Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.unserer Wissenschaft an die namhaftesten Sprachforscher unserer Wissenschaft an die namhaftesten Sprachforscher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="46"/> unserer Wissenschaft an die namhaftesten Sprachforscher<lb/> angenommen haben, dass noch in den Einzelsprachen Zu-<lb/> sammensetzungen mit ungeformten Sprachelementen wie<lb/> Wurzeln und Stämmen (und zwar nicht etwa blos in An-<lb/> lehnung an Urtypen) stattgefunden hätten, und dass man<lb/> sich erst allmählich der Unzulässigkeit dieser Annahme be-<lb/> wusst geworden ist. Was zunächst Bopp selbst betrifft, so<lb/> wird wohl Niemand, der die vergl. Gr. auf diesen Gesichts-<lb/> punkt hin durchliest, leugnen, dass er sehr häufig solche<lb/> Zusammensetzung in Einzelsprachen annimmt; so heisst es<lb/> z. B. 2, § 526: »während das Sanskrit und Griechische in<lb/> dem Aorist die andere Wurzel des Verb, subst., nämlich <hi rendition="#i">as<lb/> ἐς</hi> mit <hi rendition="#g">den attributiven Wurzeln verbinden</hi>, wendet<lb/> sich das Lateinische an die Wurzel <hi rendition="#i">fu</hi>.« An dieser Stelle,<lb/> wie an vielen anderen ist deutlich gesagt, dass in einer<lb/> Einzelsprache die Zusammensetzung einer attributiven Wur-<lb/> zel mit <hi rendition="#i">as ες fu</hi> stattgefunden habe. Aber auch bei den Ge-<lb/> lehrten, welche in der Periodisirung schon weiter gegangen<lb/> waren als Bopp und im Allgemeinen deutlicher als dieser die<lb/> Ursprache von den Einzelsprachen schieden, finden wir dieselbe<lb/> Anschauung. Um von Corssen ganz abzusehen, der mir viele<lb/> Beispiele für meine Behauptung liefern könnte, nenne ich in-<lb/> star omnium Schleicher. In dem Abschnitte seines Compen-<lb/> diums »zusammengesetzte Neubildungen« findet man vielleicht<lb/> § 303, 1 ein theoretisches Bedenken gegen Annahmen dieser<lb/> Art, aber in der Praxis werden sie zugelassen. Sehr schlagend<lb/> ist in § 301 die Bemerkung über das lateinische Perfectum<lb/> auf <hi rendition="#i">si</hi>: »Formen wie <hi rendition="#i">-lexi</hi> d. i. <hi rendition="#i">-leg-si</hi>, neben älterem <hi rendition="#i">lēgi</hi><lb/> (<hi rendition="#i">*leligi</hi>), Wurz. <hi rendition="#i">leg</hi> (lesen); <hi rendition="#i">panxi</hi>, d. i. *<hi rendition="#i">pang-si</hi>, neben älterem<lb/><hi rendition="#i">pepigi</hi>, Wurz.<hi rendition="#i">pag</hi> (festigen);<hi rendition="#i"> punxi</hi>, d. i.*<hi rendition="#i">pung-si</hi>, neben <hi rendition="#i">pu-<lb/> pugi</hi>, Wurz, <hi rendition="#i">pug</hi> (stechen), beweisen die späte Entstehung<lb/> dieser Zusammensetzung. Es liegt also diesen Formen, häufig<lb/> wenigstens, nicht die Wurzel, sondern der Präsensstamm zu<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0051]
unserer Wissenschaft an die namhaftesten Sprachforscher
angenommen haben, dass noch in den Einzelsprachen Zu-
sammensetzungen mit ungeformten Sprachelementen wie
Wurzeln und Stämmen (und zwar nicht etwa blos in An-
lehnung an Urtypen) stattgefunden hätten, und dass man
sich erst allmählich der Unzulässigkeit dieser Annahme be-
wusst geworden ist. Was zunächst Bopp selbst betrifft, so
wird wohl Niemand, der die vergl. Gr. auf diesen Gesichts-
punkt hin durchliest, leugnen, dass er sehr häufig solche
Zusammensetzung in Einzelsprachen annimmt; so heisst es
z. B. 2, § 526: »während das Sanskrit und Griechische in
dem Aorist die andere Wurzel des Verb, subst., nämlich as
ἐς mit den attributiven Wurzeln verbinden, wendet
sich das Lateinische an die Wurzel fu.« An dieser Stelle,
wie an vielen anderen ist deutlich gesagt, dass in einer
Einzelsprache die Zusammensetzung einer attributiven Wur-
zel mit as ες fu stattgefunden habe. Aber auch bei den Ge-
lehrten, welche in der Periodisirung schon weiter gegangen
waren als Bopp und im Allgemeinen deutlicher als dieser die
Ursprache von den Einzelsprachen schieden, finden wir dieselbe
Anschauung. Um von Corssen ganz abzusehen, der mir viele
Beispiele für meine Behauptung liefern könnte, nenne ich in-
star omnium Schleicher. In dem Abschnitte seines Compen-
diums »zusammengesetzte Neubildungen« findet man vielleicht
§ 303, 1 ein theoretisches Bedenken gegen Annahmen dieser
Art, aber in der Praxis werden sie zugelassen. Sehr schlagend
ist in § 301 die Bemerkung über das lateinische Perfectum
auf si: »Formen wie -lexi d. i. -leg-si, neben älterem lēgi
(*leligi), Wurz. leg (lesen); panxi, d. i. *pang-si, neben älterem
pepigi, Wurz.pag (festigen); punxi, d. i.*pung-si, neben pu-
pugi, Wurz, pug (stechen), beweisen die späte Entstehung
dieser Zusammensetzung. Es liegt also diesen Formen, häufig
wenigstens, nicht die Wurzel, sondern der Präsensstamm zu
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