Fünftes Capitel. Die Wirkungen nicht-stickstoffhaltiger und stickstoffhaltiger organischer Flüssigkeiten auf die Blätter.
Nicht-stickstoffhaltige Flüssigkeiten. -- Lösungen von arabischem Gummi. -- Zucker. -- Stärke. -- Verdünnter Alkohol. -- Oliven-Öl. -- Aufgusz und Abkochung von Thee. -- Stickstoffhaltige Flüssigkeiten. -- Milch. -- Harn. -- Flüssiges Eiweisz. -- Aufgusz von rohem Fleisch. -- Unreiner Schleim. -- Speichel. -- Lösung von Hausenblase. -- Verschiedenheit in der Wirkung dieser beiden Gruppen von Flüssigkeiten. -- Abkochung von grünen Erbsen. -- Abkochung und Aufgusz von grünem Kohl. -- Abkochung von Grasblättern.
Als ich im Jahre 1860 zuerst Drosera beobachtete und zu der Ansicht geführt wurde, dasz die Blätter nährbare Substanz aus den Insecten absorbirten, welche sie fiengen, schien es mir zweckmäszig zu sein, mit ein paar gewöhnlichen Flüssigkeiten, welche stickstoffhaltige Substanz enthielten und nicht enthielten, einige vorläufige Versuche zu machen; die Resultate sind der Mittheilung werth.
In allen den folgenden Fällen wurde ein Tropfen von demselben spitzen Instrumente auf die Mitte des Blattes fallen gelassen; durch wiederholte Versuche wurde ermittelt, dasz einer dieser Tropfen sehr nahebei ein halbes Minim oder einer flüssigen Unze oder 0,0295 Mgr. betrug. Doch beanspruchen diese Messungen offenbar durchaus keine strenge Genauigkeit; überdies waren die Tropfen der klebrigen Flüssig- keiten deutlich gröszer als die Wassertropfen. Nur ein Blatt wurde an einer und derselben Pflanze zum Versuch benutzt, und die Pflanzen wurden an zwei verschiedenen Localitäten gesammelt. Die Versuche wurden während der Monate August und September angestellt. Bei Beurtheilung der Wirkungen ist eine Vorsicht nothwendig: wird ein Tropfen irgend einer klebenden Flüssigkeit auf ein altes oder schwaches Blatt gelegt, dessen Drüsen aufgehört haben, reichlich abzusondern,
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Fünftes Capitel. Die Wirkungen nicht-stickstoffhaltiger und stickstoffhaltiger organischer Flüssigkeiten auf die Blätter.
Nicht-stickstoffhaltige Flüssigkeiten. — Lösungen von arabischem Gummi. — Zucker. — Stärke. — Verdünnter Alkohol. — Oliven-Öl. — Aufgusz und Abkochung von Thee. — Stickstoffhaltige Flüssigkeiten. — Milch. — Harn. — Flüssiges Eiweisz. — Aufgusz von rohem Fleisch. — Unreiner Schleim. — Speichel. — Lösung von Hausenblase. — Verschiedenheit in der Wirkung dieser beiden Gruppen von Flüssigkeiten. — Abkochung von grünen Erbsen. — Abkochung und Aufgusz von grünem Kohl. — Abkochung von Grasblättern.
Als ich im Jahre 1860 zuerst Drosera beobachtete und zu der Ansicht geführt wurde, dasz die Blätter nährbare Substanz aus den Insecten absorbirten, welche sie fiengen, schien es mir zweckmäszig zu sein, mit ein paar gewöhnlichen Flüssigkeiten, welche stickstoffhaltige Substanz enthielten und nicht enthielten, einige vorläufige Versuche zu machen; die Resultate sind der Mittheilung werth.
In allen den folgenden Fällen wurde ein Tropfen von demselben spitzen Instrumente auf die Mitte des Blattes fallen gelassen; durch wiederholte Versuche wurde ermittelt, dasz einer dieser Tropfen sehr nahebei ein halbes Minim oder einer flüssigen Unze oder 0,0295 Mgr. betrug. Doch beanspruchen diese Messungen offenbar durchaus keine strenge Genauigkeit; überdies waren die Tropfen der klebrigen Flüssig- keiten deutlich gröszer als die Wassertropfen. Nur ein Blatt wurde an einer und derselben Pflanze zum Versuch benutzt, und die Pflanzen wurden an zwei verschiedenen Localitäten gesammelt. Die Versuche wurden während der Monate August und September angestellt. Bei Beurtheilung der Wirkungen ist eine Vorsicht nothwendig: wird ein Tropfen irgend einer klebenden Flüssigkeit auf ein altes oder schwaches Blatt gelegt, dessen Drüsen aufgehört haben, reichlich abzusondern,
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Fünftes Capitel.
Die Wirkungen nicht-stickstoffhaltiger und stickstoffhaltiger
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Nicht-stickstoffhaltige Flüssigkeiten. — Lösungen von arabischem Gummi. — Zucker.
— Stärke. — Verdünnter Alkohol. — Oliven-Öl. — Aufgusz und Abkochung
von Thee. — Stickstoffhaltige Flüssigkeiten. — Milch. — Harn. — Flüssiges
Eiweisz. — Aufgusz von rohem Fleisch. — Unreiner Schleim. — Speichel. —
Lösung von Hausenblase. — Verschiedenheit in der Wirkung dieser beiden
Gruppen von Flüssigkeiten. — Abkochung von grünen Erbsen. — Abkochung
und Aufgusz von grünem Kohl. — Abkochung von Grasblättern.
Als ich im Jahre 1860 zuerst Drosera beobachtete und zu der
Ansicht geführt wurde, dasz die Blätter nährbare Substanz aus den
Insecten absorbirten, welche sie fiengen, schien es mir zweckmäszig zu
sein, mit ein paar gewöhnlichen Flüssigkeiten, welche stickstoffhaltige
Substanz enthielten und nicht enthielten, einige vorläufige Versuche
zu machen; die Resultate sind der Mittheilung werth.
In allen den folgenden Fällen wurde ein Tropfen von demselben
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wiederholte Versuche wurde ermittelt, dasz einer dieser Tropfen sehr
nahebei ein halbes Minim oder [FORMEL] einer flüssigen Unze oder 0,0295 Mgr.
betrug. Doch beanspruchen diese Messungen offenbar durchaus keine
strenge Genauigkeit; überdies waren die Tropfen der klebrigen Flüssig-
keiten deutlich gröszer als die Wassertropfen. Nur ein Blatt wurde
an einer und derselben Pflanze zum Versuch benutzt, und die Pflanzen
wurden an zwei verschiedenen Localitäten gesammelt. Die Versuche
wurden während der Monate August und September angestellt. Bei
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Tropfen irgend einer klebenden Flüssigkeit auf ein altes oder schwaches
Blatt gelegt, dessen Drüsen aufgehört haben, reichlich abzusondern,
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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. [67]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/81>, abgerufen am 23.11.2024.
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