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Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914.

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Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti
einem mit Alberti und Parentucelli-Nicolaus vielleicht persön-
lich bekannten Manne stammende Notiz, ist in all' ihrer Kürze
doch in erwünschtester Weise geeignet, unsere aus den decem
libri
und deren Vergleichung mit Manetti gezogenen Schlüsse
zu bekräftigen und zu ergänzen.

Wir unterschieden oben in Nikolaus' Bauintentionen einen
zwiefachen Geist: den in der Restauration der 40 Stationskirchen
noch waltenden mittelaltrigen und den in dem vatikanischen
Projekt zutage tretenden neu-antikischen. In jene erste Richtung
stellen sich die längste Zeit auch noch die Absichten in betreff
des St. Peter. Um einen Neubau von Grund aus handelte es
sich hier lediglich für einen kleinen Teil der Kirche, für die Chor-
partien, welche von der Baufälligkeit, an der das ganze Gebäude
krankte, am meisten mitgenommen sein mochten: die Schiffe da-
gegen sollten, wie die von Eugen Müntz mitgeteilten Baurechnungen
jetzt mit völliger Klarheit dartun, konserviert und restauriert
werden. Die neueren Schriftsteller kombinieren insgemein, es sei
die unermeßlich reiche Goldernte des Jubeljahres 1450 gewesen,
welche die Bauphantasie des Papstes ins unerhört Grandiose
habe ausschweifen lassen. Ein solcher unmittelbarer Zusammen-
hang kann aber nicht zugegeben werden. Allerdings beginnen
laut Zeugnis der Rechnungsbücher eben in dem dem Jubiläum
folgenden Jahre, 1451, die Arbeiten an der Basilika; jedoch die
Natur dieser Arbeiten -- glänzende Erneuerungen der Glasmalereien,
Mosaiken, Pavimente usw. -- enthüllt als Ziel gerade die Auf-
frischung und Befestigung des altehrwürdigen Heiligtums zu
möglichst langer weiterer Dauer, das ausgesprochene Gegenteil
von den in Manettis Schilderung sich offenbarenden Umsturz-
gedanken.

So können also diese nicht früher als in den letzten der nur
noch kurz zugemessenen Lebensjahre des Papstes auf die Bahn
gekommen sein. Ich glaube, wir dürfen mit Bestimmtheit aus-
sprechen, woher der Anstoß dazu kam: -- von Alberti.

Man mag sich vorstellen, daß dem Papste die Werkmeister,
deren er sich bis dahin bedient hatte, im Fortgang der Arbeit
nicht mehr genügten. Wie eine Notwendigkeit erscheint es und

Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti
einem mit Alberti und Parentucelli-Nicolaus vielleicht persön-
lich bekannten Manne stammende Notiz, ist in all' ihrer Kürze
doch in erwünschtester Weise geeignet, unsere aus den decem
libri
und deren Vergleichung mit Manetti gezogenen Schlüsse
zu bekräftigen und zu ergänzen.

Wir unterschieden oben in Nikolaus' Bauintentionen einen
zwiefachen Geist: den in der Restauration der 40 Stationskirchen
noch waltenden mittelaltrigen und den in dem vatikanischen
Projekt zutage tretenden neu-antikischen. In jene erste Richtung
stellen sich die längste Zeit auch noch die Absichten in betreff
des St. Peter. Um einen Neubau von Grund aus handelte es
sich hier lediglich für einen kleinen Teil der Kirche, für die Chor-
partien, welche von der Baufälligkeit, an der das ganze Gebäude
krankte, am meisten mitgenommen sein mochten: die Schiffe da-
gegen sollten, wie die von Eugen Müntz mitgeteilten Baurechnungen
jetzt mit völliger Klarheit dartun, konserviert und restauriert
werden. Die neueren Schriftsteller kombinieren insgemein, es sei
die unermeßlich reiche Goldernte des Jubeljahres 1450 gewesen,
welche die Bauphantasie des Papstes ins unerhört Grandiose
habe ausschweifen lassen. Ein solcher unmittelbarer Zusammen-
hang kann aber nicht zugegeben werden. Allerdings beginnen
laut Zeugnis der Rechnungsbücher eben in dem dem Jubiläum
folgenden Jahre, 1451, die Arbeiten an der Basilika; jedoch die
Natur dieser Arbeiten — glänzende Erneuerungen der Glasmalereien,
Mosaiken, Pavimente usw. — enthüllt als Ziel gerade die Auf-
frischung und Befestigung des altehrwürdigen Heiligtums zu
möglichst langer weiterer Dauer, das ausgesprochene Gegenteil
von den in Manettis Schilderung sich offenbarenden Umsturz-
gedanken.

So können also diese nicht früher als in den letzten der nur
noch kurz zugemessenen Lebensjahre des Papstes auf die Bahn
gekommen sein. Ich glaube, wir dürfen mit Bestimmtheit aus-
sprechen, woher der Anstoß dazu kam: — von Alberti.

Man mag sich vorstellen, daß dem Papste die Werkmeister,
deren er sich bis dahin bedient hatte, im Fortgang der Arbeit
nicht mehr genügten. Wie eine Notwendigkeit erscheint es und

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[178/0220] Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti einem mit Alberti und Parentucelli-Nicolaus vielleicht persön- lich bekannten Manne stammende Notiz, ist in all' ihrer Kürze doch in erwünschtester Weise geeignet, unsere aus den decem libri und deren Vergleichung mit Manetti gezogenen Schlüsse zu bekräftigen und zu ergänzen. Wir unterschieden oben in Nikolaus' Bauintentionen einen zwiefachen Geist: den in der Restauration der 40 Stationskirchen noch waltenden mittelaltrigen und den in dem vatikanischen Projekt zutage tretenden neu-antikischen. In jene erste Richtung stellen sich die längste Zeit auch noch die Absichten in betreff des St. Peter. Um einen Neubau von Grund aus handelte es sich hier lediglich für einen kleinen Teil der Kirche, für die Chor- partien, welche von der Baufälligkeit, an der das ganze Gebäude krankte, am meisten mitgenommen sein mochten: die Schiffe da- gegen sollten, wie die von Eugen Müntz mitgeteilten Baurechnungen jetzt mit völliger Klarheit dartun, konserviert und restauriert werden. Die neueren Schriftsteller kombinieren insgemein, es sei die unermeßlich reiche Goldernte des Jubeljahres 1450 gewesen, welche die Bauphantasie des Papstes ins unerhört Grandiose habe ausschweifen lassen. Ein solcher unmittelbarer Zusammen- hang kann aber nicht zugegeben werden. Allerdings beginnen laut Zeugnis der Rechnungsbücher eben in dem dem Jubiläum folgenden Jahre, 1451, die Arbeiten an der Basilika; jedoch die Natur dieser Arbeiten — glänzende Erneuerungen der Glasmalereien, Mosaiken, Pavimente usw. — enthüllt als Ziel gerade die Auf- frischung und Befestigung des altehrwürdigen Heiligtums zu möglichst langer weiterer Dauer, das ausgesprochene Gegenteil von den in Manettis Schilderung sich offenbarenden Umsturz- gedanken. So können also diese nicht früher als in den letzten der nur noch kurz zugemessenen Lebensjahre des Papstes auf die Bahn gekommen sein. Ich glaube, wir dürfen mit Bestimmtheit aus- sprechen, woher der Anstoß dazu kam: — von Alberti. Man mag sich vorstellen, daß dem Papste die Werkmeister, deren er sich bis dahin bedient hatte, im Fortgang der Arbeit nicht mehr genügten. Wie eine Notwendigkeit erscheint es und

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Zitationshilfe: Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914/220>, abgerufen am 22.11.2024.