Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

vorgezeichneten Maßstabes an die Universitäten anzulegen,
hebe ich nur einige Hauptseiten hervor. Jenes wäre langwei-
lig, und die Langweiligkeit ist auch bei einer Schrift einer der
schlimmsten Fehler. Jede Art, sagt ein französisches Sprich-
wort, ist gut, mit Ausnahme der langweiligen Art. Ich be-
schränke mich auf die Besprechung der Lehrer und einige
öffentliche Verhältnisse
. Daraus wird dann hervor-
gehen, ob die Universitäten das Lob verdienen --, das An-
dere ihnen gespendet haben.

A. Die Universitätslehrer.

Was ich von ihnen zu sagen habe, will ich unter den
drei Rubriken zusammenstellen: wissenschaftliche Rich-
tung, Lehrmethode, Gesinnung
.

1. Die wissenschaftliche Richtung der Univer-
sitätslehrer
.

Sie geht aus auf die Allheit des Wissens. Möglichst
vollständige Erschöpfung der Wissenschaft, der sie sich widmen,
ist ihr Ziel, Gelehrsamkeit mit einem Worte. In diese
setzen sie ihre Bestimmung, sie ist ihre Ehre, ihr Triumph.
Sie würdigen die Wissenschaften selten nach ihrem Einfluß
auf den menschlichen Geist oder auf die socialen Verhältnisse,
sondern die Wissenschaft ist ihnen Zweck. Einmal das objec-
tive Wissen an sich, dann seine systematische Gliederung. Das
Letztere ist sehr wichtig und nothwendig, aber es ist nicht das
Höchste, und die dadurch entstehende Richtung ist eine einsei-
tige. Nirgends soll das Wissen Zweck an sich sein, sondern
nur Mittel. Wo es als Zweck aufgestellt wird, da herrscht
eine verkehrte Ansicht, und es entsteht Götzendienst des Wis-
sens, der auf unsern Universitäten herrscht. Der eigentliche

vorgezeichneten Maßſtabes an die Univerſitaͤten anzulegen,
hebe ich nur einige Hauptſeiten hervor. Jenes waͤre langwei-
lig, und die Langweiligkeit iſt auch bei einer Schrift einer der
ſchlimmſten Fehler. Jede Art, ſagt ein franzoͤſiſches Sprich-
wort, iſt gut, mit Ausnahme der langweiligen Art. Ich be-
ſchraͤnke mich auf die Beſprechung der Lehrer und einige
oͤffentliche Verhaͤltniſſe
. Daraus wird dann hervor-
gehen, ob die Univerſitaͤten das Lob verdienen —, das An-
dere ihnen geſpendet haben.

A. Die Univerſitätslehrer.

Was ich von ihnen zu ſagen habe, will ich unter den
drei Rubriken zuſammenſtellen: wiſſenſchaftliche Rich-
tung, Lehrmethode, Geſinnung
.

1. Die wiſſenſchaftliche Richtung der Univer-
ſitätslehrer
.

Sie geht aus auf die Allheit des Wiſſens. Moͤglichſt
vollſtaͤndige Erſchoͤpfung der Wiſſenſchaft, der ſie ſich widmen,
iſt ihr Ziel, Gelehrſamkeit mit einem Worte. In dieſe
ſetzen ſie ihre Beſtimmung, ſie iſt ihre Ehre, ihr Triumph.
Sie wuͤrdigen die Wiſſenſchaften ſelten nach ihrem Einfluß
auf den menſchlichen Geiſt oder auf die ſocialen Verhaͤltniſſe,
ſondern die Wiſſenſchaft iſt ihnen Zweck. Einmal das objec-
tive Wiſſen an ſich, dann ſeine ſyſtematiſche Gliederung. Das
Letztere iſt ſehr wichtig und nothwendig, aber es iſt nicht das
Hoͤchſte, und die dadurch entſtehende Richtung iſt eine einſei-
tige. Nirgends ſoll das Wiſſen Zweck an ſich ſein, ſondern
nur Mittel. Wo es als Zweck aufgeſtellt wird, da herrſcht
eine verkehrte Anſicht, und es entſteht Goͤtzendienſt des Wiſ-
ſens, der auf unſern Univerſitaͤten herrſcht. Der eigentliche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0052" n="34"/>
vorgezeichneten Maß&#x017F;tabes an die Univer&#x017F;ita&#x0364;ten anzulegen,<lb/>
hebe ich nur einige Haupt&#x017F;eiten hervor. Jenes wa&#x0364;re langwei-<lb/>
lig, und die Langweiligkeit i&#x017F;t auch bei einer Schrift einer der<lb/>
&#x017F;chlimm&#x017F;ten Fehler. Jede Art, &#x017F;agt ein franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ches Sprich-<lb/>
wort, i&#x017F;t gut, mit Ausnahme der langweiligen Art. Ich be-<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;nke mich auf die Be&#x017F;prechung der <hi rendition="#g">Lehrer</hi> und <hi rendition="#g">einige<lb/>
o&#x0364;ffentliche Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e</hi>. Daraus wird dann hervor-<lb/>
gehen, ob die Univer&#x017F;ita&#x0364;ten das Lob verdienen &#x2014;, das An-<lb/>
dere ihnen ge&#x017F;pendet haben.</p><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">A.</hi><hi rendition="#g">Die Univer&#x017F;itätslehrer</hi>.</hi> </head><lb/>
          <p>Was ich von ihnen zu &#x017F;agen habe, will ich unter den<lb/>
drei Rubriken zu&#x017F;ammen&#x017F;tellen: <hi rendition="#g">wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliche Rich-<lb/>
tung, Lehrmethode, Ge&#x017F;innung</hi>.</p><lb/>
          <div n="3">
            <head>1. <hi rendition="#g">Die wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliche Richtung der Univer-<lb/>
&#x017F;itätslehrer</hi>.</head><lb/>
            <p>Sie geht aus auf die <hi rendition="#g">Allheit</hi> des Wi&#x017F;&#x017F;ens. Mo&#x0364;glich&#x017F;t<lb/>
voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Er&#x017F;cho&#x0364;pfung der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft, der &#x017F;ie &#x017F;ich widmen,<lb/>
i&#x017F;t ihr Ziel, <hi rendition="#g">Gelehr&#x017F;amkeit</hi> mit einem Worte. In die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;etzen &#x017F;ie ihre Be&#x017F;timmung, &#x017F;ie i&#x017F;t ihre Ehre, ihr Triumph.<lb/>
Sie wu&#x0364;rdigen die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften &#x017F;elten nach ihrem Einfluß<lb/>
auf den men&#x017F;chlichen Gei&#x017F;t oder auf die &#x017F;ocialen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
&#x017F;ondern die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft i&#x017F;t ihnen Zweck. Einmal das objec-<lb/>
tive Wi&#x017F;&#x017F;en an &#x017F;ich, dann &#x017F;eine &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;che Gliederung. Das<lb/>
Letztere i&#x017F;t &#x017F;ehr wichtig und nothwendig, aber es i&#x017F;t nicht das<lb/>
Ho&#x0364;ch&#x017F;te, und die dadurch ent&#x017F;tehende Richtung i&#x017F;t eine ein&#x017F;ei-<lb/>
tige. Nirgends &#x017F;oll das Wi&#x017F;&#x017F;en Zweck an &#x017F;ich &#x017F;ein, &#x017F;ondern<lb/>
nur Mittel. Wo es als Zweck aufge&#x017F;tellt wird, da herr&#x017F;cht<lb/>
eine verkehrte An&#x017F;icht, und es ent&#x017F;teht Go&#x0364;tzendien&#x017F;t des Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ens, der auf un&#x017F;ern Univer&#x017F;ita&#x0364;ten herr&#x017F;cht. Der eigentliche<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0052] vorgezeichneten Maßſtabes an die Univerſitaͤten anzulegen, hebe ich nur einige Hauptſeiten hervor. Jenes waͤre langwei- lig, und die Langweiligkeit iſt auch bei einer Schrift einer der ſchlimmſten Fehler. Jede Art, ſagt ein franzoͤſiſches Sprich- wort, iſt gut, mit Ausnahme der langweiligen Art. Ich be- ſchraͤnke mich auf die Beſprechung der Lehrer und einige oͤffentliche Verhaͤltniſſe. Daraus wird dann hervor- gehen, ob die Univerſitaͤten das Lob verdienen —, das An- dere ihnen geſpendet haben. A. Die Univerſitätslehrer. Was ich von ihnen zu ſagen habe, will ich unter den drei Rubriken zuſammenſtellen: wiſſenſchaftliche Rich- tung, Lehrmethode, Geſinnung. 1. Die wiſſenſchaftliche Richtung der Univer- ſitätslehrer. Sie geht aus auf die Allheit des Wiſſens. Moͤglichſt vollſtaͤndige Erſchoͤpfung der Wiſſenſchaft, der ſie ſich widmen, iſt ihr Ziel, Gelehrſamkeit mit einem Worte. In dieſe ſetzen ſie ihre Beſtimmung, ſie iſt ihre Ehre, ihr Triumph. Sie wuͤrdigen die Wiſſenſchaften ſelten nach ihrem Einfluß auf den menſchlichen Geiſt oder auf die ſocialen Verhaͤltniſſe, ſondern die Wiſſenſchaft iſt ihnen Zweck. Einmal das objec- tive Wiſſen an ſich, dann ſeine ſyſtematiſche Gliederung. Das Letztere iſt ſehr wichtig und nothwendig, aber es iſt nicht das Hoͤchſte, und die dadurch entſtehende Richtung iſt eine einſei- tige. Nirgends ſoll das Wiſſen Zweck an ſich ſein, ſondern nur Mittel. Wo es als Zweck aufgeſtellt wird, da herrſcht eine verkehrte Anſicht, und es entſteht Goͤtzendienſt des Wiſ- ſens, der auf unſern Univerſitaͤten herrſcht. Der eigentliche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/diesterweg_universitaeten_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/diesterweg_universitaeten_1836/52
Zitationshilfe: Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diesterweg_universitaeten_1836/52>, abgerufen am 28.11.2024.