwas Geld und unsern Abschied, Damit wander hin!</p> <p><hi rendition="#in">I</hi>ch kam noch einigermaßen wohl zurecht. Denn ich hatte meinen Kuffer in Berlin bei meinem alten Herrn auf dem Molckenmarkt stehen lassen, mit einem guten Kleid und einigen Hembden und Wäsche. Das alt warf ich in die Spree. Damit ging ich unter alte Bekannte, welche mich an den Herrn Ober-Stabs-Feldscher Horchen in Kondition brachten.</p> <p>Da waren unser drei, vier Gesellen, unter welchen ich der andere war. Sie hatten mich alle lieb und wert und vertraueten mir alles, insonderheit unser Lazarett und Kurbaracken, darin wir die Franziser hatten; welche häßliche Krankheit damals in Berlin sehr gemein, und ich viel Geld bei verdienete; und die <hi rendition="#aq">Medicamenta</hi> bekamen wir aus der Schloß-<hi rendition="#aq">Apotheca</hi>.</p> <p>Unter vielen hatte ich einen Geheimbten Rath zu bedienen, welcher mir öfters seine Maladei klagete. Wie ich ihm aber die ganze Krankheit auslegete, und wie es müßte kurieret werden, gab er sich ohne Bedenken in die Kur. Jedoch verbot er mir auf Leib und Leben, es nicht jemand wissen zu lassen; auch seine Leute und Diener durften es nicht wissen. Denn keine Frau hatte er nicht; er speisete täglich bei der kurfürstlichen Tafel und war zugleich sein Tranchikant. Und mußte also die ganze Kur kompendiöse angestellet werden. Zu dem Ende kochte ich alle Tränke und trug sie mit sambt Pillen und was dazu gehöret, alles zu. Das schwereste war nur, einen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0089]
Dieserhalb ganz splitternacket des Nachts ins Heu kroche, daß ich nur Ruhe hatte.
Endlich kam Ordre, daß wir sollten abmarschieren nach Berlin. Allein da durften wir uns Tages nicht sehen lassen, sondern mußten ausser den Thoren, aufm Stellplatz, logieren. Da kriegten wir etwas Geld und unsern Abschied, Damit wander hin!
Ich kam noch einigermaßen wohl zurecht. Denn ich hatte meinen Kuffer in Berlin bei meinem alten Herrn auf dem Molckenmarkt stehen lassen, mit einem guten Kleid und einigen Hembden und Wäsche. Das alt warf ich in die Spree. Damit ging ich unter alte Bekannte, welche mich an den Herrn Ober-Stabs-Feldscher Horchen in Kondition brachten.
Da waren unser drei, vier Gesellen, unter welchen ich der andere war. Sie hatten mich alle lieb und wert und vertraueten mir alles, insonderheit unser Lazarett und Kurbaracken, darin wir die Franziser hatten; welche häßliche Krankheit damals in Berlin sehr gemein, und ich viel Geld bei verdienete; und die Medicamenta bekamen wir aus der Schloß-Apotheca.
Unter vielen hatte ich einen Geheimbten Rath zu bedienen, welcher mir öfters seine Maladei klagete. Wie ich ihm aber die ganze Krankheit auslegete, und wie es müßte kurieret werden, gab er sich ohne Bedenken in die Kur. Jedoch verbot er mir auf Leib und Leben, es nicht jemand wissen zu lassen; auch seine Leute und Diener durften es nicht wissen. Denn keine Frau hatte er nicht; er speisete täglich bei der kurfürstlichen Tafel und war zugleich sein Tranchikant. Und mußte also die ganze Kur kompendiöse angestellet werden. Zu dem Ende kochte ich alle Tränke und trug sie mit sambt Pillen und was dazu gehöret, alles zu. Das schwereste war nur, einen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition
(2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition
(2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |