Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.sich so bald nicht helfen, liefen und schoben die Schweinersfedern mit Geschrei hinter mir her. Allein umbsonst. Ich war weg und davon, da ich gar bald umbs Leben oder in groß Unglück geraten können. - Darum dies die Warnung nach der Lehre Sirachs: daß man nicht bösen Buben folgen, und in die Kirche gehen solle. Weilen nun die Peste gar sehr überhand nahm und erbärmlich anzusehen, wie die Gassen leer, die Häuser zu, hie und da Zetergeschrei und rasende Leute oben in Thüren und Fenstern, sich itzt herunterstürzen, stunden, auch nichts mehr zu thun war, und kein Mensch arbeitete, noch barbierete, hieß mich mein Herr auch weggehen. Insonderheit weil meine Eltern bereits aus der Stadt naus, an die Heide in einem Weinberge eine Hütte gebauet, Keller gegraben, sich logieret hatten, auch viel von meines Herrn Kunden, welche ich barbieren mußte, sich hinausbegeben, praktizierte ich mich auch hinaus und bedienete meinen Vater und andere, verdienete etwas und machte den Leuten Arzenei. Insonderheit machte ich eine Pestessenz, welche approbieret, uns und viele Leute, nächst GOtt, erhalten. Denn der Vater jedem einen halben Löffel des morgens gab. Und ob ich gleich durch vieles Einsammlen des Giftes die Pest würklich auf diese Art bekam: daß, da ich und mein Bruder, der Mutter einen Karpen in Cröllwitz zu holen, geschickt wurden, daselbst aber keinen Menschen im Dorfe befunden, oben bei dem Damm aber ein Lager von Kranken und miserabeln Kindern und Leuten antrafen, endlich bei ziemlichem Winde übers Wasser fuhren und Karpen bekamen; zugleich ich auch von Schröcken und Entsetzen die Pest mit nach Hause brachte. Sahe mir solches mein Vater gleich an, weil ich heftig sich so bald nicht helfen, liefen und schoben die Schweinersfedern mit Geschrei hinter mir her. Allein umbsonst. Ich war weg und davon, da ich gar bald umbs Leben oder in groß Unglück geraten können. – Darum dies die Warnung nach der Lehre Sirachs: daß man nicht bösen Buben folgen, und in die Kirche gehen solle. Weilen nun die Peste gar sehr überhand nahm und erbärmlich anzusehen, wie die Gassen leer, die Häuser zu, hie und da Zetergeschrei und rasende Leute oben in Thüren und Fenstern, sich itzt herunterstürzen, stunden, auch nichts mehr zu thun war, und kein Mensch arbeitete, noch barbierete, hieß mich mein Herr auch weggehen. Insonderheit weil meine Eltern bereits aus der Stadt naus, an die Heide in einem Weinberge eine Hütte gebauet, Keller gegraben, sich logieret hatten, auch viel von meines Herrn Kunden, welche ich barbieren mußte, sich hinausbegeben, praktizierte ich mich auch hinaus und bedienete meinen Vater und andere, verdienete etwas und machte den Leuten Arzenei. Insonderheit machte ich eine Pestessenz, welche approbieret, uns und viele Leute, nächst GOtt, erhalten. Denn der Vater jedem einen halben Löffel des morgens gab. Und ob ich gleich durch vieles Einsammlen des Giftes die Pest würklich auf diese Art bekam: daß, da ich und mein Bruder, der Mutter einen Karpen in Cröllwitz zu holen, geschickt wurden, daselbst aber keinen Menschen im Dorfe befunden, oben bei dem Damm aber ein Lager von Kranken und miserabeln Kindern und Leuten antrafen, endlich bei ziemlichem Winde übers Wasser fuhren und Karpen bekamen; zugleich ich auch von Schröcken und Entsetzen die Pest mit nach Hause brachte. 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Insonderheit machte ich eine Pestessenz, welche approbieret, uns und viele Leute, nächst GOtt, erhalten. Denn der Vater jedem einen halben Löffel des morgens gab.</p> <p>Und ob ich gleich durch vieles Einsammlen des Giftes die Pest würklich auf diese Art bekam: daß, da ich und mein Bruder, der Mutter einen Karpen in Cröllwitz zu holen, geschickt wurden, daselbst aber keinen Menschen im Dorfe befunden, oben bei dem Damm aber ein Lager von Kranken und miserabeln Kindern und Leuten antrafen, endlich bei ziemlichem Winde übers Wasser fuhren und Karpen bekamen; zugleich ich auch von Schröcken und Entsetzen die Pest mit nach Hause brachte.</p> <p>Sahe mir solches mein Vater gleich an, weil ich heftig </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
sich so bald nicht helfen, liefen und schoben die Schweinersfedern mit Geschrei hinter mir her. Allein umbsonst. Ich war weg und davon, da ich gar bald umbs Leben oder in groß Unglück geraten können. – Darum dies die Warnung nach der Lehre Sirachs: daß man nicht bösen Buben folgen, und in die Kirche gehen solle.
Weilen nun die Peste gar sehr überhand nahm und erbärmlich anzusehen, wie die Gassen leer, die Häuser zu, hie und da Zetergeschrei und rasende Leute oben in Thüren und Fenstern, sich itzt herunterstürzen, stunden, auch nichts mehr zu thun war, und kein Mensch arbeitete, noch barbierete, hieß mich mein Herr auch weggehen.
Insonderheit weil meine Eltern bereits aus der Stadt naus, an die Heide in einem Weinberge eine Hütte gebauet, Keller gegraben, sich logieret hatten, auch viel von meines Herrn Kunden, welche ich barbieren mußte, sich hinausbegeben, praktizierte ich mich auch hinaus und bedienete meinen Vater und andere, verdienete etwas und machte den Leuten Arzenei. Insonderheit machte ich eine Pestessenz, welche approbieret, uns und viele Leute, nächst GOtt, erhalten. Denn der Vater jedem einen halben Löffel des morgens gab.
Und ob ich gleich durch vieles Einsammlen des Giftes die Pest würklich auf diese Art bekam: daß, da ich und mein Bruder, der Mutter einen Karpen in Cröllwitz zu holen, geschickt wurden, daselbst aber keinen Menschen im Dorfe befunden, oben bei dem Damm aber ein Lager von Kranken und miserabeln Kindern und Leuten antrafen, endlich bei ziemlichem Winde übers Wasser fuhren und Karpen bekamen; zugleich ich auch von Schröcken und Entsetzen die Pest mit nach Hause brachte.
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/29>, abgerufen am 25.07.2024. |