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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Utricularia montana. Cap. 18
der Fortsätze, in Folge der Aufsaugung von Substanz aus der Lösung,
um den Kern herum zusammengeballt worden wäre, zuweilen auch
zu separaten Massen, und als ob diese dann sich wieder zu vereinigen
strebten. Der Primordialschlauch oder das Protoplasma, welches die
Fortsätze auskleidete, war auch hie und da zu unregelmäszigen und
verschiedentlich geformten Flecken von gelblicher durchsichtiger Sub-
stanz verdickt, wie es bei Utricularia neglecta bei einer ähnlichen
Behandlung vorkam. Diese Flecken veränderten augenscheinlich ihre
Form nicht.

Die kleinen zweiarmigen Drüsen auf der Klappe wurden auch
durch die Lösung afficirt; denn sie enthielten nun mehrere, manch-
mal bis zu sechs oder acht, beinahe kuglige Massen von durchsich-
tiger Substanz, mit einem Stiche in's Gelbe, welche ihre Formen
und Stellungen langsam veränderten. Solche Massen wurden niemals
in diesen Drüsen in ihrem gewöhnlichen Zustande beobachtet. Wir
können daher folgern, dasz diese zum Aufsaugen dienen. Sobald nur
immer etwas Wasser aus einer Blase, welche Thierreste enthält, aus-
getrieben wird (durch die früher speciell angeführten Mittel, besonders
durch die Erzeugung von Luftblasen), wird es die Höhlung, in wel-
cher die Klappe liegt, füllen; und so werden die Drüsen fähig sein,
verweste Substanz, welche andernfalls sonst nutzlos sein würde, zu
verwerthen.

Da endlich zahllose kleine Thiere von dieser Pflanze in ihrem
Heimathslande und wenn sie cultivirt wird, gefangen werden, so
kann kein Zweifel darüber sein, dasz die Blasen, trotzdem sie so klein
sind, sich durchaus nicht in einem rudimentären Zustande befinden;
im Gegentheil stellen sie sehr wirksame Fallen dar. Ebensowenig
kann ein Zweifel darüber sein, dasz Substanz aus der verwesten Beute
durch die viertheiligen und zweispaltigen Fortsätze aufgesaugt wird,
und dasz Protoplasma hierdurch gebildet wird. Was die Thiere so
verschiedener Arten verführt, sich in die Höhlung unter den gebognen
Antennen zu begeben, und dann ihren Weg durch das kleine schlitz-
artige Loch zwischen der Klappe und dem Kragen in die mit Wasser
gefüllten Blasen zu erzwingen, darüber kann ich nicht einmal eine
Vermuthung äuszern.

Knollen. -- Diese Organe, deren eines in einer früheren Figur
(Fig. 26) in natürlicher Grösze dargestellt ist, verdienen einige wenige
Bemerkungen. Es wurden zwanzig auf den Rhizomen einer einzigen

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der Fortsätze, in Folge der Aufsaugung von Substanz aus der Lösung,
um den Kern herum zusammengeballt worden wäre, zuweilen auch
zu separaten Massen, und als ob diese dann sich wieder zu vereinigen
strebten. Der Primordialschlauch oder das Protoplasma, welches die
Fortsätze auskleidete, war auch hie und da zu unregelmäszigen und
verschiedentlich geformten Flecken von gelblicher durchsichtiger Sub-
stanz verdickt, wie es bei Utricularia neglecta bei einer ähnlichen
Behandlung vorkam. Diese Flecken veränderten augenscheinlich ihre
Form nicht.

Die kleinen zweiarmigen Drüsen auf der Klappe wurden auch
durch die Lösung afficirt; denn sie enthielten nun mehrere, manch-
mal bis zu sechs oder acht, beinahe kuglige Massen von durchsich-
tiger Substanz, mit einem Stiche in’s Gelbe, welche ihre Formen
und Stellungen langsam veränderten. Solche Massen wurden niemals
in diesen Drüsen in ihrem gewöhnlichen Zustande beobachtet. Wir
können daher folgern, dasz diese zum Aufsaugen dienen. Sobald nur
immer etwas Wasser aus einer Blase, welche Thierreste enthält, aus-
getrieben wird (durch die früher speciell angeführten Mittel, besonders
durch die Erzeugung von Luftblasen), wird es die Höhlung, in wel-
cher die Klappe liegt, füllen; und so werden die Drüsen fähig sein,
verweste Substanz, welche andernfalls sonst nutzlos sein würde, zu
verwerthen.

Da endlich zahllose kleine Thiere von dieser Pflanze in ihrem
Heimathslande und wenn sie cultivirt wird, gefangen werden, so
kann kein Zweifel darüber sein, dasz die Blasen, trotzdem sie so klein
sind, sich durchaus nicht in einem rudimentären Zustande befinden;
im Gegentheil stellen sie sehr wirksame Fallen dar. Ebensowenig
kann ein Zweifel darüber sein, dasz Substanz aus der verwesten Beute
durch die viertheiligen und zweispaltigen Fortsätze aufgesaugt wird,
und dasz Protoplasma hierdurch gebildet wird. Was die Thiere so
verschiedener Arten verführt, sich in die Höhlung unter den gebognen
Antennen zu begeben, und dann ihren Weg durch das kleine schlitz-
artige Loch zwischen der Klappe und dem Kragen in die mit Wasser
gefüllten Blasen zu erzwingen, darüber kann ich nicht einmal eine
Vermuthung äuszern.

Knollen. — Diese Organe, deren eines in einer früheren Figur
(Fig. 26) in natürlicher Grösze dargestellt ist, verdienen einige wenige
Bemerkungen. Es wurden zwanzig auf den Rhizomen einer einzigen

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[394/0408] Utricularia montana. Cap. 18 der Fortsätze, in Folge der Aufsaugung von Substanz aus der Lösung, um den Kern herum zusammengeballt worden wäre, zuweilen auch zu separaten Massen, und als ob diese dann sich wieder zu vereinigen strebten. Der Primordialschlauch oder das Protoplasma, welches die Fortsätze auskleidete, war auch hie und da zu unregelmäszigen und verschiedentlich geformten Flecken von gelblicher durchsichtiger Sub- stanz verdickt, wie es bei Utricularia neglecta bei einer ähnlichen Behandlung vorkam. Diese Flecken veränderten augenscheinlich ihre Form nicht. Die kleinen zweiarmigen Drüsen auf der Klappe wurden auch durch die Lösung afficirt; denn sie enthielten nun mehrere, manch- mal bis zu sechs oder acht, beinahe kuglige Massen von durchsich- tiger Substanz, mit einem Stiche in’s Gelbe, welche ihre Formen und Stellungen langsam veränderten. Solche Massen wurden niemals in diesen Drüsen in ihrem gewöhnlichen Zustande beobachtet. Wir können daher folgern, dasz diese zum Aufsaugen dienen. Sobald nur immer etwas Wasser aus einer Blase, welche Thierreste enthält, aus- getrieben wird (durch die früher speciell angeführten Mittel, besonders durch die Erzeugung von Luftblasen), wird es die Höhlung, in wel- cher die Klappe liegt, füllen; und so werden die Drüsen fähig sein, verweste Substanz, welche andernfalls sonst nutzlos sein würde, zu verwerthen. Da endlich zahllose kleine Thiere von dieser Pflanze in ihrem Heimathslande und wenn sie cultivirt wird, gefangen werden, so kann kein Zweifel darüber sein, dasz die Blasen, trotzdem sie so klein sind, sich durchaus nicht in einem rudimentären Zustande befinden; im Gegentheil stellen sie sehr wirksame Fallen dar. Ebensowenig kann ein Zweifel darüber sein, dasz Substanz aus der verwesten Beute durch die viertheiligen und zweispaltigen Fortsätze aufgesaugt wird, und dasz Protoplasma hierdurch gebildet wird. Was die Thiere so verschiedener Arten verführt, sich in die Höhlung unter den gebognen Antennen zu begeben, und dann ihren Weg durch das kleine schlitz- artige Loch zwischen der Klappe und dem Kragen in die mit Wasser gefüllten Blasen zu erzwingen, darüber kann ich nicht einmal eine Vermuthung äuszern. Knollen. — Diese Organe, deren eines in einer früheren Figur (Fig. 26) in natürlicher Grösze dargestellt ist, verdienen einige wenige Bemerkungen. Es wurden zwanzig auf den Rhizomen einer einzigen

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/408>, abgerufen am 28.11.2024.