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Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836.

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Jüngling dort, wenn der Genuß des Weines sein Blut er-
hitzt hat.

Ich kann es nicht beweisen, daß es auf Universitä-
ten, die sich in großen Städten befinden, noch schlimmer steht;
aber das bedarf keines Beweises. Es kann nicht anders sein.
Denket z. B. an München, wo auf jedes eheliche Kind ein
uneheliches kommt. Und diesen Gräuel der Verwüstung dul-
det man nicht bloß, nein, man verlegt auch eine hohe Schule
in dieses Sodom und preiset es als das deutsche Athen. Wohl,
es wird eine hohe Schule sein! Es ist schrecklich.

Ist es ein Wunder, daß ein Vater, der Solches weiß,
zittert, wenn er seinen hoffnungsvollen, behüteten, reinen
Sohn auf die Universität entlassen will, entlassen muß? zit-
tert, wenn derselbe heimkehret, ehe er ihn gesehen, weil er
fürchtet, es möchte Ungeheures geschehen sein?

Als öffentlicher Ankläger könnte ich im Namen der Väter
und Mütter und des Genius der Pädagogik gegen Euch auf-
treten, die Ihr dem Uebel nicht kräftiger steuert, wo Ihr es
könnt! Aber ich thue es nicht, ich nenne nur das Verder-
ben selbst und seine Quellen, damit sie verstopft werden.
Weiter will ich nichts, kann ich nichts wollen. Aber es ist
hohe Zeit.

In vorigen Zeiten glichen die Universitäten einem wilden
Walde in Alt-Germanien. Unter himmelhohen Eichen hause-
ten wilde Thiere mancherlei Art, zottige Bären, heulende
Wölfe und Auerochsen mit gekrümmten Hörnern. Murmelnde
Bäche strömten von den Bergen herab und vereinigten sich zu
reißenden Strömen. Frische Nordwinde strichen durch den
Wald. Wer ihn betrat, siedelte sich entweder an den Bächen
und Quellen an, um poetisch zu lustwandeln und sich an den
süßen Liedern der Nachtigallen zu ergötzen. Oder er gesellte

Juͤngling dort, wenn der Genuß des Weines ſein Blut er-
hitzt hat.

Ich kann es nicht beweiſen, daß es auf Univerſitaͤ-
ten, die ſich in großen Staͤdten befinden, noch ſchlimmer ſteht;
aber das bedarf keines Beweiſes. Es kann nicht anders ſein.
Denket z. B. an Muͤnchen, wo auf jedes eheliche Kind ein
uneheliches kommt. Und dieſen Graͤuel der Verwuͤſtung dul-
det man nicht bloß, nein, man verlegt auch eine hohe Schule
in dieſes Sodom und preiſet es als das deutſche Athen. Wohl,
es wird eine hohe Schule ſein! Es iſt ſchrecklich.

Iſt es ein Wunder, daß ein Vater, der Solches weiß,
zittert, wenn er ſeinen hoffnungsvollen, behuͤteten, reinen
Sohn auf die Univerſitaͤt entlaſſen will, entlaſſen muß? zit-
tert, wenn derſelbe heimkehret, ehe er ihn geſehen, weil er
fuͤrchtet, es moͤchte Ungeheures geſchehen ſein?

Als oͤffentlicher Anklaͤger koͤnnte ich im Namen der Vaͤter
und Muͤtter und des Genius der Paͤdagogik gegen Euch auf-
treten, die Ihr dem Uebel nicht kraͤftiger ſteuert, wo Ihr es
koͤnnt! Aber ich thue es nicht, ich nenne nur das Verder-
ben ſelbſt und ſeine Quellen, damit ſie verſtopft werden.
Weiter will ich nichts, kann ich nichts wollen. Aber es iſt
hohe Zeit.

In vorigen Zeiten glichen die Univerſitaͤten einem wilden
Walde in Alt-Germanien. Unter himmelhohen Eichen hauſe-
ten wilde Thiere mancherlei Art, zottige Baͤren, heulende
Woͤlfe und Auerochſen mit gekruͤmmten Hoͤrnern. Murmelnde
Baͤche ſtroͤmten von den Bergen herab und vereinigten ſich zu
reißenden Stroͤmen. Friſche Nordwinde ſtrichen durch den
Wald. Wer ihn betrat, ſiedelte ſich entweder an den Baͤchen
und Quellen an, um poetiſch zu luſtwandeln und ſich an den
ſuͤßen Liedern der Nachtigallen zu ergoͤtzen. Oder er geſellte

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[70/0088] Juͤngling dort, wenn der Genuß des Weines ſein Blut er- hitzt hat. Ich kann es nicht beweiſen, daß es auf Univerſitaͤ- ten, die ſich in großen Staͤdten befinden, noch ſchlimmer ſteht; aber das bedarf keines Beweiſes. Es kann nicht anders ſein. Denket z. B. an Muͤnchen, wo auf jedes eheliche Kind ein uneheliches kommt. Und dieſen Graͤuel der Verwuͤſtung dul- det man nicht bloß, nein, man verlegt auch eine hohe Schule in dieſes Sodom und preiſet es als das deutſche Athen. Wohl, es wird eine hohe Schule ſein! Es iſt ſchrecklich. Iſt es ein Wunder, daß ein Vater, der Solches weiß, zittert, wenn er ſeinen hoffnungsvollen, behuͤteten, reinen Sohn auf die Univerſitaͤt entlaſſen will, entlaſſen muß? zit- tert, wenn derſelbe heimkehret, ehe er ihn geſehen, weil er fuͤrchtet, es moͤchte Ungeheures geſchehen ſein? Als oͤffentlicher Anklaͤger koͤnnte ich im Namen der Vaͤter und Muͤtter und des Genius der Paͤdagogik gegen Euch auf- treten, die Ihr dem Uebel nicht kraͤftiger ſteuert, wo Ihr es koͤnnt! Aber ich thue es nicht, ich nenne nur das Verder- ben ſelbſt und ſeine Quellen, damit ſie verſtopft werden. Weiter will ich nichts, kann ich nichts wollen. Aber es iſt hohe Zeit. In vorigen Zeiten glichen die Univerſitaͤten einem wilden Walde in Alt-Germanien. Unter himmelhohen Eichen hauſe- ten wilde Thiere mancherlei Art, zottige Baͤren, heulende Woͤlfe und Auerochſen mit gekruͤmmten Hoͤrnern. Murmelnde Baͤche ſtroͤmten von den Bergen herab und vereinigten ſich zu reißenden Stroͤmen. Friſche Nordwinde ſtrichen durch den Wald. Wer ihn betrat, ſiedelte ſich entweder an den Baͤchen und Quellen an, um poetiſch zu luſtwandeln und ſich an den ſuͤßen Liedern der Nachtigallen zu ergoͤtzen. Oder er geſellte

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Zitationshilfe: Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diesterweg_universitaeten_1836/88>, abgerufen am 22.11.2024.