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Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897.

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der Freiheit, die Bürde des Gehorsams abzulegen1)." Ähnlich
urteilt Georg von Sachsen in einem Schreiben an Landgraf
Philipp von Hessen, der ihn zur Rüstung aufgefordert hatte:
"er habe schon lange seine Unterthanen aufgeboten, wozu ihn
die schnellen Zeitläuften bewegt hätten, so sich jetzt im Ober-
land von der Bauernschaft, die sich christliche Versammlung
nennen, ereignen. Dazu die Prediger, die das lutherische
Evangelium so lauter und klar gepredigt, daß man es hätte
greifen mögen, daß es die Früchte, die jetzt klar vor Augen
liegen, hätte bringen müssen2)."

Wie ein Brandstifter am besten seine Unschuld zu er-
weisen glaubt, wenn er am lautesten zum Löschen des Feuers
aufruft und dabei mitwirkt, so machte es Luther. Als der
Aufstand ein so unerwartet klägliches Ende nahm, richtete er
nunmehr seinen ganzen Zorn gegen die "wütigen" und "auf-
rührerischen" Bauern. Ähnlich hatte er es mit Hutten und
Sickingen nach ihrer Niederlage gemacht. Wie aus einem
Briefe Melanchthons an Oswald Ulianus, 24. August 1523,
erhellt, machte er den Versuch, Hutten von den Rockschößen
Luthers abzuschütteln, als ob sie beide seinen "Wahnsinn"
gebilligt hätten3)! Jetzt erließ er eine Schrift "wider die mör-
derischen und aufrührerischen Rotten der Bauern", worin er die
Obrigkeiten auffordert, "ohne Geduld und Barmherzigkeit zu
würgen und zu stechen, öffentlich oder heimlich, wer immer
kann, und bedenken, daß es nichts Giftigeres, Schädlicheres,
Teuflerisches sein kann als ein aufrührerischer Mensch. Gleich-

1) Buchholz, Gesch. Ferdinands I. Cf. Ranke, Deutsche Geschichte
im Zeitalter der Reformation, p. 189 und 195, betr. der "evange-
lischen Brüderschaft der Bauern".
2) Histor.-polit. Blätter. VI, p. 449--454.
3) Dr. Karl Hagen, III, 68.
2*

der Freiheit, die Bürde des Gehorſams abzulegen1).‟ Ähnlich
urteilt Georg von Sachſen in einem Schreiben an Landgraf
Philipp von Heſſen, der ihn zur Rüſtung aufgefordert hatte:
„er habe ſchon lange ſeine Unterthanen aufgeboten, wozu ihn
die ſchnellen Zeitläuften bewegt hätten, ſo ſich jetzt im Ober-
land von der Bauernſchaft, die ſich chriſtliche Verſammlung
nennen, ereignen. Dazu die Prediger, die das lutheriſche
Evangelium ſo lauter und klar gepredigt, daß man es hätte
greifen mögen, daß es die Früchte, die jetzt klar vor Augen
liegen, hätte bringen müſſen2).‟

Wie ein Brandſtifter am beſten ſeine Unſchuld zu er-
weiſen glaubt, wenn er am lauteſten zum Löſchen des Feuers
aufruft und dabei mitwirkt, ſo machte es Luther. Als der
Aufſtand ein ſo unerwartet klägliches Ende nahm, richtete er
nunmehr ſeinen ganzen Zorn gegen die „wütigen‟ und „auf-
rühreriſchen‟ Bauern. Ähnlich hatte er es mit Hutten und
Sickingen nach ihrer Niederlage gemacht. Wie aus einem
Briefe Melanchthons an Oswald Ulianus, 24. Auguſt 1523,
erhellt, machte er den Verſuch, Hutten von den Rockſchößen
Luthers abzuſchütteln, als ob ſie beide ſeinen „Wahnſinn‟
gebilligt hätten3)! Jetzt erließ er eine Schrift „wider die mör-
deriſchen und aufrühreriſchen Rotten der Bauern‟, worin er die
Obrigkeiten auffordert, „ohne Geduld und Barmherzigkeit zu
würgen und zu ſtechen, öffentlich oder heimlich, wer immer
kann, und bedenken, daß es nichts Giftigeres, Schädlicheres,
Teufleriſches ſein kann als ein aufrühreriſcher Menſch. Gleich-

1) Buchholz, Geſch. Ferdinands I. Cf. Ranke, Deutſche Geſchichte
im Zeitalter der Reformation, p. 189 und 195, betr. der „evange-
liſchen Brüderſchaft der Bauern‟.
2) Hiſtor.-polit. Blätter. VI, p. 449—454.
3) Dr. Karl Hagen, III, 68.
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[19/0031] der Freiheit, die Bürde des Gehorſams abzulegen 1).‟ Ähnlich urteilt Georg von Sachſen in einem Schreiben an Landgraf Philipp von Heſſen, der ihn zur Rüſtung aufgefordert hatte: „er habe ſchon lange ſeine Unterthanen aufgeboten, wozu ihn die ſchnellen Zeitläuften bewegt hätten, ſo ſich jetzt im Ober- land von der Bauernſchaft, die ſich chriſtliche Verſammlung nennen, ereignen. Dazu die Prediger, die das lutheriſche Evangelium ſo lauter und klar gepredigt, daß man es hätte greifen mögen, daß es die Früchte, die jetzt klar vor Augen liegen, hätte bringen müſſen 2).‟ Wie ein Brandſtifter am beſten ſeine Unſchuld zu er- weiſen glaubt, wenn er am lauteſten zum Löſchen des Feuers aufruft und dabei mitwirkt, ſo machte es Luther. Als der Aufſtand ein ſo unerwartet klägliches Ende nahm, richtete er nunmehr ſeinen ganzen Zorn gegen die „wütigen‟ und „auf- rühreriſchen‟ Bauern. Ähnlich hatte er es mit Hutten und Sickingen nach ihrer Niederlage gemacht. Wie aus einem Briefe Melanchthons an Oswald Ulianus, 24. Auguſt 1523, erhellt, machte er den Verſuch, Hutten von den Rockſchößen Luthers abzuſchütteln, als ob ſie beide ſeinen „Wahnſinn‟ gebilligt hätten 3)! Jetzt erließ er eine Schrift „wider die mör- deriſchen und aufrühreriſchen Rotten der Bauern‟, worin er die Obrigkeiten auffordert, „ohne Geduld und Barmherzigkeit zu würgen und zu ſtechen, öffentlich oder heimlich, wer immer kann, und bedenken, daß es nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teufleriſches ſein kann als ein aufrühreriſcher Menſch. Gleich- 1) Buchholz, Geſch. Ferdinands I. Cf. Ranke, Deutſche Geſchichte im Zeitalter der Reformation, p. 189 und 195, betr. der „evange- liſchen Brüderſchaft der Bauern‟. 2) Hiſtor.-polit. Blätter. VI, p. 449—454. 3) Dr. Karl Hagen, III, 68. 2*

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Zitationshilfe: Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diefenbach_reformation_1897/31>, abgerufen am 27.11.2024.