Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.daß wir uns oft den Weg öffenen mußten, von denen verstöreten Städten und Dörfern lief das Land voller wilden Hunde, welche Menschen und Vieh, gleich denen Wölfen, anpackten, ja die toten Körper aus der Erde auf den Walstätten und sonsten kratzeten. wie ich eben durch solche in große Lebensgefahr gekommen; wie bald soll erzählet werden. Waitzen, das schöne Städtlein, lag ganz zerstöret und verbrannt; die Menschen weggeführet. Neuhäusel war nun erst wieder erobert; aber noch nicht reparieret. Hier mußte ich mit den Kranken und dem Pulvermagazin auf die Donau flößen, welche von beiden Seiten der Donau immer von Türken chargieret wurden. Allein wegen der Breite und wegen des schnellen Fluß' sie uns nichts thun können; wie wohl wir manches mal aufm Sand sitzen blieben. Auf dem Donaustrom giebet es einen großen Strudel, der alles, was ihm zu nahe kombt, Schiff und Menschen, verschlinget; dafür wir uns zu hüten pflegten. Als wir nun näher, unter bereits von Kaiserlichen und Bayern belagerte Veste Ofen, als auf welches der Donaustrom geradezu zwischen Pest lauft, da wurde aus der Stadt stark Feuer mit Stücken auf die Flotten gemacht. Es traf uns aber keine Kugel; und war entweder zu kurz oder zu lang. Doch mußten unser Leut arbeiten aus Macht, daß wir rechter Hand an das Kaiserliche Lager ans Land kamen. Unser Lager uns nahe bei den Kaiserlichen auf einer Höhe angewiesen und ausgelastet wurde. Hier war ich alleine, hatte kein Geld und kein'n Proviant. Unsere Armee stunde jenseit der Donau. Deswegen ich mich resolvierete: über die Schiffbrücke bei Pest zu ihnen zu gehen. Ich hatte mir aber nicht eingebildet, daß es über eine Meil war. daß wir uns oft den Weg öffenen mußten, von denen verstöreten Städten und Dörfern lief das Land voller wilden Hunde, welche Menschen und Vieh, gleich denen Wölfen, anpackten, ja die toten Körper aus der Erde auf den Walstätten und sonsten kratzeten. wie ich eben durch solche in große Lebensgefahr gekommen; wie bald soll erzählet werden. Waitzen, das schöne Städtlein, lag ganz zerstöret und verbrannt; die Menschen weggeführet. Neuhäusel war nun erst wieder erobert; aber noch nicht reparieret. Hier mußte ich mit den Kranken und dem Pulvermagazin auf die Donau flößen, welche von beiden Seiten der Donau immer von Türken chargieret wurden. Allein wegen der Breite und wegen des schnellen Fluß’ sie uns nichts thun können; wie wohl wir manches mal aufm Sand sitzen blieben. Auf dem Donaustrom giebet es einen großen Strudel, der alles, was ihm zu nahe kombt, Schiff und Menschen, verschlinget; dafür wir uns zu hüten pflegten. Als wir nun näher, unter bereits von Kaiserlichen und Bayern belagerte Veste Ofen, als auf welches der Donaustrom geradezu zwischen Pest lauft, da wurde aus der Stadt stark Feuer mit Stücken auf die Flotten gemacht. Es traf uns aber keine Kugel; und war entweder zu kurz oder zu lang. Doch mußten unser Leut arbeiten aus Macht, daß wir rechter Hand an das Kaiserliche Lager ans Land kamen. Unser Lager uns nahe bei den Kaiserlichen auf einer Höhe angewiesen und ausgelastet wurde. Hier war ich alleine, hatte kein Geld und kein’n Proviant. Unsere Armee stunde jenseit der Donau. Deswegen ich mich resolvierete: über die Schiffbrücke bei Pest zu ihnen zu gehen. Ich hatte mir aber nicht eingebildet, daß es über eine Meil war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0053"/> daß wir uns oft den Weg öffenen mußten, von denen verstöreten Städten und Dörfern lief das Land voller wilden Hunde, welche Menschen und Vieh, gleich denen Wölfen, anpackten, ja die toten Körper aus der Erde auf den Walstätten und sonsten kratzeten. wie ich eben durch solche in große Lebensgefahr gekommen; wie bald soll erzählet werden.</p> <p>Waitzen, das schöne Städtlein, lag ganz zerstöret und verbrannt; die Menschen weggeführet. Neuhäusel war nun erst wieder erobert; aber noch nicht reparieret.</p> <p>Hier mußte ich mit den Kranken und dem Pulvermagazin auf die Donau flößen, welche von beiden Seiten der Donau immer von Türken chargieret wurden. Allein wegen der Breite und wegen des schnellen Fluß’ sie uns nichts thun können; wie wohl wir manches mal aufm Sand sitzen blieben. Auf dem Donaustrom giebet es einen großen Strudel, der alles, was ihm zu nahe kombt, Schiff und Menschen, verschlinget; dafür wir uns zu hüten pflegten.</p> <p><hi rendition="#in">A</hi>ls wir nun näher, unter bereits von Kaiserlichen und Bayern belagerte Veste Ofen, als auf welches der Donaustrom geradezu zwischen Pest lauft, da wurde aus der Stadt stark Feuer mit Stücken auf die Flotten gemacht. Es traf uns aber keine Kugel; und war entweder zu kurz oder zu lang. Doch mußten unser Leut arbeiten aus Macht, daß wir rechter Hand an das Kaiserliche Lager ans Land kamen. Unser Lager uns nahe bei den Kaiserlichen auf einer Höhe angewiesen und ausgelastet wurde.</p> <p>Hier war ich alleine, hatte kein Geld und kein’n Proviant. Unsere Armee stunde jenseit der Donau. Deswegen ich mich resolvierete: über die Schiffbrücke bei Pest zu ihnen zu gehen. Ich hatte mir aber nicht eingebildet, daß es über eine Meil war.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0053]
daß wir uns oft den Weg öffenen mußten, von denen verstöreten Städten und Dörfern lief das Land voller wilden Hunde, welche Menschen und Vieh, gleich denen Wölfen, anpackten, ja die toten Körper aus der Erde auf den Walstätten und sonsten kratzeten. wie ich eben durch solche in große Lebensgefahr gekommen; wie bald soll erzählet werden.
Waitzen, das schöne Städtlein, lag ganz zerstöret und verbrannt; die Menschen weggeführet. Neuhäusel war nun erst wieder erobert; aber noch nicht reparieret.
Hier mußte ich mit den Kranken und dem Pulvermagazin auf die Donau flößen, welche von beiden Seiten der Donau immer von Türken chargieret wurden. Allein wegen der Breite und wegen des schnellen Fluß’ sie uns nichts thun können; wie wohl wir manches mal aufm Sand sitzen blieben. Auf dem Donaustrom giebet es einen großen Strudel, der alles, was ihm zu nahe kombt, Schiff und Menschen, verschlinget; dafür wir uns zu hüten pflegten.
Als wir nun näher, unter bereits von Kaiserlichen und Bayern belagerte Veste Ofen, als auf welches der Donaustrom geradezu zwischen Pest lauft, da wurde aus der Stadt stark Feuer mit Stücken auf die Flotten gemacht. Es traf uns aber keine Kugel; und war entweder zu kurz oder zu lang. Doch mußten unser Leut arbeiten aus Macht, daß wir rechter Hand an das Kaiserliche Lager ans Land kamen. Unser Lager uns nahe bei den Kaiserlichen auf einer Höhe angewiesen und ausgelastet wurde.
Hier war ich alleine, hatte kein Geld und kein’n Proviant. Unsere Armee stunde jenseit der Donau. Deswegen ich mich resolvierete: über die Schiffbrücke bei Pest zu ihnen zu gehen. Ich hatte mir aber nicht eingebildet, daß es über eine Meil war.
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/53>, abgerufen am 26.07.2024. |