Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.Breslau ist sonst ein schöner Ort; und viel zu sehen von Katholiken, ihre Klöster, Prozessionen, Messen, heilige Grab, allerhand Komödien von Christi Geburt und Sterben, wie sich da die Leut geißlen und mit dem Kreuz schleppen ec. Aber, große Verführung vor junge Leute von Weibesmenschen! - Denn da mich mein Landesmann von Dölitz gerade Hand mitnahm in ein Weinhaus oben, waren zwei Weibesstück mit ihrer Mutter, so gut mittranken und -aßen, was wir vors Geld holen ließen. Kam in der Nacht ein großer Lärmen an die Thür, und wollten die Thür aufschlagen. Die Menscher sahen nunter und fragten: was sie wollten? - Sie schrieen: "Macht auf, oder wir schlagen die Thür ein; es sind zwei Kerl oben, die müssen wir haben!" - Das Mensch, erschrocken, sagte: "Die ganze Wache ist da, mir müssen aufmachen." - Da war uns beiden angst. Und verkrochen uns zu oberst aufm Boden unter große Fässer. - Sie kamen rein, durchsuchten alles, fanden uns aber zum großen Glücke nicht. Denn wir hätten müssen bei der großen Werbung Soldaten werden. Ein andres Mal wurde ich wieder verführet von sieben Barbiergesellen. Denn sie hingen alle an mir, wie die Kletten, und waren teils bekannt, weil ich ihnen in Leipzig collegia chirurgica deutsch gelesen. Und meine sonderliche philosophiam vor mich, hatte ich ihnen bekannt gemacht. Nämlich: daß die Komplexionen bei einem Menschen nichts hießen, oder nicht vollkommen statuieret werden können; hingegen aber nach dem theophrastischen und andern principiis von Salz, Schwefel und mercurio, da alles in der ganzen Welt von zusammengesetzet, ja der allmächtige GOtt selbst in drei Personen verherrlichet wird, also auch der Mensch nebenst Geist, Seele und Leib, aus Breslau ist sonst ein schöner Ort; und viel zu sehen von Katholiken, ihre Klöster, Prozessionen, Messen, heilige Grab, allerhand Komödien von Christi Geburt und Sterben, wie sich da die Leut geißlen und mit dem Kreuz schleppen ec. Aber, große Verführung vor junge Leute von Weibesmenschen! – Denn da mich mein Landesmann von Dölitz gerade Hand mitnahm in ein Weinhaus oben, waren zwei Weibesstück mit ihrer Mutter, so gut mittranken und -aßen, was wir vors Geld holen ließen. Kam in der Nacht ein großer Lärmen an die Thür, und wollten die Thür aufschlagen. Die Menscher sahen nunter und fragten: was sie wollten? – Sie schrieen: „Macht auf, oder wir schlagen die Thür ein; es sind zwei Kerl oben, die müssen wir haben!“ – Das Mensch, erschrocken, sagte: „Die ganze Wache ist da, mir müssen aufmachen.“ – Da war uns beiden angst. Und verkrochen uns zu oberst aufm Boden unter große Fässer. – Sie kamen rein, durchsuchten alles, fanden uns aber zum großen Glücke nicht. Denn wir hätten müssen bei der großen Werbung Soldaten werden. Ein andres Mal wurde ich wieder verführet von sieben Barbiergesellen. Denn sie hingen alle an mir, wie die Kletten, und waren teils bekannt, weil ich ihnen in Leipzig collegia chirurgica deutsch gelesen. Und meine sonderliche philosophiam vor mich, hatte ich ihnen bekannt gemacht. Nämlich: daß die Komplexionen bei einem Menschen nichts hießen, oder nicht vollkommen statuieret werden können; hingegen aber nach dem theophrastischen und andern principiis von Salz, Schwefel und mercurio, da alles in der ganzen Welt von zusammengesetzet, ja der allmächtige GOtt selbst in drei Personen verherrlichet wird, also auch der Mensch nebenst Geist, Seele und Leib, aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <pb facs="#f0208"/> <p><hi rendition="#in">B</hi>reslau ist sonst ein schöner Ort; und viel zu sehen von Katholiken, ihre Klöster, Prozessionen, Messen, heilige Grab, allerhand Komödien von Christi Geburt und Sterben, wie sich da die Leut geißlen und mit dem Kreuz schleppen ec. Aber, große Verführung vor junge Leute von Weibesmenschen! – Denn da mich mein Landesmann von Dölitz gerade Hand mitnahm in ein Weinhaus oben, waren zwei Weibesstück mit ihrer Mutter, so gut mittranken und -aßen, was wir vors Geld holen ließen. Kam in der Nacht ein großer Lärmen an die Thür, und wollten die Thür aufschlagen. Die Menscher sahen nunter und fragten: was sie wollten? – Sie schrieen: „Macht auf, oder wir schlagen die Thür ein; es sind zwei Kerl oben, die müssen wir haben!“ – Das Mensch, erschrocken, sagte: „Die ganze Wache ist da, mir müssen aufmachen.“ – Da war uns beiden angst. Und verkrochen uns zu oberst aufm Boden unter große Fässer. – Sie kamen rein, durchsuchten alles, fanden uns aber zum großen Glücke nicht. Denn wir hätten müssen bei der großen Werbung Soldaten werden.</p> <p><hi rendition="#in">E</hi>in andres Mal wurde ich wieder verführet von sieben Barbiergesellen. Denn sie hingen alle an mir, wie die Kletten, und waren teils bekannt, weil ich ihnen in Leipzig <hi rendition="#aq">collegia chirurgica</hi> deutsch gelesen. Und meine sonderliche <hi rendition="#aq">philosophiam</hi> vor mich, hatte ich ihnen bekannt gemacht. 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Breslau ist sonst ein schöner Ort; und viel zu sehen von Katholiken, ihre Klöster, Prozessionen, Messen, heilige Grab, allerhand Komödien von Christi Geburt und Sterben, wie sich da die Leut geißlen und mit dem Kreuz schleppen ec. Aber, große Verführung vor junge Leute von Weibesmenschen! – Denn da mich mein Landesmann von Dölitz gerade Hand mitnahm in ein Weinhaus oben, waren zwei Weibesstück mit ihrer Mutter, so gut mittranken und -aßen, was wir vors Geld holen ließen. Kam in der Nacht ein großer Lärmen an die Thür, und wollten die Thür aufschlagen. Die Menscher sahen nunter und fragten: was sie wollten? – Sie schrieen: „Macht auf, oder wir schlagen die Thür ein; es sind zwei Kerl oben, die müssen wir haben!“ – Das Mensch, erschrocken, sagte: „Die ganze Wache ist da, mir müssen aufmachen.“ – Da war uns beiden angst. Und verkrochen uns zu oberst aufm Boden unter große Fässer. – Sie kamen rein, durchsuchten alles, fanden uns aber zum großen Glücke nicht. Denn wir hätten müssen bei der großen Werbung Soldaten werden.
Ein andres Mal wurde ich wieder verführet von sieben Barbiergesellen. Denn sie hingen alle an mir, wie die Kletten, und waren teils bekannt, weil ich ihnen in Leipzig collegia chirurgica deutsch gelesen. Und meine sonderliche philosophiam vor mich, hatte ich ihnen bekannt gemacht. Nämlich: daß die Komplexionen bei einem Menschen nichts hießen, oder nicht vollkommen statuieret werden können; hingegen aber nach dem theophrastischen und andern principiis von Salz, Schwefel und mercurio, da alles in der ganzen Welt von zusammengesetzet, ja der allmächtige GOtt selbst in drei Personen verherrlichet wird, also auch der Mensch nebenst Geist, Seele und Leib, aus
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/208>, abgerufen am 26.07.2024. |