Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836.besuchet!" --), ich habe auf ihren Wangen die Wirkungen Aus dieser kurzen Betrachtung folgt Zweierlei: 1) So Diese milden Worte über einen Gegenstand von solcher beſuchet!“ —), ich habe auf ihren Wangen die Wirkungen Aus dieſer kurzen Betrachtung folgt Zweierlei: 1) So Dieſe milden Worte uͤber einen Gegenſtand von ſolcher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0076" n="58"/> beſuchet!“ —), ich habe auf ihren Wangen die Wirkungen<lb/> der Kerkerluft, in ihren Augen die Folgen moraliſcher Verir-<lb/> rungen geſehen. Es iſt mir nahe gegangen; ich habe gezittert,<lb/> als ich die verbauten Fenſter erblickte, hinter welchen die<lb/> Juͤnglinge ſchmachten, um welche Vaͤter, Muͤtter, Bruͤder,<lb/> Schweſtern und alle Freunde des Vaterlandes und der Jugend<lb/> Thraͤnen vergießen. Ich habe an die Urſachen gedacht, die<lb/> Solches herbeigefuͤhrt; an die Maͤnner, die <hi rendition="#g">vor Allen</hi> es<lb/> haͤtten verhindern koͤnnen; an die, welchen die Eltern, der<lb/> Staat, Amtspflicht und Eid die Juͤnglinge zur Bildung und<lb/> Erziehung uͤbergeben haben. <hi rendition="#g">Haben dieſe nicht gewollt,<lb/> oder haben ſie nicht gekonnt? Liegt es an ihrer<lb/> Willen-, oder an ihrer Machtloſigkeit</hi>? An dem<lb/> Einen oder dem Andern, von denen ſchwer iſt, zu ſagen,<lb/> welches das Schlimmere ſei, muß es liegen, oder an Beiden.<lb/> Sollten ſie <hi rendition="#g">nicht gewollt</hi> haben, ſo verdienten ſie eine weit<lb/> haͤrtere Strafe, als die Juͤnglinge. Haben ſie <hi rendition="#g">nicht ge-<lb/> konnt</hi>, entweder weil ſie nicht wußten, was die ihrer Pflege<lb/> Empfohlenen, wenn auch im Verborgenen, doch unter ihren<lb/> Augen trieben, oder weil ihr Einfluß auf dieſelben gleich Null<lb/> iſt, welches beides zuſammen wir um der Milde willen an-<lb/> nehmen wollen, nun ſo erkenne man die Schwaͤche und Bo-<lb/> denloſigkeit des Verhaͤltniſſes zwiſchen Profeſſoren und Stu-<lb/> denten!</p><lb/> <p>Aus dieſer kurzen Betrachtung folgt Zweierlei: 1) So<lb/> darf es nicht bleiben; 2) den unter ſolchen Umſtaͤnden verirr-<lb/> ten Juͤnglingen, dieſer hirtenloſen Schaar, kann unſer Mitleid<lb/> nicht entgehen.</p><lb/> <p>Dieſe milden Worte uͤber einen Gegenſtand von ſolcher<lb/> Schwere verdienen — das wird jeder Leſer erkennen — das<lb/> Lob der Maͤßigung. Ich habe mich ſelbſt bezwungen. Aber<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0076]
beſuchet!“ —), ich habe auf ihren Wangen die Wirkungen
der Kerkerluft, in ihren Augen die Folgen moraliſcher Verir-
rungen geſehen. Es iſt mir nahe gegangen; ich habe gezittert,
als ich die verbauten Fenſter erblickte, hinter welchen die
Juͤnglinge ſchmachten, um welche Vaͤter, Muͤtter, Bruͤder,
Schweſtern und alle Freunde des Vaterlandes und der Jugend
Thraͤnen vergießen. Ich habe an die Urſachen gedacht, die
Solches herbeigefuͤhrt; an die Maͤnner, die vor Allen es
haͤtten verhindern koͤnnen; an die, welchen die Eltern, der
Staat, Amtspflicht und Eid die Juͤnglinge zur Bildung und
Erziehung uͤbergeben haben. Haben dieſe nicht gewollt,
oder haben ſie nicht gekonnt? Liegt es an ihrer
Willen-, oder an ihrer Machtloſigkeit? An dem
Einen oder dem Andern, von denen ſchwer iſt, zu ſagen,
welches das Schlimmere ſei, muß es liegen, oder an Beiden.
Sollten ſie nicht gewollt haben, ſo verdienten ſie eine weit
haͤrtere Strafe, als die Juͤnglinge. Haben ſie nicht ge-
konnt, entweder weil ſie nicht wußten, was die ihrer Pflege
Empfohlenen, wenn auch im Verborgenen, doch unter ihren
Augen trieben, oder weil ihr Einfluß auf dieſelben gleich Null
iſt, welches beides zuſammen wir um der Milde willen an-
nehmen wollen, nun ſo erkenne man die Schwaͤche und Bo-
denloſigkeit des Verhaͤltniſſes zwiſchen Profeſſoren und Stu-
denten!
Aus dieſer kurzen Betrachtung folgt Zweierlei: 1) So
darf es nicht bleiben; 2) den unter ſolchen Umſtaͤnden verirr-
ten Juͤnglingen, dieſer hirtenloſen Schaar, kann unſer Mitleid
nicht entgehen.
Dieſe milden Worte uͤber einen Gegenſtand von ſolcher
Schwere verdienen — das wird jeder Leſer erkennen — das
Lob der Maͤßigung. Ich habe mich ſelbſt bezwungen. Aber
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Zitationshilfe: | Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diesterweg_universitaeten_1836/76>, abgerufen am 16.02.2025. |