Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836.Die Glanzpunkte des Lebens sind die vaterländischen 8) Ich komme zur letzten Bedingung, an welche das Heil der Erziehung der höheren Jugend geknüpft ist: die Die Glanzpunkte des Lebens ſind die vaterlaͤndiſchen 8) Ich komme zur letzten Bedingung, an welche das Heil der Erziehung der hoͤheren Jugend geknuͤpft iſt: die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0047" n="29"/> <p>Die Glanzpunkte des Lebens ſind die vaterlaͤndiſchen<lb/> Feſte, großen geſchichtlichen Begebenheiten, Epochen und<lb/> Ideen, und der erhabenen Natur und ihrem Schoͤpfer geweiht.<lb/> Ohne großartige Nationalfeſte iſt kein erregtes, kein gehobenes<lb/> Volksleben denkbar. Wir beſitzen kaum noch einen Schatten<lb/> von ihnen. Ein ſicheres Zeichen, daß das Volk als Volk<lb/> oder lebendige Nation zu exiſtiren aufgehoͤrt hat. Es vegetirt,<lb/> oder der Einzelne ſpinnt ſein Netz in ſeiner ſtillen Behauſung,<lb/> gleich der Spinne in ihrem Fangwinkel. Aber Geduld, die<lb/> Furcht vor dem Mißbrauche wird verſchwinden, die deutſche<lb/> Nation wird wieder erwachen und die Regierungen werden<lb/> dieſes Erwachen gern befoͤrdern, wenn aus der gaͤhrenden<lb/> Maſſe der verderbliche Stoff ausgeſchieden ſein wird. Die<lb/> deutſche Nation in voller Reinheit der Geſinnung iſt nicht<lb/> zur Leiche erſtarrt; der Puls geht zwar langſam, aber das<lb/> Herz ſchlaͤgt noch, und wenn friſche Lebensluft ſie anhaucht,<lb/> wird ſie ihren vegetirenden Zuſtand verlaſſen und aus dem<lb/> Winterſchlafe zu neuem Leben erſtehen. Dieſe Entwicklungs-<lb/> zeit wird vor Allen der Jugend zu gut kommen, der Hoff-<lb/> nung fuͤr kuͤnftige beſſere Zeiten. Man wird dann mit Freu-<lb/> den die friſche Kraft in ihren Armen und den Glanz ihrer<lb/> funkelnden Augen wahrnehmen, und ihr die Stelle im oͤffent-<lb/> lichen Leben anweiſen, die ihr gebuͤhrt. Und bei den Feſten<lb/> wird ſie in ihrer Einheit und ihrer bunten Mannigfaltigkeit<lb/> erſcheinen, und je nachdem das Feſt vorzugsweiſe eine geiſtige<lb/> oder eine national-geſchichtliche Bedeutung hat, je nachdem<lb/> wird ſie in den Farben der Facultaͤten oder in den landsmann-<lb/> ſchaftlichen erſcheinen. Ein goldener Morgen fuͤr die Univer-<lb/> ſitaͤten und fuͤr die ganze Nation!</p><lb/> <list> <item>8) Ich komme zur letzten Bedingung, an welche das Heil<lb/> der Erziehung der hoͤheren Jugend geknuͤpft iſt: <hi rendition="#g">die<lb/></hi></item> </list> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0047]
Die Glanzpunkte des Lebens ſind die vaterlaͤndiſchen
Feſte, großen geſchichtlichen Begebenheiten, Epochen und
Ideen, und der erhabenen Natur und ihrem Schoͤpfer geweiht.
Ohne großartige Nationalfeſte iſt kein erregtes, kein gehobenes
Volksleben denkbar. Wir beſitzen kaum noch einen Schatten
von ihnen. Ein ſicheres Zeichen, daß das Volk als Volk
oder lebendige Nation zu exiſtiren aufgehoͤrt hat. Es vegetirt,
oder der Einzelne ſpinnt ſein Netz in ſeiner ſtillen Behauſung,
gleich der Spinne in ihrem Fangwinkel. Aber Geduld, die
Furcht vor dem Mißbrauche wird verſchwinden, die deutſche
Nation wird wieder erwachen und die Regierungen werden
dieſes Erwachen gern befoͤrdern, wenn aus der gaͤhrenden
Maſſe der verderbliche Stoff ausgeſchieden ſein wird. Die
deutſche Nation in voller Reinheit der Geſinnung iſt nicht
zur Leiche erſtarrt; der Puls geht zwar langſam, aber das
Herz ſchlaͤgt noch, und wenn friſche Lebensluft ſie anhaucht,
wird ſie ihren vegetirenden Zuſtand verlaſſen und aus dem
Winterſchlafe zu neuem Leben erſtehen. Dieſe Entwicklungs-
zeit wird vor Allen der Jugend zu gut kommen, der Hoff-
nung fuͤr kuͤnftige beſſere Zeiten. Man wird dann mit Freu-
den die friſche Kraft in ihren Armen und den Glanz ihrer
funkelnden Augen wahrnehmen, und ihr die Stelle im oͤffent-
lichen Leben anweiſen, die ihr gebuͤhrt. Und bei den Feſten
wird ſie in ihrer Einheit und ihrer bunten Mannigfaltigkeit
erſcheinen, und je nachdem das Feſt vorzugsweiſe eine geiſtige
oder eine national-geſchichtliche Bedeutung hat, je nachdem
wird ſie in den Farben der Facultaͤten oder in den landsmann-
ſchaftlichen erſcheinen. Ein goldener Morgen fuͤr die Univer-
ſitaͤten und fuͤr die ganze Nation!
8) Ich komme zur letzten Bedingung, an welche das Heil
der Erziehung der hoͤheren Jugend geknuͤpft iſt: die
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Zitationshilfe: | Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diesterweg_universitaeten_1836/47>, abgerufen am 08.07.2024. |