Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Drosera rotundifolia. Cap. 5.
so trocknet der Tropfen zuweilen ein, besonders wenn die Pflanze in
einem Zimmer gehalten wird; dabei werden einige der centralen und
nahe nach dem Rande hin stehenden Tentakeln zusammengezogen, was
ihnen das trügerische Ansehen gibt, als wären sie eingebogen worden.
Dies kommt zuweilen mit Wasser vor, da es durch Vermischung mit
der klebrigen Flüssigkeit klebend geworden ist. Daher ist das einzige
sichere Kennzeichen --, und allein auf dies habe ich mich verlassen, --
das Einwärtsbiegen der äuszern Tentakeln, welche von der Flüssigkeit
nicht berührt worden sind, oder höchstens allein an ihrer Basis. In
diesem Falle ist die Bewegung allein eine Folge davon, dasz die cen-
tralen Drüsen von der Flüssigkeit gereizt worden sind und einen moto-
rischen Einflusz den äuszeren Tentakeln übermittelt haben. Die Blatt-
scheibe krümmt sich gleichfalls häufig nach innen, in derselben Weise
als wenn ein Insect oder ein Stückchen Fleisch auf die Scheibe gelegt
wird. Diese letztere Bewegung wird, so viel ich gesehen habe, niemals
durch das blosze Eintrocknen einer adhäsiven Flüssigkeit und die da-
von abhängige Zusammenziehung der Tentakeln verursacht.

Zuerst will ich die nicht-stickstoffhaltigen Flüssigkeiten anführen.
Als vorläufiger Versuch wurden Tropfen destillirten Wassers auf zwi-
schen dreiszig und vierzig Blätter gebracht; und es trat keine irgend-
welche Wirkung ein; trotzdem wurden aber in einigen anderen und
seltenen Fällen einige wenige Tentakeln für kurze Zeit eingebogen;
dies konnte aber auch dadurch verursacht worden sein, dasz die Drüsen
zufällig berührt wurden, als die Blätter in eine passende Stellung ge-
bracht wurden. Dasz Wasser keine Wirkung hervorbringen würde,
hätte vorausgesehen werden können, da im andern Falle die Blätter
von jedem Regenschauer zu Bewegung gereizt worden wären.

Gummi. -- Es wurden Lösungen von vier verschiedenen Stärke-
graden gemacht: eine von sechs Gran auf die Unze Wasser (ein Theil
auf 73), eine zweite etwas stärker, doch immer noch sehr dünn, eine
dritte mäszig dick und eine vierte so dick, dasz sie gerade nur noch von
einem spitzigen Instrument abtropfen konnte. Diese wurden auf vierzehn
Blättern versucht, wobei die Tropfen von 24 bis zu 44 Stunden auf den
Blattscheiben gelassen wurden, meistens ungefähr 30 Stunden. Einbie-
gung wurde hierdurch niemals verursacht. Es ist nothwendig, reines
arabisches Gummi zum Versuch zu nehmen, denn einer meiner Freunde
kaufte eine fertig bereitete Lösung und diese verursachte eine Biegung
der Tentakeln; es wurde indessen später ermittelt, dasz dieselbe viel thie-
rische Substanz, wahrscheinlich Leim, enthielt.

Zucker. -- Tropfen von Lösungen weiszen Zuckers in drei verschie-

Drosera rotundifolia. Cap. 5.
so trocknet der Tropfen zuweilen ein, besonders wenn die Pflanze in
einem Zimmer gehalten wird; dabei werden einige der centralen und
nahe nach dem Rande hin stehenden Tentakeln zusammengezogen, was
ihnen das trügerische Ansehen gibt, als wären sie eingebogen worden.
Dies kommt zuweilen mit Wasser vor, da es durch Vermischung mit
der klebrigen Flüssigkeit klebend geworden ist. Daher ist das einzige
sichere Kennzeichen —, und allein auf dies habe ich mich verlassen, —
das Einwärtsbiegen der äuszern Tentakeln, welche von der Flüssigkeit
nicht berührt worden sind, oder höchstens allein an ihrer Basis. In
diesem Falle ist die Bewegung allein eine Folge davon, dasz die cen-
tralen Drüsen von der Flüssigkeit gereizt worden sind und einen moto-
rischen Einflusz den äuszeren Tentakeln übermittelt haben. Die Blatt-
scheibe krümmt sich gleichfalls häufig nach innen, in derselben Weise
als wenn ein Insect oder ein Stückchen Fleisch auf die Scheibe gelegt
wird. Diese letztere Bewegung wird, so viel ich gesehen habe, niemals
durch das blosze Eintrocknen einer adhäsiven Flüssigkeit und die da-
von abhängige Zusammenziehung der Tentakeln verursacht.

Zuerst will ich die nicht-stickstoffhaltigen Flüssigkeiten anführen.
Als vorläufiger Versuch wurden Tropfen destillirten Wassers auf zwi-
schen dreiszig und vierzig Blätter gebracht; und es trat keine irgend-
welche Wirkung ein; trotzdem wurden aber in einigen anderen und
seltenen Fällen einige wenige Tentakeln für kurze Zeit eingebogen;
dies konnte aber auch dadurch verursacht worden sein, dasz die Drüsen
zufällig berührt wurden, als die Blätter in eine passende Stellung ge-
bracht wurden. Dasz Wasser keine Wirkung hervorbringen würde,
hätte vorausgesehen werden können, da im andern Falle die Blätter
von jedem Regenschauer zu Bewegung gereizt worden wären.

Gummi. — Es wurden Lösungen von vier verschiedenen Stärke-
graden gemacht: eine von sechs Gran auf die Unze Wasser (ein Theil
auf 73), eine zweite etwas stärker, doch immer noch sehr dünn, eine
dritte mäszig dick und eine vierte so dick, dasz sie gerade nur noch von
einem spitzigen Instrument abtropfen konnte. Diese wurden auf vierzehn
Blättern versucht, wobei die Tropfen von 24 bis zu 44 Stunden auf den
Blattscheiben gelassen wurden, meistens ungefähr 30 Stunden. Einbie-
gung wurde hierdurch niemals verursacht. Es ist nothwendig, reines
arabisches Gummi zum Versuch zu nehmen, denn einer meiner Freunde
kaufte eine fertig bereitete Lösung und diese verursachte eine Biegung
der Tentakeln; es wurde indessen später ermittelt, dasz dieselbe viel thie-
rische Substanz, wahrscheinlich Leim, enthielt.

Zucker. — Tropfen von Lösungen weiszen Zuckers in drei verschie-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0082" n="68"/><fw place="top" type="header">Drosera rotundifolia. Cap. 5.</fw><lb/>
so trocknet der Tropfen zuweilen ein, besonders wenn die Pflanze in<lb/>
einem Zimmer gehalten wird; dabei werden einige der centralen und<lb/>
nahe nach dem Rande hin stehenden Tentakeln zusammengezogen, was<lb/>
ihnen das trügerische Ansehen gibt, als wären sie eingebogen worden.<lb/>
Dies kommt zuweilen mit Wasser vor, da es durch Vermischung mit<lb/>
der klebrigen Flüssigkeit klebend geworden ist. Daher ist das einzige<lb/>
sichere Kennzeichen &#x2014;, und allein auf dies habe ich mich verlassen, &#x2014;<lb/>
das Einwärtsbiegen der äuszern Tentakeln, welche von der Flüssigkeit<lb/>
nicht berührt worden sind, oder höchstens allein an ihrer Basis. In<lb/>
diesem Falle ist die Bewegung allein eine Folge davon, dasz die cen-<lb/>
tralen Drüsen von der Flüssigkeit gereizt worden sind und einen moto-<lb/>
rischen Einflusz den äuszeren Tentakeln übermittelt haben. Die Blatt-<lb/>
scheibe krümmt sich gleichfalls häufig nach innen, in derselben Weise<lb/>
als wenn ein Insect oder ein Stückchen Fleisch auf die Scheibe gelegt<lb/>
wird. Diese letztere Bewegung wird, so viel ich gesehen habe, niemals<lb/>
durch das blosze Eintrocknen einer adhäsiven Flüssigkeit und die da-<lb/>
von abhängige Zusammenziehung der Tentakeln verursacht.</p><lb/>
        <p>Zuerst will ich die nicht-stickstoffhaltigen Flüssigkeiten anführen.<lb/>
Als vorläufiger Versuch wurden Tropfen destillirten Wassers auf zwi-<lb/>
schen dreiszig und vierzig Blätter gebracht; und es trat keine irgend-<lb/>
welche Wirkung ein; trotzdem wurden aber in einigen anderen und<lb/>
seltenen Fällen einige wenige Tentakeln für kurze Zeit eingebogen;<lb/>
dies konnte aber auch dadurch verursacht worden sein, dasz die Drüsen<lb/>
zufällig berührt wurden, als die Blätter in eine passende Stellung ge-<lb/>
bracht wurden. Dasz Wasser keine Wirkung hervorbringen würde,<lb/>
hätte vorausgesehen werden können, da im andern Falle die Blätter<lb/>
von jedem Regenschauer zu Bewegung gereizt worden wären.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Gummi.</hi> &#x2014; Es wurden Lösungen von vier verschiedenen Stärke-<lb/>
graden gemacht: eine von sechs Gran auf die Unze Wasser (ein Theil<lb/>
auf 73), eine zweite etwas stärker, doch immer noch sehr dünn, eine<lb/>
dritte mäszig dick und eine vierte so dick, dasz sie gerade nur noch von<lb/>
einem spitzigen Instrument abtropfen konnte. Diese wurden auf vierzehn<lb/>
Blättern versucht, wobei die Tropfen von 24 bis zu 44 Stunden auf den<lb/>
Blattscheiben gelassen wurden, meistens ungefähr 30 Stunden. Einbie-<lb/>
gung wurde hierdurch niemals verursacht. Es ist nothwendig, reines<lb/>
arabisches Gummi zum Versuch zu nehmen, denn einer meiner Freunde<lb/>
kaufte eine fertig bereitete Lösung und diese verursachte eine Biegung<lb/>
der Tentakeln; es wurde indessen später ermittelt, dasz dieselbe viel thie-<lb/>
rische Substanz, wahrscheinlich Leim, enthielt.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Zucker.</hi> &#x2014; Tropfen von Lösungen weiszen Zuckers in drei verschie-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0082] Drosera rotundifolia. Cap. 5. so trocknet der Tropfen zuweilen ein, besonders wenn die Pflanze in einem Zimmer gehalten wird; dabei werden einige der centralen und nahe nach dem Rande hin stehenden Tentakeln zusammengezogen, was ihnen das trügerische Ansehen gibt, als wären sie eingebogen worden. Dies kommt zuweilen mit Wasser vor, da es durch Vermischung mit der klebrigen Flüssigkeit klebend geworden ist. Daher ist das einzige sichere Kennzeichen —, und allein auf dies habe ich mich verlassen, — das Einwärtsbiegen der äuszern Tentakeln, welche von der Flüssigkeit nicht berührt worden sind, oder höchstens allein an ihrer Basis. In diesem Falle ist die Bewegung allein eine Folge davon, dasz die cen- tralen Drüsen von der Flüssigkeit gereizt worden sind und einen moto- rischen Einflusz den äuszeren Tentakeln übermittelt haben. Die Blatt- scheibe krümmt sich gleichfalls häufig nach innen, in derselben Weise als wenn ein Insect oder ein Stückchen Fleisch auf die Scheibe gelegt wird. Diese letztere Bewegung wird, so viel ich gesehen habe, niemals durch das blosze Eintrocknen einer adhäsiven Flüssigkeit und die da- von abhängige Zusammenziehung der Tentakeln verursacht. Zuerst will ich die nicht-stickstoffhaltigen Flüssigkeiten anführen. Als vorläufiger Versuch wurden Tropfen destillirten Wassers auf zwi- schen dreiszig und vierzig Blätter gebracht; und es trat keine irgend- welche Wirkung ein; trotzdem wurden aber in einigen anderen und seltenen Fällen einige wenige Tentakeln für kurze Zeit eingebogen; dies konnte aber auch dadurch verursacht worden sein, dasz die Drüsen zufällig berührt wurden, als die Blätter in eine passende Stellung ge- bracht wurden. Dasz Wasser keine Wirkung hervorbringen würde, hätte vorausgesehen werden können, da im andern Falle die Blätter von jedem Regenschauer zu Bewegung gereizt worden wären. Gummi. — Es wurden Lösungen von vier verschiedenen Stärke- graden gemacht: eine von sechs Gran auf die Unze Wasser (ein Theil auf 73), eine zweite etwas stärker, doch immer noch sehr dünn, eine dritte mäszig dick und eine vierte so dick, dasz sie gerade nur noch von einem spitzigen Instrument abtropfen konnte. Diese wurden auf vierzehn Blättern versucht, wobei die Tropfen von 24 bis zu 44 Stunden auf den Blattscheiben gelassen wurden, meistens ungefähr 30 Stunden. Einbie- gung wurde hierdurch niemals verursacht. Es ist nothwendig, reines arabisches Gummi zum Versuch zu nehmen, denn einer meiner Freunde kaufte eine fertig bereitete Lösung und diese verursachte eine Biegung der Tentakeln; es wurde indessen später ermittelt, dasz dieselbe viel thie- rische Substanz, wahrscheinlich Leim, enthielt. Zucker. — Tropfen von Lösungen weiszen Zuckers in drei verschie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/82
Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/82>, abgerufen am 27.11.2024.