Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914.Das Verhältnis d. Geschichtlichen z. d. Kunstgeschichtlichen Studien Barbe, die zahlreichen Einzeluntersuchungen zur Epigraphik,Diplomatik, Numismatik, über gallorömische und merowingische Antiquitäten -- bezeichne ich annähernd die Grenzen des Arbeits- feldes, das Quicherat sich abgesteckt hatte. Es ist die Geschichte Frankreichs vom Untergang der Römerherrschaft bis zum Ende des Mittelalters, diese Geschichte aber im umfassendsten Sinne genommen. Als Lehrer an der Ecole des Chartes vertrat Quicherat die zwei Was haben unsere deutschen Universitäten an ähnlichen Das Verhältnis d. Geschichtlichen z. d. Kunstgeschichtlichen Studien Barbe, die zahlreichen Einzeluntersuchungen zur Epigraphik,Diplomatik, Numismatik, über gallorömische und merowingische Antiquitäten — bezeichne ich annähernd die Grenzen des Arbeits- feldes, das Quicherat sich abgesteckt hatte. Es ist die Geschichte Frankreichs vom Untergang der Römerherrschaft bis zum Ende des Mittelalters, diese Geschichte aber im umfassendsten Sinne genommen. Als Lehrer an der École des Chartes vertrat Quicherat die zwei Was haben unsere deutschen Universitäten an ähnlichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0300" n="238"/><fw place="top" type="header">Das Verhältnis d. Geschichtlichen z. d. Kunstgeschichtlichen Studien</fw><lb/> Barbe, die zahlreichen Einzeluntersuchungen zur Epigraphik,<lb/> Diplomatik, Numismatik, über gallorömische und merowingische<lb/> Antiquitäten — bezeichne ich annähernd die Grenzen des Arbeits-<lb/> feldes, das Quicherat sich abgesteckt hatte. Es ist die Geschichte<lb/> Frankreichs vom Untergang der Römerherrschaft bis zum Ende<lb/> des Mittelalters, diese Geschichte aber im umfassendsten Sinne<lb/> genommen.</p><lb/> <p>Als Lehrer an der École des Chartes vertrat Quicherat die zwei<lb/> Fächer der Archäologie und der Diplomatik. Ich habe hier nicht<lb/> auszuführen, wie sehr der Historiker in Quicherat dem Kunst-<lb/> historiker Vorschub leistete, — so sehr, daß er streng genommen<lb/> als der einzige in der dahingegangenen Generation mittelalterlicher<lb/> Kunstforscher in Frankreich zu bezeichnen ist, der sich über den<lb/> Dilettantismus erhob. Mit allem Nachdruck aber möchte ich auf<lb/> den Gewinn, den sein kunstwissenschaftlicher <hi rendition="#g">Unterricht</hi><lb/> als integrierender Bestandteil der historischen Studien an der<lb/> École des Chartes den letzteren gebracht hat, hinweisen. Ihm<lb/> ist es zu danken, daß die Zöglinge dieser Anstalt, die als Pro-<lb/> fessoren, Archivare, Bibliothekare in die Provinzen gehen, ein wo<lb/> nicht allseitiges, so doch im Sine des nationalen Altertums höchst<lb/> gründliches kunstgeschichtliches Wissen mitbringen. Und wer<lb/> das Vergnügen gehabt hat, einige dieser Herren auf Reisen per-<lb/> sönlich kennen zu lernen oder ihnen in den Schriften der provin-<lb/> ziellen gelehrten Gesellschaften zu begegnen, findet sie nicht nur<lb/> durchweg über die Denkmäler ihres Kreises trefflich unterrichtet,<lb/> sondern häufig auch an der Erforschung derselben in fruchtbarer<lb/> Weise aktiv teilnehmend. Ja, unverkennbar ist die zunehmende<lb/> methodische Sicherheit, wodurch die Lokalforschung der beiden<lb/> letzten Jahrzehnte vor dem naiven Umhertappen der früheren<lb/> Zeit sich auszeichnet, zu nicht geringem Teil eine Wirkung des<lb/> Fermentes, das eben die Schüler der École des Chartes ihr zu-<lb/> geführt haben.</p><lb/> <p>Was haben unsere deutschen Universitäten an ähnlichen<lb/> Resultaten aufzuweisen? Nichts. Wohl ist der mittleren und<lb/> neueren Kunstgeschichte nachgerade ein Anspruch auf akade-<lb/> misches Bürgerrecht zugestanden, wohl hat sich die Zahl der Uni-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [238/0300]
Das Verhältnis d. Geschichtlichen z. d. Kunstgeschichtlichen Studien
Barbe, die zahlreichen Einzeluntersuchungen zur Epigraphik,
Diplomatik, Numismatik, über gallorömische und merowingische
Antiquitäten — bezeichne ich annähernd die Grenzen des Arbeits-
feldes, das Quicherat sich abgesteckt hatte. Es ist die Geschichte
Frankreichs vom Untergang der Römerherrschaft bis zum Ende
des Mittelalters, diese Geschichte aber im umfassendsten Sinne
genommen.
Als Lehrer an der École des Chartes vertrat Quicherat die zwei
Fächer der Archäologie und der Diplomatik. Ich habe hier nicht
auszuführen, wie sehr der Historiker in Quicherat dem Kunst-
historiker Vorschub leistete, — so sehr, daß er streng genommen
als der einzige in der dahingegangenen Generation mittelalterlicher
Kunstforscher in Frankreich zu bezeichnen ist, der sich über den
Dilettantismus erhob. Mit allem Nachdruck aber möchte ich auf
den Gewinn, den sein kunstwissenschaftlicher Unterricht
als integrierender Bestandteil der historischen Studien an der
École des Chartes den letzteren gebracht hat, hinweisen. Ihm
ist es zu danken, daß die Zöglinge dieser Anstalt, die als Pro-
fessoren, Archivare, Bibliothekare in die Provinzen gehen, ein wo
nicht allseitiges, so doch im Sine des nationalen Altertums höchst
gründliches kunstgeschichtliches Wissen mitbringen. Und wer
das Vergnügen gehabt hat, einige dieser Herren auf Reisen per-
sönlich kennen zu lernen oder ihnen in den Schriften der provin-
ziellen gelehrten Gesellschaften zu begegnen, findet sie nicht nur
durchweg über die Denkmäler ihres Kreises trefflich unterrichtet,
sondern häufig auch an der Erforschung derselben in fruchtbarer
Weise aktiv teilnehmend. Ja, unverkennbar ist die zunehmende
methodische Sicherheit, wodurch die Lokalforschung der beiden
letzten Jahrzehnte vor dem naiven Umhertappen der früheren
Zeit sich auszeichnet, zu nicht geringem Teil eine Wirkung des
Fermentes, das eben die Schüler der École des Chartes ihr zu-
geführt haben.
Was haben unsere deutschen Universitäten an ähnlichen
Resultaten aufzuweisen? Nichts. Wohl ist der mittleren und
neueren Kunstgeschichte nachgerade ein Anspruch auf akade-
misches Bürgerrecht zugestanden, wohl hat sich die Zahl der Uni-
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