Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.geschlagen. Wir schossen auch viel Gänse, Enten und Vögel zum essen. Wir kriegeten jeder eine Flinte, Pulver und Schrot, ich auch; und hatte der Kommandeur meine selbst geladen; vielleicht zur Kurzweil, und nicht aus böser Meinung, doppelte Ladung gegeben, welches mich gar bald zum jämmerlichen Tode gebracht hätte. Denn, da ich auf einen hohen Felsen, dicht am Meer, den Vögeln recht nahe zu kommen, geklettert, und kaum so viel Raum, mit den Füßen zu stehen, hatte, unter mir aber eine unendliche Tiefe ins Meer war, zog ich auf ein'n Tropp Vögel los. Das Ding gab mir aber einen solchen Schlag an'n Kopf, daß ich anfing zu taumeln, zu allem Glück aber mit den Händen den Felsen und Geröll fasse; sonst wäre ich ohnfehlbar den Felsen hinuntergestürzet ins Meer, und wär meines Gebeins nichts ganz geblieben; wie es meiner Flinte ergangen, welche den Felsen hinunter in tausend Stücke zerschmettert. Ich danke abermals GOtt vor gnädige Erhaltung und steig vom Felsen, wollte nicht mehr Vögel schießen. Einige von unsern Leuten kamen und sagten: sie hätten am Seestrande, an Felsen, Walrossen gesehen. Dessen der Kommandeur froh war und gleich die Mannschaft auf vier Schaluppen mit Flinten und Äxten mitnahm, mich auch, wann etwa einer verwundet, wie es bei des Thieres Fang zu geschehen pfleget, ihn zu verbinden. Wir kamen an den Ort, wo drei grausame Thiere beisammen lagen. Sie hatten Köpfe, wie Ochsen, aber wohl dreimal so groß, gräßliche Augen, einen Bart, auf jeder Seite einen großen, langen, weißen Zahn, so das beste Elfenbein, und einer wohl drei bis vier Pfund und mehr wiegt. Der Leib ist groß, dick, schwarz und stark, wie die größte Bierkufe. Hat vorne zwei große Flarren, geschlagen. Wir schossen auch viel Gänse, Enten und Vögel zum essen. Wir kriegeten jeder eine Flinte, Pulver und Schrot, ich auch; und hatte der Kommandeur meine selbst geladen; vielleicht zur Kurzweil, und nicht aus böser Meinung, doppelte Ladung gegeben, welches mich gar bald zum jämmerlichen Tode gebracht hätte. Denn, da ich auf einen hohen Felsen, dicht am Meer, den Vögeln recht nahe zu kommen, geklettert, und kaum so viel Raum, mit den Füßen zu stehen, hatte, unter mir aber eine unendliche Tiefe ins Meer war, zog ich auf ein’n Tropp Vögel los. Das Ding gab mir aber einen solchen Schlag an’n Kopf, daß ich anfing zu taumeln, zu allem Glück aber mit den Händen den Felsen und Geröll fasse; sonst wäre ich ohnfehlbar den Felsen hinuntergestürzet ins Meer, und wär meines Gebeins nichts ganz geblieben; wie es meiner Flinte ergangen, welche den Felsen hinunter in tausend Stücke zerschmettert. Ich danke abermals GOtt vor gnädige Erhaltung und steig vom Felsen, wollte nicht mehr Vögel schießen. Einige von unsern Leuten kamen und sagten: sie hätten am Seestrande, an Felsen, Walrossen gesehen. Dessen der Kommandeur froh war und gleich die Mannschaft auf vier Schaluppen mit Flinten und Äxten mitnahm, mich auch, wann etwa einer verwundet, wie es bei des Thieres Fang zu geschehen pfleget, ihn zu verbinden. Wir kamen an den Ort, wo drei grausame Thiere beisammen lagen. Sie hatten Köpfe, wie Ochsen, aber wohl dreimal so groß, gräßliche Augen, einen Bart, auf jeder Seite einen großen, langen, weißen Zahn, so das beste Elfenbein, und einer wohl drei bis vier Pfund und mehr wiegt. Der Leib ist groß, dick, schwarz und stark, wie die größte Bierkufe. Hat vorne zwei große Flarren, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0142"/> geschlagen. Wir schossen auch viel Gänse, Enten und Vögel zum essen.</p> <p>Wir kriegeten jeder eine Flinte, Pulver und Schrot, ich auch; und hatte der Kommandeur meine selbst geladen; vielleicht zur Kurzweil, und nicht aus böser Meinung, doppelte Ladung gegeben, welches mich gar bald zum jämmerlichen Tode gebracht hätte. Denn, da ich auf einen hohen Felsen, dicht am Meer, den Vögeln recht nahe zu kommen, geklettert, und kaum so viel Raum, mit den Füßen zu stehen, hatte, unter mir aber eine unendliche Tiefe ins Meer war, zog ich auf ein’n Tropp Vögel los. Das Ding gab mir aber einen solchen Schlag an’n Kopf, daß ich anfing zu taumeln, zu allem Glück aber mit den Händen den Felsen und Geröll fasse; sonst wäre ich ohnfehlbar den Felsen hinuntergestürzet ins Meer, und wär meines Gebeins nichts ganz geblieben; wie es meiner Flinte ergangen, welche den Felsen hinunter in tausend Stücke zerschmettert. Ich danke abermals GOtt vor gnädige Erhaltung und steig vom Felsen, wollte nicht mehr Vögel schießen.</p> <p><hi rendition="#in">E</hi>inige von unsern Leuten kamen und sagten: sie hätten am Seestrande, an Felsen, Walrossen gesehen. Dessen der Kommandeur froh war und gleich die Mannschaft auf vier Schaluppen mit Flinten und Äxten mitnahm, mich auch, wann etwa einer verwundet, wie es bei des Thieres Fang zu geschehen pfleget, ihn zu verbinden.</p> <p>Wir kamen an den Ort, wo drei grausame Thiere beisammen lagen. Sie hatten Köpfe, wie Ochsen, aber wohl dreimal so groß, gräßliche Augen, einen Bart, auf jeder Seite einen großen, langen, weißen Zahn, so das beste Elfenbein, und einer wohl drei bis vier Pfund und mehr wiegt. Der Leib ist groß, dick, schwarz und stark, wie die größte Bierkufe. Hat vorne zwei große Flarren, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0142]
geschlagen. Wir schossen auch viel Gänse, Enten und Vögel zum essen.
Wir kriegeten jeder eine Flinte, Pulver und Schrot, ich auch; und hatte der Kommandeur meine selbst geladen; vielleicht zur Kurzweil, und nicht aus böser Meinung, doppelte Ladung gegeben, welches mich gar bald zum jämmerlichen Tode gebracht hätte. Denn, da ich auf einen hohen Felsen, dicht am Meer, den Vögeln recht nahe zu kommen, geklettert, und kaum so viel Raum, mit den Füßen zu stehen, hatte, unter mir aber eine unendliche Tiefe ins Meer war, zog ich auf ein’n Tropp Vögel los. Das Ding gab mir aber einen solchen Schlag an’n Kopf, daß ich anfing zu taumeln, zu allem Glück aber mit den Händen den Felsen und Geröll fasse; sonst wäre ich ohnfehlbar den Felsen hinuntergestürzet ins Meer, und wär meines Gebeins nichts ganz geblieben; wie es meiner Flinte ergangen, welche den Felsen hinunter in tausend Stücke zerschmettert. Ich danke abermals GOtt vor gnädige Erhaltung und steig vom Felsen, wollte nicht mehr Vögel schießen.
Einige von unsern Leuten kamen und sagten: sie hätten am Seestrande, an Felsen, Walrossen gesehen. Dessen der Kommandeur froh war und gleich die Mannschaft auf vier Schaluppen mit Flinten und Äxten mitnahm, mich auch, wann etwa einer verwundet, wie es bei des Thieres Fang zu geschehen pfleget, ihn zu verbinden.
Wir kamen an den Ort, wo drei grausame Thiere beisammen lagen. Sie hatten Köpfe, wie Ochsen, aber wohl dreimal so groß, gräßliche Augen, einen Bart, auf jeder Seite einen großen, langen, weißen Zahn, so das beste Elfenbein, und einer wohl drei bis vier Pfund und mehr wiegt. Der Leib ist groß, dick, schwarz und stark, wie die größte Bierkufe. Hat vorne zwei große Flarren,
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/142>, abgerufen am 26.07.2024. |