Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.dem Herrn Rathsmeister Bertram seeligem von zwanzig Mann Exekution, so er im Haus hatte, loshalf. Deshalb ging ich zu Herrn Rathsmeister Kosten ins Haus. Als er aber just zum Fenster aussahe, machte ich mein demütig Kompliment und bat sehr: sich meiner, wegen des begangenen Fehlers, anzunehmen. - Aber er sagte: "Ihr seid klug gnug; was gehet mich das an? sehet ihr zu!" Schmiß damit das Fenster zu. - Bei Herrn Doktor Reimerschen, welcher sonst viel gilt bei dem Rath, ging ich auch, so mein Herr Gevatter und zur Hochzeit und Kindtaufen bei mir sein müssen. Bei Herrn Licentiaten Knorren ging ich. - War aber alles nichts. Da war nicht einer, der vor mir bitten, oder sich meiner annehmen gewollt. Ich schrieb einen Brief, gar wehemütig, meinen geringen Fehler zu entschuldigen. Aber nichts bei dem Herrn Präsident, der mir sonst wohl gewollt, weil ich ihm sein Glück bei dieser Stadt vorher prognostizieret und gesaget. So gehet es in der Welt; Freunde in der Not, gehen vierundzwanzig auf ein Lot; doch besser meinet es GOtt; die andern sind's nur bei Wein, Geld und Brot. Weil ich nun hier in der Klemme war (ein jeder schon jubilierte, wie mir's gehen würde!), resolvierte mich derhalben kurz: aus zwei Bösen eins zu wählen und mich lieber in Berlin unter gnädige Strafe zu submittieren, als hier mich unter meinen Feinden zerren und beschimpfen zu lassen. Setzte mich auf die geschwinde Post nach Berlin. Ich hatte eben auf dem Nebelthauischen Konkurs von 1720, so noch bis dato währet, vierhundert Thaler an Dukaten gehoben, so ich mit meinem eigenen Gelde sechs Jahr teuer gnug verintressieren müssen. Diese nahm ich mit dem Herrn Rathsmeister Bertram seeligem von zwanzig Mann Exekution, so er im Haus hatte, loshalf. Deshalb ging ich zu Herrn Rathsmeister Kosten ins Haus. Als er aber just zum Fenster aussahe, machte ich mein demütig Kompliment und bat sehr: sich meiner, wegen des begangenen Fehlers, anzunehmen. – Aber er sagte: „Ihr seid klug gnug; was gehet mich das an? sehet ihr zu!“ Schmiß damit das Fenster zu. – Bei Herrn Doktor Reimerschen, welcher sonst viel gilt bei dem Rath, ging ich auch, so mein Herr Gevatter und zur Hochzeit und Kindtaufen bei mir sein müssen. Bei Herrn Licentiaten Knorren ging ich. – War aber alles nichts. Da war nicht einer, der vor mir bitten, oder sich meiner annehmen gewollt. Ich schrieb einen Brief, gar wehemütig, meinen geringen Fehler zu entschuldigen. Aber nichts bei dem Herrn Präsident, der mir sonst wohl gewollt, weil ich ihm sein Glück bei dieser Stadt vorher prognostizieret und gesaget. So gehet es in der Welt; Freunde in der Not, gehen vierundzwanzig auf ein Lot; doch besser meinet es GOtt; die andern sind’s nur bei Wein, Geld und Brot. Weil ich nun hier in der Klemme war (ein jeder schon jubilierte, wie mir’s gehen würde!), resolvierte mich derhalben kurz: aus zwei Bösen eins zu wählen und mich lieber in Berlin unter gnädige Strafe zu submittieren, als hier mich unter meinen Feinden zerren und beschimpfen zu lassen. Setzte mich auf die geschwinde Post nach Berlin. Ich hatte eben auf dem Nebelthauischen Konkurs von 1720, so noch bis dato währet, vierhundert Thaler an Dukaten gehoben, so ich mit meinem eigenen Gelde sechs Jahr teuer gnug verintressieren müssen. Diese nahm ich mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0291"/> dem Herrn Rathsmeister Bertram seeligem von zwanzig Mann Exekution, so er im Haus hatte, loshalf.</p> <p>Deshalb ging ich zu Herrn Rathsmeister Kosten ins Haus. 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Aber nichts bei dem Herrn Präsident, der mir sonst wohl gewollt, weil ich ihm sein Glück bei dieser Stadt vorher prognostizieret und gesaget.</p> <p>So gehet es in der Welt; Freunde in der Not, gehen vierundzwanzig auf ein Lot; doch besser meinet es GOtt; die andern sind’s nur bei Wein, Geld und Brot.</p> <p><hi rendition="#in">W</hi>eil ich nun hier in der Klemme war (ein jeder schon jubilierte, wie mir’s gehen würde!), resolvierte mich derhalben kurz: aus zwei Bösen eins zu wählen und mich lieber in Berlin unter gnädige Strafe zu submittieren, als hier mich unter meinen Feinden zerren und beschimpfen zu lassen.</p> <p>Setzte mich auf die geschwinde Post nach Berlin. Ich hatte eben auf dem Nebelthauischen Konkurs von 1720, so noch bis <hi rendition="#aq">dato</hi> währet, vierhundert Thaler an Dukaten gehoben, so ich mit meinem eigenen Gelde sechs Jahr teuer gnug verintressieren müssen. Diese nahm ich mit </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0291]
dem Herrn Rathsmeister Bertram seeligem von zwanzig Mann Exekution, so er im Haus hatte, loshalf.
Deshalb ging ich zu Herrn Rathsmeister Kosten ins Haus. Als er aber just zum Fenster aussahe, machte ich mein demütig Kompliment und bat sehr: sich meiner, wegen des begangenen Fehlers, anzunehmen. – Aber er sagte: „Ihr seid klug gnug; was gehet mich das an? sehet ihr zu!“ Schmiß damit das Fenster zu. – Bei Herrn Doktor Reimerschen, welcher sonst viel gilt bei dem Rath, ging ich auch, so mein Herr Gevatter und zur Hochzeit und Kindtaufen bei mir sein müssen. Bei Herrn Licentiaten Knorren ging ich. – War aber alles nichts. Da war nicht einer, der vor mir bitten, oder sich meiner annehmen gewollt. Ich schrieb einen Brief, gar wehemütig, meinen geringen Fehler zu entschuldigen. Aber nichts bei dem Herrn Präsident, der mir sonst wohl gewollt, weil ich ihm sein Glück bei dieser Stadt vorher prognostizieret und gesaget.
So gehet es in der Welt; Freunde in der Not, gehen vierundzwanzig auf ein Lot; doch besser meinet es GOtt; die andern sind’s nur bei Wein, Geld und Brot.
Weil ich nun hier in der Klemme war (ein jeder schon jubilierte, wie mir’s gehen würde!), resolvierte mich derhalben kurz: aus zwei Bösen eins zu wählen und mich lieber in Berlin unter gnädige Strafe zu submittieren, als hier mich unter meinen Feinden zerren und beschimpfen zu lassen.
Setzte mich auf die geschwinde Post nach Berlin. Ich hatte eben auf dem Nebelthauischen Konkurs von 1720, so noch bis dato währet, vierhundert Thaler an Dukaten gehoben, so ich mit meinem eigenen Gelde sechs Jahr teuer gnug verintressieren müssen. Diese nahm ich mit
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/291>, abgerufen am 16.02.2025. |