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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

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tisthenes an: "Es ist königlich, Gutes thun
und böse Nachrede leiden
;" I. 7 spricht er von dem
Stoiker Rusticus, von dem er gelernt habe, sich jeder
Art von Stolz, Hochmuth und Ostentation zu enthalten,
stets bereit zu sein, dem Beleidiger zu verge-
ben, und stets willfährig, wenn Feinde ver-
söhnliche Absichten zeigten
-- ganz in Ueberein-
stimmung mit den bekannten Lehren des Evangeliums. *)
Wie geneigt dieser edle Fürst gewesen, solchen Grundsätzen,
selbst seinen ärgsten Feinden gegenüber, praktische Folge zu
geben, das beweist sein Benehmen gegen den Aufrührer
Cassius. "Wer," sagt ein älterer Forscher **) von den
Stoikern, "hat je die allgemeine Menschenliebe eifriger und
höher getrieben, die Güte ohne Wucher, die Gerechtigkeit
ohne Einschränkung und die Demuth ohne Niederträchtig-

*) Vergl. Cicero pro Marcello 3: Animum vincere, iracundiam co-
hibere, victoriam temperare, adversarium nobilitate, ingenio, virtute
praestantem non modo extollere jacentem, sed etiam amplificare
ejus pristinam dignitatem, haec qui faciat, non ego eum cum summis
viris comparo, sed simillimum Deo judico.
In Hofmann's
Uebersetzung der Selbstbetrachtungen Marc Aurel's, Hamburg 1755,
S. 146, wird zu der oben angeführten Stelle bemerkt: "Erkennet ein
Heide, daß es menschlich sei, die Feinde zu lieben, ei, was schreien denn
die Christen wider das Gebot unseres Heilandes: "Liebet euere Feinde"
u. s. w. Aehnliche Bemerkungen stehen in Spener's Predigten
über Arnd's Bücher vom wahren Christenthum, Frankf. a. M. 1711,
S. 179: "Nächstenliebe ist eine Pflicht, die allen Menschen von Natur
bekannt und in's Herz geschrieben ist, Röm. 2, 14 f. Daher es auch
die Heiden verstanden haben, und der Kaiser Alexander Severus
den Spruch Christi, Matth. 7, 12 geführt, daß Jeder dem Anderen thun
solle, was er selbst von ihm verlange." Und S. 187: "Die Tugend
der Feindesliebe findet sich in einigem Grade auch bei einigen Heiden,
welches zeiget, daß auch die Vernunft solcher Tugend Billigkeit und
Würde erkenne. Dadurch diejenigen, die Christen heißen wollen und
solche nicht allein nicht haben, sondern für unmöglich halten, beschämt
werden können."
**) In der Vorrede zu Hofmann's Uebersetzung des Marc Aurel.

tiſthenes an: „Es iſt königlich, Gutes thun
und böſe Nachrede leiden
;“ I. 7 ſpricht er von dem
Stoiker Ruſticus, von dem er gelernt habe, ſich jeder
Art von Stolz, Hochmuth und Oſtentation zu enthalten,
ſtets bereit zu ſein, dem Beleidiger zu verge-
ben, und ſtets willfährig, wenn Feinde ver-
ſöhnliche Abſichten zeigten
— ganz in Ueberein-
ſtimmung mit den bekannten Lehren des Evangeliums. *)
Wie geneigt dieſer edle Fürſt geweſen, ſolchen Grundſätzen,
ſelbſt ſeinen ärgſten Feinden gegenüber, praktiſche Folge zu
geben, das beweiſt ſein Benehmen gegen den Aufrührer
Caſſius. „Wer,“ ſagt ein älterer Forſcher **) von den
Stoikern, „hat je die allgemeine Menſchenliebe eifriger und
höher getrieben, die Güte ohne Wucher, die Gerechtigkeit
ohne Einſchränkung und die Demuth ohne Niederträchtig-

*) Vergl. Cicero pro Marcello 3: Animum vincere, iracundiam co-
hibere, victoriam temperare, adversarium nobilitate, ingenio, virtute
praestantem non modo extollere jacentem, sed etiam amplificare
ejus pristinam dignitatem, haec qui faciat, non ego eum cum summis
viris comparo, sed simillimum Deo judico.
In Hofmann’s
Ueberſetzung der Selbſtbetrachtungen Marc Aurel’s, Hamburg 1755,
S. 146, wird zu der oben angeführten Stelle bemerkt: „Erkennet ein
Heide, daß es menſchlich ſei, die Feinde zu lieben, ei, was ſchreien denn
die Chriſten wider das Gebot unſeres Heilandes: „Liebet euere Feinde“
u. ſ. w. Aehnliche Bemerkungen ſtehen in Spener’s Predigten
über Arnd’s Bücher vom wahren Chriſtenthum, Frankf. a. M. 1711,
S. 179: „Nächſtenliebe iſt eine Pflicht, die allen Menſchen von Natur
bekannt und in’s Herz geſchrieben iſt, Röm. 2, 14 f. Daher es auch
die Heiden verſtanden haben, und der Kaiſer Alexander Severus
den Spruch Chriſti, Matth. 7, 12 geführt, daß Jeder dem Anderen thun
ſolle, was er ſelbſt von ihm verlange.“ Und S. 187: „Die Tugend
der Feindesliebe findet ſich in einigem Grade auch bei einigen Heiden,
welches zeiget, daß auch die Vernunft ſolcher Tugend Billigkeit und
Würde erkenne. Dadurch diejenigen, die Chriſten heißen wollen und
ſolche nicht allein nicht haben, ſondern für unmöglich halten, beſchämt
werden können.“
**) In der Vorrede zu Hofmann’s Ueberſetzung des Marc Aurel.
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[78/0100] tiſthenes an: „Es iſt königlich, Gutes thun und böſe Nachrede leiden;“ I. 7 ſpricht er von dem Stoiker Ruſticus, von dem er gelernt habe, ſich jeder Art von Stolz, Hochmuth und Oſtentation zu enthalten, ſtets bereit zu ſein, dem Beleidiger zu verge- ben, und ſtets willfährig, wenn Feinde ver- ſöhnliche Abſichten zeigten — ganz in Ueberein- ſtimmung mit den bekannten Lehren des Evangeliums. *) Wie geneigt dieſer edle Fürſt geweſen, ſolchen Grundſätzen, ſelbſt ſeinen ärgſten Feinden gegenüber, praktiſche Folge zu geben, das beweiſt ſein Benehmen gegen den Aufrührer Caſſius. „Wer,“ ſagt ein älterer Forſcher **) von den Stoikern, „hat je die allgemeine Menſchenliebe eifriger und höher getrieben, die Güte ohne Wucher, die Gerechtigkeit ohne Einſchränkung und die Demuth ohne Niederträchtig- *) Vergl. Cicero pro Marcello 3: Animum vincere, iracundiam co- hibere, victoriam temperare, adversarium nobilitate, ingenio, virtute praestantem non modo extollere jacentem, sed etiam amplificare ejus pristinam dignitatem, haec qui faciat, non ego eum cum summis viris comparo, sed simillimum Deo judico. In Hofmann’s Ueberſetzung der Selbſtbetrachtungen Marc Aurel’s, Hamburg 1755, S. 146, wird zu der oben angeführten Stelle bemerkt: „Erkennet ein Heide, daß es menſchlich ſei, die Feinde zu lieben, ei, was ſchreien denn die Chriſten wider das Gebot unſeres Heilandes: „Liebet euere Feinde“ u. ſ. w. Aehnliche Bemerkungen ſtehen in Spener’s Predigten über Arnd’s Bücher vom wahren Chriſtenthum, Frankf. a. M. 1711, S. 179: „Nächſtenliebe iſt eine Pflicht, die allen Menſchen von Natur bekannt und in’s Herz geſchrieben iſt, Röm. 2, 14 f. Daher es auch die Heiden verſtanden haben, und der Kaiſer Alexander Severus den Spruch Chriſti, Matth. 7, 12 geführt, daß Jeder dem Anderen thun ſolle, was er ſelbſt von ihm verlange.“ Und S. 187: „Die Tugend der Feindesliebe findet ſich in einigem Grade auch bei einigen Heiden, welches zeiget, daß auch die Vernunft ſolcher Tugend Billigkeit und Würde erkenne. Dadurch diejenigen, die Chriſten heißen wollen und ſolche nicht allein nicht haben, ſondern für unmöglich halten, beſchämt werden können.“ **) In der Vorrede zu Hofmann’s Ueberſetzung des Marc Aurel.

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Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/100>, abgerufen am 22.11.2024.