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Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914.

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Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti
ausrufen, und mit Recht. Wer aber dabei an eine direkte
Inspiration des Papstes durch diesen Alten denkt, wird bald
finden, daß eine solche nichts weniger als wahrscheinlich ist, wie
wir bequemer an späterer Stelle darzulegen hoffen. Einstweilen
haben, wie uns dünkt, schon die obigen Erörterungen eine
Übereinstimmung zwischen den Bauplänen des Papstes und den
Theorien Albertis, zunächst in ihren allgemeinen Grundlagen,
nachgewiesen, eine Übereinstimmung, welche zu bedeutsam ist,
als daß man sie für eine bloß zufällige erklären könnte. Die
Art und der Grad des vermuteten Einflusses bleibt in des
noch ungewiß.

Einer der wirksamsten Triebe im Bauwesen der italienischen
Renaissance, der zum erstenmal durch unsern Philosophen-Archi-
tekten in aller Breite zum Ausdruck kommt, ist der Sinn für das
Rationelle. "Salubritas, firmitas, amoenitas" sind ihm die drei
Hauptbedingungen baulicher Vollkommenheit (1. I, c. 2); zumal
die erstere, auf die er an verschiedenen Stellen seines Buches mit
besonderem Nachdruck zurückkommt. Ganz ähnlich nennt Ma-
netti (S. 930)1) als die maßgebenden Gesichtspunkte für Nikolaus V.:
die Befestigung, die Gesundheit, die Verschönerung seiner Resi-
denz, dazu als Viertes die Beförderung der religiösen Andacht. --
Mit der Korrektion der engen Straßen des Mittelalters hatte man
seit einiger Zeit hier und da schon begonnen. Alberti warnt nun
aber auch, die modisch werdende Breite nicht zu übertreiben,
weil solches eine Stadt heiß, mithin ungesund mache, wie sich
vor Zeiten bei der Erneuerung Roms durch Kaiser Nero gezeigt
habe. Die Straße, sagt er, darf nie ohne Schatten sein; doch so,
daß in jedes Haus die Sonnenstrahlen während einiger Stunden
Zutritt haben und ein leichter Zugwind die Luft rein erhält, die
stärkeren Winde aber gebrochen werden (IV, c. 5). Eben darauf
war es beim Neubau des als ungesund verrufenen vatikanischen
Borgo abgesehen: fast mit den gleichen Worten wie Alberti schildert
der Biograph des Papstes die Annehmlichkeiten, die man sich von

1) Ich zitiere Manetti nach der Ausgabe Muratori SS. rer. Ital.
tom. III, pars II.

Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti
ausrufen, und mit Recht. Wer aber dabei an eine direkte
Inspiration des Papstes durch diesen Alten denkt, wird bald
finden, daß eine solche nichts weniger als wahrscheinlich ist, wie
wir bequemer an späterer Stelle darzulegen hoffen. Einstweilen
haben, wie uns dünkt, schon die obigen Erörterungen eine
Übereinstimmung zwischen den Bauplänen des Papstes und den
Theorien Albertis, zunächst in ihren allgemeinen Grundlagen,
nachgewiesen, eine Übereinstimmung, welche zu bedeutsam ist,
als daß man sie für eine bloß zufällige erklären könnte. Die
Art und der Grad des vermuteten Einflusses bleibt in des
noch ungewiß.

Einer der wirksamsten Triebe im Bauwesen der italienischen
Renaissance, der zum erstenmal durch unsern Philosophen-Archi-
tekten in aller Breite zum Ausdruck kommt, ist der Sinn für das
Rationelle. »Salubritas, firmitas, amoenitas« sind ihm die drei
Hauptbedingungen baulicher Vollkommenheit (1. I, c. 2); zumal
die erstere, auf die er an verschiedenen Stellen seines Buches mit
besonderem Nachdruck zurückkommt. Ganz ähnlich nennt Ma-
netti (S. 930)1) als die maßgebenden Gesichtspunkte für Nikolaus V.:
die Befestigung, die Gesundheit, die Verschönerung seiner Resi-
denz, dazu als Viertes die Beförderung der religiösen Andacht. —
Mit der Korrektion der engen Straßen des Mittelalters hatte man
seit einiger Zeit hier und da schon begonnen. Alberti warnt nun
aber auch, die modisch werdende Breite nicht zu übertreiben,
weil solches eine Stadt heiß, mithin ungesund mache, wie sich
vor Zeiten bei der Erneuerung Roms durch Kaiser Nero gezeigt
habe. Die Straße, sagt er, darf nie ohne Schatten sein; doch so,
daß in jedes Haus die Sonnenstrahlen während einiger Stunden
Zutritt haben und ein leichter Zugwind die Luft rein erhält, die
stärkeren Winde aber gebrochen werden (IV, c. 5). Eben darauf
war es beim Neubau des als ungesund verrufenen vatikanischen
Borgo abgesehen: fast mit den gleichen Worten wie Alberti schildert
der Biograph des Papstes die Annehmlichkeiten, die man sich von

1) Ich zitiere Manetti nach der Ausgabe Muratori SS. rer. Ital.
tom. III, pars II.
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[170/0212] Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti ausrufen, und mit Recht. Wer aber dabei an eine direkte Inspiration des Papstes durch diesen Alten denkt, wird bald finden, daß eine solche nichts weniger als wahrscheinlich ist, wie wir bequemer an späterer Stelle darzulegen hoffen. Einstweilen haben, wie uns dünkt, schon die obigen Erörterungen eine Übereinstimmung zwischen den Bauplänen des Papstes und den Theorien Albertis, zunächst in ihren allgemeinen Grundlagen, nachgewiesen, eine Übereinstimmung, welche zu bedeutsam ist, als daß man sie für eine bloß zufällige erklären könnte. Die Art und der Grad des vermuteten Einflusses bleibt in des noch ungewiß. Einer der wirksamsten Triebe im Bauwesen der italienischen Renaissance, der zum erstenmal durch unsern Philosophen-Archi- tekten in aller Breite zum Ausdruck kommt, ist der Sinn für das Rationelle. »Salubritas, firmitas, amoenitas« sind ihm die drei Hauptbedingungen baulicher Vollkommenheit (1. I, c. 2); zumal die erstere, auf die er an verschiedenen Stellen seines Buches mit besonderem Nachdruck zurückkommt. Ganz ähnlich nennt Ma- netti (S. 930) 1) als die maßgebenden Gesichtspunkte für Nikolaus V.: die Befestigung, die Gesundheit, die Verschönerung seiner Resi- denz, dazu als Viertes die Beförderung der religiösen Andacht. — Mit der Korrektion der engen Straßen des Mittelalters hatte man seit einiger Zeit hier und da schon begonnen. Alberti warnt nun aber auch, die modisch werdende Breite nicht zu übertreiben, weil solches eine Stadt heiß, mithin ungesund mache, wie sich vor Zeiten bei der Erneuerung Roms durch Kaiser Nero gezeigt habe. Die Straße, sagt er, darf nie ohne Schatten sein; doch so, daß in jedes Haus die Sonnenstrahlen während einiger Stunden Zutritt haben und ein leichter Zugwind die Luft rein erhält, die stärkeren Winde aber gebrochen werden (IV, c. 5). Eben darauf war es beim Neubau des als ungesund verrufenen vatikanischen Borgo abgesehen: fast mit den gleichen Worten wie Alberti schildert der Biograph des Papstes die Annehmlichkeiten, die man sich von 1) Ich zitiere Manetti nach der Ausgabe Muratori SS. rer. Ital. tom. III, pars II.

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Zitationshilfe: Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914/212>, abgerufen am 25.11.2024.