Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914.Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti bezog, die ganze Stadt als eine monumentale Einheit behandeltwissen wollte. Fragen wir nun: wo ist diese Denkweise zum erstenmal klar Hierbei muß der geschichtliche Zeitpunkt noch in besondere Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti bezog, die ganze Stadt als eine monumentale Einheit behandeltwissen wollte. Fragen wir nun: wo ist diese Denkweise zum erstenmal klar Hierbei muß der geschichtliche Zeitpunkt noch in besondere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0211" n="169"/><fw place="top" type="header">Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti</fw><lb/> bezog, die ganze Stadt als eine monumentale Einheit behandelt<lb/> wissen wollte.</p><lb/> <p>Fragen wir nun: wo ist diese Denkweise zum erstenmal klar<lb/> und folgerichtig entwickelt und als die höchste Forderung bau-<lb/> licher Schönheitsvollendung verkündet worden? In den Theorien<lb/> L. B. <hi rendition="#g">Albertis</hi>. Und wo ist ihr zum erstenmal praktisch<lb/> entsprochen worden? In den Bauplänen <hi rendition="#g">Nikolaus</hi>' V.</p><lb/> <p>Hierbei muß der geschichtliche Zeitpunkt noch in besondere<lb/> Erwägung gezogen werden. Ein Menschenalter später war die in<lb/> Rede stehende Anschauung Gemeingut des gebildeten Italiens<lb/> geworden, und ein uns etwa begegnender Parallelismus ähnlich<lb/> dem oben bezeichneten würde nicht mehr auf direkte Abhängig-<lb/> keit zu schließen nötigen. Wohl aber in unserem Fall. Damals,<lb/> um die Mitte des Jahrhunderts, ist es noch ein leicht zu über-<lb/> sehender Kreis von Architekten, in dem der neue Stil gepflegt<lb/> wurde; sie hatten die ihnen gestellten Aufgaben als echte Künstler<lb/> ganz konkret erfaßt, und keine derselben war danach beschaffen<lb/> gewesen, das genannte große Prinzip zum Ausdruck zu bringen.<lb/> L. B. <hi rendition="#g">Alberti</hi> ist der erste der Renaissancearchitekten, welcher,<lb/> der praktischen Entwicklung vorausgreifend, die in der Künstler-<lb/> welt halb unbewußt keimenden Anschauungen in energischem<lb/> Gedankenprozeß durchgearbeitet, als Begriffe und Gesetze for-<lb/> muliert, sie systematisch geordnet, und dann mit seiner auf die<lb/> Alten, den oft zitierten Plato zumal, gegründeten allgemeinen<lb/> Weltansicht in Einklang zu bringen gesucht hat. Alberti ist der<lb/> einzige, müssen wir gleich hinzufügen, unter den Architekten jener<lb/> Zeit, dem es vermöge seiner Bildungsvoraussetzungen (archäo-<lb/> logische und philosophische Studien führten ihn erst zur Kunst)<lb/> überhaupt möglich war, zu einem so hohen und umfassenden<lb/> Begriff von den künstlerischen Zielen des Bauwesens vorzudringen.<lb/> Das römische Projekt aber, wie es uns geschildert wird, bezeugt<lb/> durch sich selbst, daß es im Kopfe eines Mannes entsprungen ist,<lb/> welcher nicht nur die antiken Monumente, sondern auch die an-<lb/> tiken Schriftsteller gut gekannt hat. Zum Überfluß versichert<lb/> Manetti ausdrücklich, man habe »die alten Lehren bewährter<lb/> Architekten« treulich befolgt. Vitruv! wird hier sogleich ein jeder<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [169/0211]
Die Bauprojekte Nikolaus V. und L. B. Alberti
bezog, die ganze Stadt als eine monumentale Einheit behandelt
wissen wollte.
Fragen wir nun: wo ist diese Denkweise zum erstenmal klar
und folgerichtig entwickelt und als die höchste Forderung bau-
licher Schönheitsvollendung verkündet worden? In den Theorien
L. B. Albertis. Und wo ist ihr zum erstenmal praktisch
entsprochen worden? In den Bauplänen Nikolaus' V.
Hierbei muß der geschichtliche Zeitpunkt noch in besondere
Erwägung gezogen werden. Ein Menschenalter später war die in
Rede stehende Anschauung Gemeingut des gebildeten Italiens
geworden, und ein uns etwa begegnender Parallelismus ähnlich
dem oben bezeichneten würde nicht mehr auf direkte Abhängig-
keit zu schließen nötigen. Wohl aber in unserem Fall. Damals,
um die Mitte des Jahrhunderts, ist es noch ein leicht zu über-
sehender Kreis von Architekten, in dem der neue Stil gepflegt
wurde; sie hatten die ihnen gestellten Aufgaben als echte Künstler
ganz konkret erfaßt, und keine derselben war danach beschaffen
gewesen, das genannte große Prinzip zum Ausdruck zu bringen.
L. B. Alberti ist der erste der Renaissancearchitekten, welcher,
der praktischen Entwicklung vorausgreifend, die in der Künstler-
welt halb unbewußt keimenden Anschauungen in energischem
Gedankenprozeß durchgearbeitet, als Begriffe und Gesetze for-
muliert, sie systematisch geordnet, und dann mit seiner auf die
Alten, den oft zitierten Plato zumal, gegründeten allgemeinen
Weltansicht in Einklang zu bringen gesucht hat. Alberti ist der
einzige, müssen wir gleich hinzufügen, unter den Architekten jener
Zeit, dem es vermöge seiner Bildungsvoraussetzungen (archäo-
logische und philosophische Studien führten ihn erst zur Kunst)
überhaupt möglich war, zu einem so hohen und umfassenden
Begriff von den künstlerischen Zielen des Bauwesens vorzudringen.
Das römische Projekt aber, wie es uns geschildert wird, bezeugt
durch sich selbst, daß es im Kopfe eines Mannes entsprungen ist,
welcher nicht nur die antiken Monumente, sondern auch die an-
tiken Schriftsteller gut gekannt hat. Zum Überfluß versichert
Manetti ausdrücklich, man habe »die alten Lehren bewährter
Architekten« treulich befolgt. Vitruv! wird hier sogleich ein jeder
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Schulz, Dienstleister (Muttersprachler): Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-02-21T10:17:23Z)
University of Toronto, Robarts Library of Humanities & Social Sciences: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-02-21T10:17:23Z)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Akademiebibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate für die Seiten 122 und 123
(2012-02-21T10:17:23Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |