Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.mich von solcher Gelegenheit loszumachen, aber - ich konnte nicht. Denn sie mir keine Ruhe ließen und des Abends mich ausholeten und anklopften. Darüber meine alte Hausfrau sehr schalt; auch der alte Herr mich oft selbst mitnahm. Es war ein Apotheker daselbst, der bat mich bei meinem Herrn los auf zwei Tage, mit ihm zu reisen; ohne daß ich erfahren können, wohin. Die Kutsche kam vor die Thür, und wir fuhren den ganzen Tag, bis es finster wurde, durch die Wälder. Endlich gelangten wir in dem Wald in ein schön Lustschloß. Da wurden wir aufs herrlichste empfangen von Frauenzimmern und wohl bei der Tafel traktieret. Zudem erhub sich hinter dem Schirm eine köstliche Lauten-Musik mit Singen. Nach Tische aber ging es zum Tanz. Ich wußte nicht, mit wem ich's zu thun hatte. Endlich setzte ich mich bei eine, welche sich am freundlichsten gegen mich stellete, und erfuhr von ihr: daß die eine ihrer Befreundinnen des Apothekers Liebste wäre, sie aber mit mir in Spandau bekannt worden und mich gerne mit dabei sehen wollen. Ich bedankete mich vor die sonderbare Ehre, aber es war mir nicht umbs Herz. Denn ich wäre lieber davongewesen, wohl sehend, daß es lauter Fangeisen und Netz waren. Doch mußte mir's so gefallen lassen, und im besten Rausch von Wein mich lassen zu Bett bringen. Da ich denn allein in ein Zimmer, und jener auch allein, in die kurfürstlichen Betten logieret wurden, was selbige Nacht ferner passieret, kann ich nicht sagen; denn ich etwas trunken gewesen, und die Ehrbarkeit es nicht zuläßt. Des Morgens hatte ich meinen Aufwecker und glühenden Wein mit dem besten Konfekt ec. Des Vormittages erlustigten wir uns mit Jagen und Hetzen bis Mittag, da mich von solcher Gelegenheit loszumachen, aber – ich konnte nicht. Denn sie mir keine Ruhe ließen und des Abends mich ausholeten und anklopften. Darüber meine alte Hausfrau sehr schalt; auch der alte Herr mich oft selbst mitnahm. Es war ein Apotheker daselbst, der bat mich bei meinem Herrn los auf zwei Tage, mit ihm zu reisen; ohne daß ich erfahren können, wohin. Die Kutsche kam vor die Thür, und wir fuhren den ganzen Tag, bis es finster wurde, durch die Wälder. Endlich gelangten wir in dem Wald in ein schön Lustschloß. Da wurden wir aufs herrlichste empfangen von Frauenzimmern und wohl bei der Tafel traktieret. Zudem erhub sich hinter dem Schirm eine köstliche Lauten-Musik mit Singen. Nach Tische aber ging es zum Tanz. Ich wußte nicht, mit wem ich’s zu thun hatte. Endlich setzte ich mich bei eine, welche sich am freundlichsten gegen mich stellete, und erfuhr von ihr: daß die eine ihrer Befreundinnen des Apothekers Liebste wäre, sie aber mit mir in Spandau bekannt worden und mich gerne mit dabei sehen wollen. Ich bedankete mich vor die sonderbare Ehre, aber es war mir nicht umbs Herz. Denn ich wäre lieber davongewesen, wohl sehend, daß es lauter Fangeisen und Netz waren. Doch mußte mir’s so gefallen lassen, und im besten Rausch von Wein mich lassen zu Bett bringen. Da ich denn allein in ein Zimmer, und jener auch allein, in die kurfürstlichen Betten logieret wurden, was selbige Nacht ferner passieret, kann ich nicht sagen; denn ich etwas trunken gewesen, und die Ehrbarkeit es nicht zuläßt. Des Morgens hatte ich meinen Aufwecker und glühenden Wein mit dem besten Konfekt ec. Des Vormittages erlustigten wir uns mit Jagen und Hetzen bis Mittag, da <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0042"/> mich von solcher Gelegenheit loszumachen, aber – ich konnte nicht. Denn sie mir keine Ruhe ließen und des Abends mich ausholeten und anklopften. 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Denn ich wäre lieber davongewesen, wohl sehend, daß es lauter Fangeisen und Netz waren. Doch mußte mir’s so gefallen lassen, und im besten Rausch von Wein mich lassen zu Bett bringen. Da ich denn allein in ein Zimmer, und jener auch allein, in die kurfürstlichen Betten logieret wurden, was selbige Nacht ferner passieret, kann ich nicht sagen; denn ich etwas trunken gewesen, und die Ehrbarkeit es nicht zuläßt.</p> <p>Des Morgens hatte ich meinen Aufwecker und glühenden Wein mit dem besten Konfekt ec. Des Vormittages erlustigten wir uns mit Jagen und Hetzen bis Mittag, da </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0042]
mich von solcher Gelegenheit loszumachen, aber – ich konnte nicht. Denn sie mir keine Ruhe ließen und des Abends mich ausholeten und anklopften. Darüber meine alte Hausfrau sehr schalt; auch der alte Herr mich oft selbst mitnahm.
Es war ein Apotheker daselbst, der bat mich bei meinem Herrn los auf zwei Tage, mit ihm zu reisen; ohne daß ich erfahren können, wohin. Die Kutsche kam vor die Thür, und wir fuhren den ganzen Tag, bis es finster wurde, durch die Wälder. Endlich gelangten wir in dem Wald in ein schön Lustschloß.
Da wurden wir aufs herrlichste empfangen von Frauenzimmern und wohl bei der Tafel traktieret. Zudem erhub sich hinter dem Schirm eine köstliche Lauten-Musik mit Singen. Nach Tische aber ging es zum Tanz. Ich wußte nicht, mit wem ich’s zu thun hatte. Endlich setzte ich mich bei eine, welche sich am freundlichsten gegen mich stellete, und erfuhr von ihr: daß die eine ihrer Befreundinnen des Apothekers Liebste wäre, sie aber mit mir in Spandau bekannt worden und mich gerne mit dabei sehen wollen. Ich bedankete mich vor die sonderbare Ehre, aber es war mir nicht umbs Herz. Denn ich wäre lieber davongewesen, wohl sehend, daß es lauter Fangeisen und Netz waren. Doch mußte mir’s so gefallen lassen, und im besten Rausch von Wein mich lassen zu Bett bringen. Da ich denn allein in ein Zimmer, und jener auch allein, in die kurfürstlichen Betten logieret wurden, was selbige Nacht ferner passieret, kann ich nicht sagen; denn ich etwas trunken gewesen, und die Ehrbarkeit es nicht zuläßt.
Des Morgens hatte ich meinen Aufwecker und glühenden Wein mit dem besten Konfekt ec. Des Vormittages erlustigten wir uns mit Jagen und Hetzen bis Mittag, da
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/42>, abgerufen am 16.02.2025. |