Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.Warum flohe ich auch nicht vor diesem gefährlichen Marsche, da es mir so übel und erbärmlich ging? Doch es sollte so sein. GOtt wollte mich auch dies erfahren lassen, daß ich erzählen sollte, was der HErr an meiner Seelen gethan. Kurz darauf gingen wir im Beisein des Kurfürstens in Berlin durch die Mustrung. Als es aber an mich kam und der General (der brav und unerhöret fluchen konnte, dessen Stamm und Kinder alle ausgerottet und vergangen, wie die Spreu vom Winde, sind) mich sahe, und es eben sehr regnete, da meine sonst schöne und aufgekrauseten Haar wie die Rattenschwänze umb dem Kopfe hingen, und ich ganz erfroren und miserabel aussahe, hat der General mit harter Stimme mich bald davongejaget; sagte: "Welcher Teufel hat dich hergebracht? Du, du wirst keine große Thaten thun, weg mit dir!" - Da mich denn der Medicus und Regiments- Chirurgus, welche mich examinieret hatten, vertraten und sprachen: "Ihro Excellenz, ob er gleich jung ist, er wird wohl bestehen." - Drauf mußte ich fortrücken, und mein Nam wurde eingeschrieben, und bekamen wir Geld. Der Marsch ging über Frankfurt und Krossen. Bis dahin der Kurfürst uns (weil er zwar ein großer Liebhaber der Soldaten, aber doch in seiner Ordnung war) begleitete. Die Zelt wurden aufgeschlagen und ein formales Lager drei Tage gehalten. Das Bier und Wasser in dem Städtchen wurde vom Viehe und so viel Menschen ganz ausgesoffen, daß nichts mehr zu bekommen war, und wir von weitem es holen mußten. Endlich wurde zum Marsch geblasen und die Stücke zum Abschied alle gelöset. Der wohlseelige Kurfürst, als ein liebreicher, tapferer Held, nahm vor der Fronte von uns allen Abschied, zwar mit Thränen, und sagte: "Nun ziehet hin, ihr Warum flohe ich auch nicht vor diesem gefährlichen Marsche, da es mir so übel und erbärmlich ging? Doch es sollte so sein. GOtt wollte mich auch dies erfahren lassen, daß ich erzählen sollte, was der HErr an meiner Seelen gethan. Kurz darauf gingen wir im Beisein des Kurfürstens in Berlin durch die Mustrung. Als es aber an mich kam und der General (der brav und unerhöret fluchen konnte, dessen Stamm und Kinder alle ausgerottet und vergangen, wie die Spreu vom Winde, sind) mich sahe, und es eben sehr regnete, da meine sonst schöne und aufgekrauseten Haar wie die Rattenschwänze umb dem Kopfe hingen, und ich ganz erfroren und miserabel aussahe, hat der General mit harter Stimme mich bald davongejaget; sagte: „Welcher Teufel hat dich hergebracht? Du, du wirst keine große Thaten thun, weg mit dir!“ – Da mich denn der Medicus und Regiments- Chirurgus, welche mich examinieret hatten, vertraten und sprachen: „Ihro Excellenz, ob er gleich jung ist, er wird wohl bestehen.“ – Drauf mußte ich fortrücken, und mein Nam wurde eingeschrieben, und bekamen wir Geld. Der Marsch ging über Frankfurt und Krossen. Bis dahin der Kurfürst uns (weil er zwar ein großer Liebhaber der Soldaten, aber doch in seiner Ordnung war) begleitete. Die Zelt wurden aufgeschlagen und ein formales Lager drei Tage gehalten. Das Bier und Wasser in dem Städtchen wurde vom Viehe und so viel Menschen ganz ausgesoffen, daß nichts mehr zu bekommen war, und wir von weitem es holen mußten. Endlich wurde zum Marsch geblasen und die Stücke zum Abschied alle gelöset. Der wohlseelige Kurfürst, als ein liebreicher, tapferer Held, nahm vor der Fronte von uns allen Abschied, zwar mit Thränen, und sagte: „Nun ziehet hin, ihr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <pb facs="#f0046"/> <p>Warum flohe ich auch nicht vor diesem gefährlichen Marsche, da es mir so übel und erbärmlich ging? Doch es sollte so sein. GOtt wollte mich auch dies erfahren lassen, daß ich erzählen sollte, was der HErr an meiner Seelen gethan.</p> <p><hi rendition="#in">K</hi>urz darauf gingen wir im Beisein des Kurfürstens in Berlin durch die Mustrung. 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Warum flohe ich auch nicht vor diesem gefährlichen Marsche, da es mir so übel und erbärmlich ging? Doch es sollte so sein. GOtt wollte mich auch dies erfahren lassen, daß ich erzählen sollte, was der HErr an meiner Seelen gethan.
Kurz darauf gingen wir im Beisein des Kurfürstens in Berlin durch die Mustrung. Als es aber an mich kam und der General (der brav und unerhöret fluchen konnte, dessen Stamm und Kinder alle ausgerottet und vergangen, wie die Spreu vom Winde, sind) mich sahe, und es eben sehr regnete, da meine sonst schöne und aufgekrauseten Haar wie die Rattenschwänze umb dem Kopfe hingen, und ich ganz erfroren und miserabel aussahe, hat der General mit harter Stimme mich bald davongejaget; sagte: „Welcher Teufel hat dich hergebracht? Du, du wirst keine große Thaten thun, weg mit dir!“ – Da mich denn der Medicus und Regiments- Chirurgus, welche mich examinieret hatten, vertraten und sprachen: „Ihro Excellenz, ob er gleich jung ist, er wird wohl bestehen.“ – Drauf mußte ich fortrücken, und mein Nam wurde eingeschrieben, und bekamen wir Geld.
Der Marsch ging über Frankfurt und Krossen. Bis dahin der Kurfürst uns (weil er zwar ein großer Liebhaber der Soldaten, aber doch in seiner Ordnung war) begleitete. Die Zelt wurden aufgeschlagen und ein formales Lager drei Tage gehalten. Das Bier und Wasser in dem Städtchen wurde vom Viehe und so viel Menschen ganz ausgesoffen, daß nichts mehr zu bekommen war, und wir von weitem es holen mußten. Endlich wurde zum Marsch geblasen und die Stücke zum Abschied alle gelöset.
Der wohlseelige Kurfürst, als ein liebreicher, tapferer Held, nahm vor der Fronte von uns allen Abschied, zwar mit Thränen, und sagte: „Nun ziehet hin, ihr
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/46>, abgerufen am 25.07.2024. |