Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich ward fast ohnmächtig, so weit zu gehen; und die pochette war auch all, mit dem Branntwein und Toback; deshalb ich mich oft mit meiner Flint niedersetzte; der Kommandeur aber nicht; denn er war ein junger, starker Mann und der Strapatze gewohnt.

Als er sahe über dem Revier, wodurch wir waten könnten, einen großen Bär stehen, wollte er durchaus hinüber und selbigen totschießen; und ich sollte mit. Ich hatte gnug zu wehren und zu warnen, indem ich ihme vorstellete: ich war kein guter Schütz, und er könnte fehlen, da kostet's unser beider Leben. - Endlich ließ er's bleiben und ging mit mir fort, den Berg hinauf, nach der See sehende.

Aber ich konnte nicht mehr vor Mattigkeit und fiel immer übern Haufen. Da nahm er seinen Hut voll Wasser, so da vom Berge lief, und begoß mich; wollte mir zu trinken geben davon. Allein es ging mir, wie jenem Schneidergesellen, der da geschrieen hatte: "Mester, Brot, Brot!" - Denn ich war ganz verschmacht vor Hunger.

Als ich nun so am Berge liegen blieb und er mich nicht weiter bringen kunnte, lief er auf den Berg und schoß die Flinte los, den andern Losung zu geben.

Es ware auch kaum eine Stunde, da waren die andern wieder bei uns und brachten 'ne pochette, Branntwein, Wein und Tobak. Wir saßen da und speiseten und tranken, so gut wir's hatten. Und da wurd's besser mit mir, daß ich wieder marschieren kunnte nach dem Schiff. Da war indessen von dem Wild gebraten und gesotten, so lange es währete, und schmeckete uns trefflich schön.

Zudem konnten wir auch schöne Fische angeln; zumal die frischen Butt, oder Schollen, mit einer dreizinkigten Gabel stechen: zumal wann Ebbe, wohe das Meer wohl eine gute halbe Meil eingefallen; und konnte man weit ins Meer gehen, Muscheln suchen und Krabben.

Ich ward fast ohnmächtig, so weit zu gehen; und die pochette war auch all, mit dem Branntwein und Toback; deshalb ich mich oft mit meiner Flint niedersetzte; der Kommandeur aber nicht; denn er war ein junger, starker Mann und der Strapatze gewohnt.

Als er sahe über dem Revier, wodurch wir waten könnten, einen großen Bär stehen, wollte er durchaus hinüber und selbigen totschießen; und ich sollte mit. Ich hatte gnug zu wehren und zu warnen, indem ich ihme vorstellete: ich war kein guter Schütz, und er könnte fehlen, da kostet’s unser beider Leben. – Endlich ließ er’s bleiben und ging mit mir fort, den Berg hinauf, nach der See sehende.

Aber ich konnte nicht mehr vor Mattigkeit und fiel immer übern Haufen. Da nahm er seinen Hut voll Wasser, so da vom Berge lief, und begoß mich; wollte mir zu trinken geben davon. Allein es ging mir, wie jenem Schneidergesellen, der da geschrieen hatte: „Mester, Brot, Brot!“ – Denn ich war ganz verschmacht vor Hunger.

Als ich nun so am Berge liegen blieb und er mich nicht weiter bringen kunnte, lief er auf den Berg und schoß die Flinte los, den andern Losung zu geben.

Es ware auch kaum eine Stunde, da waren die andern wieder bei uns und brachten ’ne pochette, Branntwein, Wein und Tobak. Wir saßen da und speiseten und tranken, so gut wir’s hatten. Und da wurd’s besser mit mir, daß ich wieder marschieren kunnte nach dem Schiff. Da war indessen von dem Wild gebraten und gesotten, so lange es währete, und schmeckete uns trefflich schön.

Zudem konnten wir auch schöne Fische angeln; zumal die frischen Butt, oder Schollen, mit einer dreizinkigten Gabel stechen: zumal wann Ebbe, wohe das Meer wohl eine gute halbe Meil eingefallen; und konnte man weit ins Meer gehen, Muscheln suchen und Krabben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <pb facs="#f0145"/>
          <p>Ich ward fast ohnmächtig, so weit zu gehen; und die <hi rendition="#aq">pochette</hi> war auch all, mit dem Branntwein und Toback; deshalb ich mich oft mit meiner Flint niedersetzte; der Kommandeur aber nicht; denn er war ein junger, starker Mann und der Strapatze gewohnt.</p>
          <p>Als er sahe über dem Revier, wodurch wir waten könnten, einen großen Bär stehen, wollte er durchaus hinüber und selbigen totschießen; und ich sollte mit. Ich hatte gnug zu wehren und zu warnen, indem ich ihme vorstellete: ich war kein guter Schütz, und er könnte fehlen, da kostet&#x2019;s unser beider Leben. &#x2013; Endlich ließ er&#x2019;s bleiben und ging mit mir fort, den Berg hinauf, nach der See sehende.</p>
          <p>Aber ich konnte nicht mehr vor Mattigkeit und fiel immer übern Haufen. Da nahm er seinen Hut voll Wasser, so da vom Berge lief, und begoß mich; wollte mir zu trinken geben davon. Allein es ging mir, wie jenem Schneidergesellen, der da geschrieen hatte: &#x201E;Mester, Brot, Brot!&#x201C; &#x2013; Denn ich war ganz verschmacht vor Hunger.</p>
          <p>Als ich nun so am Berge liegen blieb und er mich nicht weiter bringen kunnte, lief er auf den Berg und schoß die Flinte los, den andern Losung zu geben.</p>
          <p>Es ware auch kaum eine Stunde, da waren die andern wieder bei uns und brachten &#x2019;ne <hi rendition="#aq">pochette</hi>, Branntwein, Wein und Tobak. Wir saßen da und speiseten und tranken, so gut wir&#x2019;s hatten. Und da wurd&#x2019;s besser mit mir, daß ich wieder marschieren kunnte nach dem Schiff. Da war indessen von dem Wild gebraten und gesotten, so lange es währete, und schmeckete uns trefflich schön.</p>
          <p>Zudem konnten wir auch schöne Fische angeln; zumal die frischen Butt, oder Schollen, mit einer dreizinkigten Gabel stechen: zumal wann Ebbe, wohe das Meer wohl eine gute halbe Meil eingefallen; und konnte man weit ins Meer gehen, Muscheln suchen und Krabben.
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0145] Ich ward fast ohnmächtig, so weit zu gehen; und die pochette war auch all, mit dem Branntwein und Toback; deshalb ich mich oft mit meiner Flint niedersetzte; der Kommandeur aber nicht; denn er war ein junger, starker Mann und der Strapatze gewohnt. Als er sahe über dem Revier, wodurch wir waten könnten, einen großen Bär stehen, wollte er durchaus hinüber und selbigen totschießen; und ich sollte mit. Ich hatte gnug zu wehren und zu warnen, indem ich ihme vorstellete: ich war kein guter Schütz, und er könnte fehlen, da kostet’s unser beider Leben. – Endlich ließ er’s bleiben und ging mit mir fort, den Berg hinauf, nach der See sehende. Aber ich konnte nicht mehr vor Mattigkeit und fiel immer übern Haufen. Da nahm er seinen Hut voll Wasser, so da vom Berge lief, und begoß mich; wollte mir zu trinken geben davon. Allein es ging mir, wie jenem Schneidergesellen, der da geschrieen hatte: „Mester, Brot, Brot!“ – Denn ich war ganz verschmacht vor Hunger. Als ich nun so am Berge liegen blieb und er mich nicht weiter bringen kunnte, lief er auf den Berg und schoß die Flinte los, den andern Losung zu geben. Es ware auch kaum eine Stunde, da waren die andern wieder bei uns und brachten ’ne pochette, Branntwein, Wein und Tobak. Wir saßen da und speiseten und tranken, so gut wir’s hatten. Und da wurd’s besser mit mir, daß ich wieder marschieren kunnte nach dem Schiff. Da war indessen von dem Wild gebraten und gesotten, so lange es währete, und schmeckete uns trefflich schön. Zudem konnten wir auch schöne Fische angeln; zumal die frischen Butt, oder Schollen, mit einer dreizinkigten Gabel stechen: zumal wann Ebbe, wohe das Meer wohl eine gute halbe Meil eingefallen; und konnte man weit ins Meer gehen, Muscheln suchen und Krabben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition (2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition (2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/145
Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/145>, abgerufen am 22.11.2024.