Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti
de' Godi1) berühren die Bauten Nikolaus' V. nur flüchtig und
ohne den Namen, dem wir nachspüren, zu nennen. Albertis ano-
nymer Biograph,
der leider sehr fragmentarisch ist, redet von
den architektonischen Leistungen seines Helden gar nicht. Alberti
selbst, in dessen Relation über die Verschwörung Porcaris man
etwa eine beiläufige Andeutung vermuten könnte, schweigt von
sich. Enea Silvio de' Piccolomini, ein feiner Kenner,
sagt in seiner "Europa" (ed. Venet. 1501, fol. 72): "Die Stadt Rom
schmückte er (Nikolaus) in wunderbarer Weise mit vielen und
gewaltigen Bauten; hätten sie vollendet werden können, so würden
sie keinem Werke der alten Imperatoren an Großartigkeit zu
weichen brauchen; nun aber liegen sie da wie ungeheure Ruinen."
Und an einer andern Stelle (fol. 73) nennt er unter den Autoren,
die durch Überreichung ihrer Werke die Gunst des Papstes ge-
wonnen, "den Florentiner Alberti mit seinem ausgezeichneten
Buche über die Baukunst," -- von einer unmittelbaren Beziehung
zu den Projekten spricht er nicht. Vasari endlich muß aus
den früher bezeichneten Gründen bis auf weiteres aus dem Spiel
bleiben. Nach so viel umsonst aufgerufenen Zeugen bietet sich
schließlich nun doch eine, erst neuerdings wieder beachtete, Aus-
sage von Bedeutung. Matteo Palmieri schreibt in seiner
knappen Zeitchronik2) zum Jahre 1452: "Da der Papst dem hl. Petrus
eine schönere Kirche bauen wollte, legte er gewaltige Fundamente
und führte die Mauer bis zu 13 Ellen in die Höhe3); aber das große
und jedem antiken ebenbürtige Werk wurde zuerst nach dem
Rate Leon Battistas unterbrochen, dann durch den vorzeitigen
Tod des Papstes zum Stillstand gebracht. L. B. Alberti, ein
Mann von scharfem und durchdringendem Geiste und in den
Künsten und Wissenschaften geschult, überreichte dem Papste
seine ungemein kenntnisreich geschriebenen Bücher von der
Architektur."4) Diese aus dem Florentiner Literatenkreise, von

1) Dialogon de conjuratione Porcaria, nach einer Königsberger Hand-
schrift herausgegeben von M. Perlbach, Greifswald 1879.
2) Scriptores rer. Ital. (ed. Tartinius) I. Flor. 1748.
3) Nur an der Chorapsis.
4) Der letzte Satz ist wörtlich aufgenommen in die bis 1508 geführte
Chronik des Passauers Joh. Staindel (Oefele: SS. rer. Boicarum I, p. 537).
Dehio, Kunsthistorische Aufsätze. 12

Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti
de' Godi1) berühren die Bauten Nikolaus' V. nur flüchtig und
ohne den Namen, dem wir nachspüren, zu nennen. Albertis ano-
nymer Biograph,
der leider sehr fragmentarisch ist, redet von
den architektonischen Leistungen seines Helden gar nicht. Alberti
selbst, in dessen Relation über die Verschwörung Porcaris man
etwa eine beiläufige Andeutung vermuten könnte, schweigt von
sich. Enea Silvio de' Piccolomini, ein feiner Kenner,
sagt in seiner »Europa« (ed. Venet. 1501, fol. 72): »Die Stadt Rom
schmückte er (Nikolaus) in wunderbarer Weise mit vielen und
gewaltigen Bauten; hätten sie vollendet werden können, so würden
sie keinem Werke der alten Imperatoren an Großartigkeit zu
weichen brauchen; nun aber liegen sie da wie ungeheure Ruinen.«
Und an einer andern Stelle (fol. 73) nennt er unter den Autoren,
die durch Überreichung ihrer Werke die Gunst des Papstes ge-
wonnen, »den Florentiner Alberti mit seinem ausgezeichneten
Buche über die Baukunst,« — von einer unmittelbaren Beziehung
zu den Projekten spricht er nicht. Vasari endlich muß aus
den früher bezeichneten Gründen bis auf weiteres aus dem Spiel
bleiben. Nach so viel umsonst aufgerufenen Zeugen bietet sich
schließlich nun doch eine, erst neuerdings wieder beachtete, Aus-
sage von Bedeutung. Matteo Palmieri schreibt in seiner
knappen Zeitchronik2) zum Jahre 1452: »Da der Papst dem hl. Petrus
eine schönere Kirche bauen wollte, legte er gewaltige Fundamente
und führte die Mauer bis zu 13 Ellen in die Höhe3); aber das große
und jedem antiken ebenbürtige Werk wurde zuerst nach dem
Rate Leon Battistas unterbrochen, dann durch den vorzeitigen
Tod des Papstes zum Stillstand gebracht. L. B. Alberti, ein
Mann von scharfem und durchdringendem Geiste und in den
Künsten und Wissenschaften geschult, überreichte dem Papste
seine ungemein kenntnisreich geschriebenen Bücher von der
Architektur.«4) Diese aus dem Florentiner Literatenkreise, von

1) Dialogon de conjuratione Porcaria, nach einer Königsberger Hand-
schrift herausgegeben von M. Perlbach, Greifswald 1879.
2) Scriptores rer. Ital. (ed. Tartinius) I. Flor. 1748.
3) Nur an der Chorapsis.
4) Der letzte Satz ist wörtlich aufgenommen in die bis 1508 geführte
Chronik des Passauers Joh. Staindel (Oefele: SS. rer. Boicarum I, p. 537).
Dehio, Kunsthistorische Aufsätze. 12
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0219" n="177"/><fw place="top" type="header">Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti</fw><lb/>
de' Godi</hi><note place="foot" n="1)">Dialogon de conjuratione Porcaria, nach einer Königsberger Hand-<lb/>
schrift herausgegeben von M. Perlbach, Greifswald 1879.</note> berühren die Bauten Nikolaus' V. nur flüchtig und<lb/>
ohne den Namen, dem wir nachspüren, zu nennen. Albertis <hi rendition="#g">ano-<lb/>
nymer Biograph,</hi> der leider sehr fragmentarisch ist, redet von<lb/>
den architektonischen Leistungen seines Helden gar nicht. <hi rendition="#g">Alberti</hi><lb/>
selbst, in dessen Relation über die Verschwörung Porcaris man<lb/>
etwa eine beiläufige Andeutung vermuten könnte, schweigt von<lb/>
sich. <hi rendition="#g">Enea Silvio de' Piccolomini,</hi> ein feiner Kenner,<lb/>
sagt in seiner »Europa« (ed. Venet. 1501, fol. 72): »Die Stadt Rom<lb/>
schmückte er (Nikolaus) in wunderbarer Weise mit vielen und<lb/>
gewaltigen Bauten; hätten sie vollendet werden können, so würden<lb/>
sie keinem Werke der alten Imperatoren an Großartigkeit zu<lb/>
weichen brauchen; nun aber liegen sie da wie ungeheure Ruinen.«<lb/>
Und an einer andern Stelle (fol. 73) nennt er unter den Autoren,<lb/>
die durch Überreichung ihrer Werke die Gunst des Papstes ge-<lb/>
wonnen, »den Florentiner Alberti mit seinem ausgezeichneten<lb/>
Buche über die Baukunst,« &#x2014; von einer unmittelbaren Beziehung<lb/>
zu den Projekten spricht er nicht. <hi rendition="#g">Vasari</hi> endlich muß aus<lb/>
den früher bezeichneten Gründen bis auf weiteres aus dem Spiel<lb/>
bleiben. Nach so viel umsonst aufgerufenen Zeugen bietet sich<lb/>
schließlich nun doch eine, erst neuerdings wieder beachtete, Aus-<lb/>
sage von Bedeutung. <hi rendition="#g">Matteo Palmieri</hi> schreibt in seiner<lb/>
knappen Zeitchronik<note place="foot" n="2)">Scriptores rer. Ital. (ed. Tartinius) I. Flor. 1748.</note> zum Jahre 1452: »Da der Papst dem hl. Petrus<lb/>
eine schönere Kirche bauen wollte, legte er gewaltige Fundamente<lb/>
und führte die Mauer bis zu 13 Ellen in die Höhe<note place="foot" n="3)">Nur an der Chorapsis.</note>; aber das große<lb/>
und jedem antiken ebenbürtige Werk wurde zuerst nach dem<lb/>
Rate Leon Battistas unterbrochen, dann durch den vorzeitigen<lb/>
Tod des Papstes zum Stillstand gebracht. L. B. Alberti, ein<lb/>
Mann von scharfem und durchdringendem Geiste und in den<lb/>
Künsten und Wissenschaften geschult, überreichte dem Papste<lb/>
seine ungemein kenntnisreich geschriebenen Bücher von der<lb/>
Architektur.«<note place="foot" n="4)">Der letzte Satz ist wörtlich aufgenommen in die bis 1508 geführte<lb/>
Chronik des Passauers Joh. Staindel (Oefele: SS. rer. Boicarum I, p. 537).</note> Diese aus dem Florentiner Literatenkreise, von<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Dehio,</hi> Kunsthistorische Aufsätze. 12</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0219] Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti de' Godi 1) berühren die Bauten Nikolaus' V. nur flüchtig und ohne den Namen, dem wir nachspüren, zu nennen. Albertis ano- nymer Biograph, der leider sehr fragmentarisch ist, redet von den architektonischen Leistungen seines Helden gar nicht. Alberti selbst, in dessen Relation über die Verschwörung Porcaris man etwa eine beiläufige Andeutung vermuten könnte, schweigt von sich. Enea Silvio de' Piccolomini, ein feiner Kenner, sagt in seiner »Europa« (ed. Venet. 1501, fol. 72): »Die Stadt Rom schmückte er (Nikolaus) in wunderbarer Weise mit vielen und gewaltigen Bauten; hätten sie vollendet werden können, so würden sie keinem Werke der alten Imperatoren an Großartigkeit zu weichen brauchen; nun aber liegen sie da wie ungeheure Ruinen.« Und an einer andern Stelle (fol. 73) nennt er unter den Autoren, die durch Überreichung ihrer Werke die Gunst des Papstes ge- wonnen, »den Florentiner Alberti mit seinem ausgezeichneten Buche über die Baukunst,« — von einer unmittelbaren Beziehung zu den Projekten spricht er nicht. Vasari endlich muß aus den früher bezeichneten Gründen bis auf weiteres aus dem Spiel bleiben. Nach so viel umsonst aufgerufenen Zeugen bietet sich schließlich nun doch eine, erst neuerdings wieder beachtete, Aus- sage von Bedeutung. Matteo Palmieri schreibt in seiner knappen Zeitchronik 2) zum Jahre 1452: »Da der Papst dem hl. Petrus eine schönere Kirche bauen wollte, legte er gewaltige Fundamente und führte die Mauer bis zu 13 Ellen in die Höhe 3); aber das große und jedem antiken ebenbürtige Werk wurde zuerst nach dem Rate Leon Battistas unterbrochen, dann durch den vorzeitigen Tod des Papstes zum Stillstand gebracht. L. B. Alberti, ein Mann von scharfem und durchdringendem Geiste und in den Künsten und Wissenschaften geschult, überreichte dem Papste seine ungemein kenntnisreich geschriebenen Bücher von der Architektur.« 4) Diese aus dem Florentiner Literatenkreise, von 1) Dialogon de conjuratione Porcaria, nach einer Königsberger Hand- schrift herausgegeben von M. Perlbach, Greifswald 1879. 2) Scriptores rer. Ital. (ed. Tartinius) I. Flor. 1748. 3) Nur an der Chorapsis. 4) Der letzte Satz ist wörtlich aufgenommen in die bis 1508 geführte Chronik des Passauers Joh. Staindel (Oefele: SS. rer. Boicarum I, p. 537). Dehio, Kunsthistorische Aufsätze. 12

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Schulz, Dienstleister (Muttersprachler): Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-02-21T10:17:23Z)
University of Toronto, Robarts Library of Humanities & Social Sciences: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-02-21T10:17:23Z)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Akademiebibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate für die Seiten 122 und 123 (2012-02-21T10:17:23Z)

Weitere Informationen:

  • Nach den Richtlinien des Deutschen Textarchivs (DTA) transkribiert und ausgezeichnet.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914/219
Zitationshilfe: Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914/219>, abgerufen am 22.11.2024.