waren augenscheinlich durch den Druck getödtet worden, und die Sub- stanz, welche sie noch enthielten, machte ebenso wenig mehr die Zu- sammmenballung durch, wie die, welche ausgetreten war. In diesen Präparaten war, wie ich hinzufügen will, die Individualität des Lebens einer jeden Zelle schön illustrirt.
Eine vollständige Schilderung der Wirkungen der Hitze auf die Blätter wird im nächsten Capitel gegeben werden; ich brauche hier blosz anzuführen, dasz Blätter, welche eine kurze Zeit in Wasser von einer Temperatur von 48,8° C. (120° F.) -- welches, wie wir gesehen haben, nicht sofort Zusammenballung hervorruft, -- eingetaucht waren, dann in wenige Tropfen einer starken Lösung von einem Theil kohlen- sauren Ammoniak in 109 Theile Wasser gelegt wurden; und nun trat ordentliche Zusammenballung ein. Auf der andern Seite erlitten Blät- ter nach einem Eintauchen in Wasser von 65,5°C. (150° F.) keine Zu- sammenballung, als sie in dieselbe starke Lösung gelegt wurden; die Zellen wurden mit einer bräunlichen breiigen oder schmierigen Sub- stanz angefüllt. Bei Blättern, welche Temperaturen zwischen den beiden Extremen von 48,8° und 65,5°C. (120° und 150° F.) ausgesetzt wurden, fanden sich Abstufungen in der Vollständigkeit des Processes; die erstere Temperatur verhinderte nicht die Zusammenballung als Resultat der später erfolgenden Einwirkung des kohlensauren Am- moniak, und die letztere hob sie ganz auf. So bildeten in bis auf 54,4° C. (130° F.) erwärmtes Wasser und dann in die Lösung einge- tauchte Blätter vollkommen umschriebene Kugeln, aber diese waren entschieden kleiner als in gewöhnlichen Fällen. Bei andern auf 60° C. (140° F.) erhitzten Blättern waren die Kugeln auszerordentlich klein, doch gut umschrieben, aber viele derselben enthielten auszerdem etwas bräunliche breiige Substanz. In zwei Fällen, wo Blätter auf 62,7° C. (145° F.) erhitzt wurden, konnten einige Tentakeln gefunden werden, an denen einige Zellen einige wenige kleine Kugeln enthielten, wäh- rend die andern Zellen und andere ganze Tentakeln nur die bräunliche zerfallne oder breiige Substanz enthielten.
Die Flüssigkeit in den Zellen musz in einem sauerstoffreichen Zustand sein, damit die Kraft oder der Einflusz, welcher Zusammen- ballung hervorbringt, in gehöriger Geschwindigkeit von Zelle zu Zelle weiter geschickt werden kann. Eine Pflanze war, mit ihren Wurzeln im Wasser, 45 Minuten in einem Gefäsz, welches 122 Unzen Kohlen- säure enthielt, gelassen worden. Ein Blatt dieser Pflanze und zum
4*
Cap. 3. Zusammenballung des Protoplasma.
waren augenscheinlich durch den Druck getödtet worden, und die Sub- stanz, welche sie noch enthielten, machte ebenso wenig mehr die Zu- sammmenballung durch, wie die, welche ausgetreten war. In diesen Präparaten war, wie ich hinzufügen will, die Individualität des Lebens einer jeden Zelle schön illustrirt.
Eine vollständige Schilderung der Wirkungen der Hitze auf die Blätter wird im nächsten Capitel gegeben werden; ich brauche hier blosz anzuführen, dasz Blätter, welche eine kurze Zeit in Wasser von einer Temperatur von 48,8° C. (120° F.) — welches, wie wir gesehen haben, nicht sofort Zusammenballung hervorruft, — eingetaucht waren, dann in wenige Tropfen einer starken Lösung von einem Theil kohlen- sauren Ammoniak in 109 Theile Wasser gelegt wurden; und nun trat ordentliche Zusammenballung ein. Auf der andern Seite erlitten Blät- ter nach einem Eintauchen in Wasser von 65,5°C. (150° F.) keine Zu- sammenballung, als sie in dieselbe starke Lösung gelegt wurden; die Zellen wurden mit einer bräunlichen breiigen oder schmierigen Sub- stanz angefüllt. Bei Blättern, welche Temperaturen zwischen den beiden Extremen von 48,8° und 65,5°C. (120° und 150° F.) ausgesetzt wurden, fanden sich Abstufungen in der Vollständigkeit des Processes; die erstere Temperatur verhinderte nicht die Zusammenballung als Resultat der später erfolgenden Einwirkung des kohlensauren Am- moniak, und die letztere hob sie ganz auf. So bildeten in bis auf 54,4° C. (130° F.) erwärmtes Wasser und dann in die Lösung einge- tauchte Blätter vollkommen umschriebene Kugeln, aber diese waren entschieden kleiner als in gewöhnlichen Fällen. Bei andern auf 60° C. (140° F.) erhitzten Blättern waren die Kugeln auszerordentlich klein, doch gut umschrieben, aber viele derselben enthielten auszerdem etwas bräunliche breiige Substanz. In zwei Fällen, wo Blätter auf 62,7° C. (145° F.) erhitzt wurden, konnten einige Tentakeln gefunden werden, an denen einige Zellen einige wenige kleine Kugeln enthielten, wäh- rend die andern Zellen und andere ganze Tentakeln nur die bräunliche zerfallne oder breiige Substanz enthielten.
Die Flüssigkeit in den Zellen musz in einem sauerstoffreichen Zustand sein, damit die Kraft oder der Einflusz, welcher Zusammen- ballung hervorbringt, in gehöriger Geschwindigkeit von Zelle zu Zelle weiter geschickt werden kann. Eine Pflanze war, mit ihren Wurzeln im Wasser, 45 Minuten in einem Gefäsz, welches 122 Unzen Kohlen- säure enthielt, gelassen worden. Ein Blatt dieser Pflanze und zum
4*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0065"n="51"/><fwplace="top"type="header">Cap. 3. Zusammenballung des Protoplasma.</fw><lb/>
waren augenscheinlich durch den Druck getödtet worden, und die Sub-<lb/>
stanz, welche sie noch enthielten, machte ebenso wenig mehr die Zu-<lb/>
sammmenballung durch, wie die, welche ausgetreten war. In diesen<lb/>
Präparaten war, wie ich hinzufügen will, die Individualität des Lebens<lb/>
einer jeden Zelle schön illustrirt.</p><lb/><p>Eine vollständige Schilderung der Wirkungen der Hitze auf die<lb/>
Blätter wird im nächsten Capitel gegeben werden; ich brauche hier<lb/>
blosz anzuführen, dasz Blätter, welche eine kurze Zeit in Wasser von<lb/>
einer Temperatur von 48,8° C. (120° F.) — welches, wie wir gesehen<lb/>
haben, nicht sofort Zusammenballung hervorruft, — eingetaucht waren,<lb/>
dann in wenige Tropfen einer starken Lösung von einem Theil kohlen-<lb/>
sauren Ammoniak in 109 Theile Wasser gelegt wurden; und nun trat<lb/>
ordentliche Zusammenballung ein. Auf der andern Seite erlitten Blät-<lb/>
ter nach einem Eintauchen in Wasser von 65,5°C. (150° F.) keine Zu-<lb/>
sammenballung, als sie in dieselbe starke Lösung gelegt wurden; die<lb/>
Zellen wurden mit einer bräunlichen breiigen oder schmierigen Sub-<lb/>
stanz angefüllt. Bei Blättern, welche Temperaturen zwischen den<lb/>
beiden Extremen von 48,8° und 65,5°C. (120° und 150° F.) ausgesetzt<lb/>
wurden, fanden sich Abstufungen in der Vollständigkeit des Processes;<lb/>
die erstere Temperatur verhinderte nicht die Zusammenballung als<lb/>
Resultat der später erfolgenden Einwirkung des kohlensauren Am-<lb/>
moniak, und die letztere hob sie ganz auf. So bildeten in bis auf<lb/>
54,4° C. (130° F.) erwärmtes Wasser und dann in die Lösung einge-<lb/>
tauchte Blätter vollkommen umschriebene Kugeln, aber diese waren<lb/>
entschieden kleiner als in gewöhnlichen Fällen. Bei andern auf 60° C.<lb/>
(140° F.) erhitzten Blättern waren die Kugeln auszerordentlich klein,<lb/>
doch gut umschrieben, aber viele derselben enthielten auszerdem etwas<lb/>
bräunliche breiige Substanz. In zwei Fällen, wo Blätter auf 62,7° C.<lb/>
(145° F.) erhitzt wurden, konnten einige Tentakeln gefunden werden,<lb/>
an denen einige Zellen einige wenige kleine Kugeln enthielten, wäh-<lb/>
rend die andern Zellen und andere ganze Tentakeln nur die bräunliche<lb/>
zerfallne oder breiige Substanz enthielten.</p><lb/><p>Die Flüssigkeit in den Zellen musz in einem sauerstoffreichen<lb/>
Zustand sein, damit die Kraft oder der Einflusz, welcher Zusammen-<lb/>
ballung hervorbringt, in gehöriger Geschwindigkeit von Zelle zu Zelle<lb/>
weiter geschickt werden kann. Eine Pflanze war, mit ihren Wurzeln<lb/>
im Wasser, 45 Minuten in einem Gefäsz, welches 122 Unzen Kohlen-<lb/>
säure enthielt, gelassen worden. Ein Blatt dieser Pflanze und zum<lb/><fwplace="bottom"type="sig">4*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[51/0065]
Cap. 3. Zusammenballung des Protoplasma.
waren augenscheinlich durch den Druck getödtet worden, und die Sub-
stanz, welche sie noch enthielten, machte ebenso wenig mehr die Zu-
sammmenballung durch, wie die, welche ausgetreten war. In diesen
Präparaten war, wie ich hinzufügen will, die Individualität des Lebens
einer jeden Zelle schön illustrirt.
Eine vollständige Schilderung der Wirkungen der Hitze auf die
Blätter wird im nächsten Capitel gegeben werden; ich brauche hier
blosz anzuführen, dasz Blätter, welche eine kurze Zeit in Wasser von
einer Temperatur von 48,8° C. (120° F.) — welches, wie wir gesehen
haben, nicht sofort Zusammenballung hervorruft, — eingetaucht waren,
dann in wenige Tropfen einer starken Lösung von einem Theil kohlen-
sauren Ammoniak in 109 Theile Wasser gelegt wurden; und nun trat
ordentliche Zusammenballung ein. Auf der andern Seite erlitten Blät-
ter nach einem Eintauchen in Wasser von 65,5°C. (150° F.) keine Zu-
sammenballung, als sie in dieselbe starke Lösung gelegt wurden; die
Zellen wurden mit einer bräunlichen breiigen oder schmierigen Sub-
stanz angefüllt. Bei Blättern, welche Temperaturen zwischen den
beiden Extremen von 48,8° und 65,5°C. (120° und 150° F.) ausgesetzt
wurden, fanden sich Abstufungen in der Vollständigkeit des Processes;
die erstere Temperatur verhinderte nicht die Zusammenballung als
Resultat der später erfolgenden Einwirkung des kohlensauren Am-
moniak, und die letztere hob sie ganz auf. So bildeten in bis auf
54,4° C. (130° F.) erwärmtes Wasser und dann in die Lösung einge-
tauchte Blätter vollkommen umschriebene Kugeln, aber diese waren
entschieden kleiner als in gewöhnlichen Fällen. Bei andern auf 60° C.
(140° F.) erhitzten Blättern waren die Kugeln auszerordentlich klein,
doch gut umschrieben, aber viele derselben enthielten auszerdem etwas
bräunliche breiige Substanz. In zwei Fällen, wo Blätter auf 62,7° C.
(145° F.) erhitzt wurden, konnten einige Tentakeln gefunden werden,
an denen einige Zellen einige wenige kleine Kugeln enthielten, wäh-
rend die andern Zellen und andere ganze Tentakeln nur die bräunliche
zerfallne oder breiige Substanz enthielten.
Die Flüssigkeit in den Zellen musz in einem sauerstoffreichen
Zustand sein, damit die Kraft oder der Einflusz, welcher Zusammen-
ballung hervorbringt, in gehöriger Geschwindigkeit von Zelle zu Zelle
weiter geschickt werden kann. Eine Pflanze war, mit ihren Wurzeln
im Wasser, 45 Minuten in einem Gefäsz, welches 122 Unzen Kohlen-
säure enthielt, gelassen worden. Ein Blatt dieser Pflanze und zum
4*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/65>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.